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Diskussionskultur Emotionen kommen nicht immer gut an

In der Genthiner Stadtratssitzung wurde von einigen Räten ein Niedergang der Diskussionskultur beklagt. Zuschauer sind darüber sich uneins.

Von Mike Fleske 10.12.2019, 00:01

Genthin l Einige Kontroversen hielt die jüngste Stadtratssitzung in Genthin bereit, schließlich ging es um zwei Haushalte, die Erhöhung der Elternbeiträge für Kitas und die Erweiterung der Schweinezuchtanlage in Gladau. Manchem Beteiligten gingen während der Debatte die Emotionen durch, sodass Stadtrat Gordon Heringshausen (CDU) am Ende der Sitzung mehr Disziplin in der Diskussion anmahnte.

„Wir sollten doch einen vernünftigen Ton an den Tag legen“, tat er seinem Unmut über die Art und Weise des Umgangs miteinander kund. Denn schließlich habe man ein großes Bürgerinteresse an der Sitzung gehabt und man wirke stark nach außen. Besonders von der Kritik getroffen fühlte sich Stadtrat Lutz Nitz (Die Grünen/LWG Fiener). Er war zwischendurch der Bau-Fachbereichsleiterin abrupt ins Wort gefallen, hatte einen Wortbeitrag des jungen Stadtratskollegen Alexander Otto (CDU) mit den Worten kommentiert „wir diskutierten das Thema schon, da bist du noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen“ und hatte mehrfach deutlich auf Einhaltung der Geschäftsordnung bei der Abstimmung gepocht.

„Ich nehme mir die Kritik zu Herzen“, meinte Nitz. „Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein sehr direkter Mensch bin und ich sage den Leuten meine Meinung ins Gesicht und nicht hintenherum.“

Viele Bemerkungen entstünden in bestimmten Situationen und seien nicht immer so gemeint. Otto zeigte während der Sitzung, dass auch er austeilen kann, nachdem Nitz grüner Fraktionskollege von einem Unwohlsein beim Besuch der Gladauer Schweinezuchtanlage gesprochen hatte, sprach ihm der CDU-Stadtrat dieses Gefühl ab: „Von einem Unwohlsein habe ich bei ihnen nichts gemerkt.“ Mit Bürgermeister Matthias Günther (parteilos) beharkte er sich im Umfeld einer Nachfrage. „Das war eine lange Antwort, deren Anhören bis zum Ende schwergefallen ist“, belegte erst der Bürgermeister Otto und dann dieser mit dem identischen Satz den Stadtchef.

Was in der Nachbetrachtung einen gewissen Unterhaltungswert hat, kam nicht bei allen gut an: „Eine sachliche Diskussion ist durch drei Merkmale gekennzeichnet: Man lässt einander ausreden, hört seinem Gegenüber zu und prüft gegenteilige Argumente, anstatt diese vorschnell zu verwerfen. Alle drei Merkmale fanden bei den Stadträten in den Debatten um den Haushalt oder Kitagebühren gegenüber der Verwaltung leider keine Berücksichtigung“, fand etwa Michael Voth, der die Sitzung als Zuschauer verfolgte. Antworten der Verwaltungsmitarbeiter seien von einigen Stadträten nicht abgewartet wurden, sondern Gespräche mit den Sitznachbarn geführt worden.

Voth hält die Kritik für berechtigt, hätte sie aber früher erwartet. Ganz anders sieht es Besucher Robert Beuermann: „Ich halte einen saloppen Umgangston für erstrebenswert. Man kann schon mal kleine Scharmützel verbal austauschen.“ Das mache eine oft zähe Beratungsthematik etwas lockerer. „Ich habe die Beratung des Stadtrates nicht als zu grob oder gar in Einzelfällen ausfallend empfunden.“ Grobe Beleidigungen würde aber auch er nicht gutheißen. „Aber mal jemanden, der übers inhaltliche Ziel hinausschießt, auch deutlich mit Worten in die Schranke zu weisen, halte ich für durchaus legitim.“

Auch Fachbereichsleiterin Dagmar Turian sieht die Diskussion eher nüchtern: „Aufgrund von diversen Vorberatungen zu den Themen, habe ich eine angespannte Stimmung und Diskussion im Stadtrat erwartet.“

Ihre Aufgabe sei es, Sachverhalte vorzutragen, von denen sie wisse, dass diese nicht immer den politischen Anforderungen entsprechen. „Dennoch sollte ein respektvoller Umgang gepflegt werden.“ Im Laufe der Jahre als Fachbereichsleiterin habe sie bestimmte Interessenslagen erkannt und versuche sich darauf einzustellen.

Widersprüchliche Diskussionen müsse man bis zu einem gewissen Grad aushalten, persönliche Angriffe sollten dabei ausbleiben. „Insofern habe ich die Stadtratssitzung als spannungsvoll empfunden, aber nicht als außergewöhnlich“, jedoch fügte die Fachbereichsleiterin auch hinzu: „Dennoch sind die Anforderungen von Herrn Heringshausen im vollen Umfang zu unterstützen.“

Für Bürgermeister Matthias Günther steht es außer Frage, dass es in einer solchen Sitzung auch einmal emotional zugehen könne. „Ich wünsche mir dennoch bei aller Kritik, die wir äußern, einen vernünftigen Umgangston.“ Nicht immer gehe es allen Beteiligten dabei auch um die Sache. „Oft gibt es Reaktionen gegen bestimmte Personen und ein Sachverhalt tritt in den Hintergrund, hier sollten wir gemeinsam an den besten Lösungen für die Stadt und ihrer Bevölkerung arbeiten.“