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Integration Ehemaliger Genthiner Bahoz Ibrahim erhält Integrationspreis des Landes

Die Genthiner kennen ihn als hervorragenden Musiker. Jetzt ist Bahoz Ibrahim für sein Engagement als Integrationsberater geehrt worden.

Von Mike Fleske Aktualisiert: 03.06.2021, 06:26
Bahoz Ibrahim lebte einst in Genthin und hat einen Integrationspreis des Landes Sachsen-Anhalt bekommen.
Bahoz Ibrahim lebte einst in Genthin und hat einen Integrationspreis des Landes Sachsen-Anhalt bekommen. Foto: Mike Fleske

Genthin/Halle - Ganz einfach ist Bahoz Ibrahim in seinem Büro in Halle nicht zu erwischen. Der 36-Jährige ist ein gefragter Mann. Fast ständig ist der Integrations- und Migrationsberater unterwegs. „Er lotst, begleitet, berät, unterstützt, übersetzt und stellt Kontakte zu Behörden und Einrichtungen her“, schreibt das Magdeburger Sozialministerium, dass ihn jüngst mit einem der insgesamt 24 individuellen Integrationspreise ausgezeichnet hat.

Er engagiere sich seit 2015 für ein gelingendes interkulturelles Zusammenleben und unterstütze dabei andere Menschen aus dem arabischen Sprachraum, heißt es in der Begründung.

Diese Wertschätzung habe ihn gefreut, sagt Ibrahim. Wenngleich er seine Arbeit mache, weil sie ihm ein Anliegen sei. Kennt er doch die Sorgen und Nöte, die ein Migrant in einem fremden Land hat. Im Zuge der Flüchtlingswelle 2014/15 kam er nach Deutschland, floh vor Krieg und Gewalt in seiner syrischen Heimat. Dass er anschließend nach Genthin kam, war reiner Zufall.

Die Kleinstadt schnell schätzen gelernt

„Ich bin in Halberstadt angekommen, und von dort aus wurden wir auf verschiedene Orte verteilt.“ Bei ihm sei das Genthin gewesen. Den Namen der Stadt hatte er zuvor noch nicht gehört, aber er lebte sich in der Kleinstadt schnell ein. „Ich habe in Genthin gelebt und die Stadt geliebt.“ Schnell fand er Freunde unter den Flüchtlingen, aber auch unter den Einheimischen. Zugute kam ihm dabei seine offene aufgeschlossene Art, mit anderen umzugehen, und seine hohe Musikalität.

Zwischen 2015 und 2019 war es fast einerlei, ob zwischen Genthin und Jerichow eine interkulturelle Woche, ein Begnungsabend oder ein integratives Konzert stattfand. Bahoz Ibrahim war mit seiner syrischen Laute „Saz“ immer dabei.

Während die einheimischen Zuhörer ein Stück musikalische arabische Kultur kennenlernten, war es für die arabischen Zuhörer eine Erinnerung an die Heimat. So gelang es dem zweifachen Familienvater, der mit Frau und Kindern in Genthin lebte, schnell Brücken zwischen den Menschen unterschiedlicher Kulturen und Generationen zu bauen.

Neue Aufgaben in der Stadt Halle

„Genthin war dafür sehr geeignet“, sagt er. Er habe schnell andere Menschen kennengelernt, und die Wege waren nicht weit. Für junge Familien sei die Stadt sogar optimal, es sei nicht weit zur Kita oder zur Schule. Doch seine beruflichen Aufgaben verschlugen ihn mitsamt seiner Familie in den Süden Sachsen-Anhalts.

Seit einigen Jahren ist Bahoz Ibrahim im Rahmen des Projektes  EMI- Existenzgründung, Migration, Integration tätig. Einer Gründerberatung für Migranten. EMI wird durch das Land Sachsen-Anhalt und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Verantwortlich für die Umsetzung ist unter anderem der Bildungsträger  ePlan consult. Aus diesem Grund sei er Anfang 2020 nach Halle umgezogen. „Ich arbeite hier in der Zweigstelle des Bildungsträgers.“

Zunächst sei er in Magdeburg tätig gewesen, aber in Halle habe es Bedarf für seine Tätigkeit gegeben. „Aufgrund der Größe der Stadt habe ich hier die Möglichkeit, noch mehr Migranten bei ihrer Integration zu unterstützen.“ Er helfe ihnen mit Übersetzungen, bei Behördenkontakten oder wenn sie sich beruflich orientieren oder selbstständig machen wollen.

Ehrenamtlicher Musiklehrer und Leiter eines Gesprächskreises

„Das mache ich nicht nur in Halle allein, sondern zum Beispiel in Dessau, Naumburg und Weißenfels.“ Das sei auch der Grund, weshalb er so viel unterwegs sein müsse. „Nicht jeder, der von mir beraten wird, hat das Geld für ein eigenes Auto oder kann ohne Weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fahren, also fahre ich zu den Menschen, die von uns beraten werden.“

Es sei eine spannende Tätigkeit. Im vergangenen Herbst habe er Interessierte durch die Innenstadt von Halle zu Geschäften von Inhabern mit Migrationshintergrund geführt. „Einige von ihnen haben sich mit unserer Hilfe selbstständig gemacht.“ Somit sehe er die Erfolge seiner Arbeit vor Ort. Doch auch die Musik lässt ihn nicht los. „Natürlich spiele ich immer noch Saz“, erzählt er. Er unterrichte junge Migranten ehrenamtlich an dem Instrument. Darunter auch Kinder und Jugendliche.

Zudem leite er einen Gesprächskreis - auch diese Tätigkeit ist in der Begründung für den Integrationspreis genannt worden. Letztlich ist Bahoz Ibrahim ein echter Netzwerker. Bestehende Verbindungen pflegt er, hält immer noch Kontakt zu seinen Genthiner Freunden. „Wir telefonieren regelmäßig, leider waren Besuche aus zeitlichen und coronabedingten Gründen nicht möglich“, sagt er und verspricht: „Ich komme aber mal wieder vorbei.“