Ökosysteme Wald kehrt zurück

Eigentlich gibt es in der Osterwiecker Region wenig Wald. Bis jetzt, denn er kehrt zurück.

Von Mario Heinicke 10.02.2016, 00:00

Rhoden/Bühne l „In unserer Familie wird noch altbäuerlich gedacht“, sagt Günter Steinkampf. „Wir denken in Generationen. Jede Generation ist ein Glied in der Kette.“ Der Hornburger mit Rhodener Wurzeln zeigt auf eine zwei Hektar große eingezäunte Fläche, auf dem Bullwinkel unterhalb des Großen Fallsteins gelegen. Über 3000 Pflanzen sind hier zum Jahresende gesetzt worden, überwiegend Eichen, aber auch Kirschen, Hainbuche, Bergahorn und Linde. Dieser Mix soll dafür sorgen, dass in vielleicht 150 Jahren 400 kräftige Eichen schlagreif sind. Für eine Familiengeneration, an die heute eigentlich noch niemand denkt.

Günter Steinkampf ist Landwirt, aber schon lange im Ruhestand. Sein Eigentum an Acker und Wald hat er längst an seine Söhne übertragen. „Im Ackerbau wird einmal im Jahr geerntet, in der Forstwirtschaft gelten ganz andere Zeiträume. Je nach Baumart vergehen 50 bis 150 Jahre, ehe Bäume Erntereife haben“, erklärt der 76-Jährige. „Dieses Denken passt vielleicht nicht mehr in unsere heutige schnelllebige Zeit, aber so haben es unsere Vorfahren auch gehandhabt.“

Für die künftige Waldfläche östlich von Rhoden hat Familie Steinkampf Ackerland umgewidmet. Maschinell bewirtschaftet werden konnte es wegen der steilen Hanglage schon lange nicht mehr. Ackerfahrzeuge würden umzustürzen drohen. Für die richtige Bepflanzung wurden Steinkampfs vom Förster beraten. Die Kosten für die Pflanzung übernahm eine Firma aus dem Harz, die für ein Bauvorhaben zu einer sogenannten Ausgleichspflanzung verpflichtet worden war.

Wie der künftige Wald vielleicht in zwei Jahrzehnten aussehen wird, dafür braucht es nicht einmal Fantasie. Dafür gibt es jetzt schon ein Beispiel. „Am Südhang des Kleinen Fallsteins haben wir 1998 eine Fläche von 1,5 Hektar urbar gemacht, eingegattert und mit Eichen bepflanzt“, berichtet Günter Steinkampf.

Dabei sei dieser Standort –von Klima und Boden betrachtet – problematisch. Was sich auch am Ergebnis zeigt. „Es wird nicht wie vorgesehen ein reiner Eichenwald, das ließ die Natur nicht zu.“ So entwickelte sich ein Mischwald mit über zehn Baumarten. „Am besten wachsen hier Kirschen, die sich durch Naturverjüngung vermehren. Während andere Baumarten in besonders wasserarmer Zeit litten und teilweise abstarben.“

Auch im Großen Fallstein haben Steinkampfs Hand angelegt. Dort besitzen sie eine Waldfläche von 2,6 Hektar, die in der DDR teilweise zur Damtierhaltung benutzt wurde. „Dadurch gab es keine Naturverjüngung.“ Durch die Eingatterung nach der Wiedervereinigung, Teilanpflanzungen und Pflegevorhaben sei der Wald heute in einem normalen Zustand.

Günter Steinkampf hat sich auch viel mit der Geschichte beschäftigt und festgestellt, dass der Wald um 1844 noch bis an Rhoden heranreichte. Der Kleine Fallstein sei 1830 noch ein reiner Laubwald gewesen. „Das Abholzen des Kleinen Fallsteins ohne Wiederaufforstung führte zur Verarmung des Bodens am ohnehin kargen Südhang.“

Den heute von Naturschützern hochgelobten Trockenrasen an dieser Stelle sieht Steinkampf skeptisch. Dieser sei die Folge menschlicher Unvernunft im frühen 19. Jahrhundert. Aber korrigierbar. Dazu will er weiter beitragen und arbeitet bereits in weiteren 1,5 Hektar Hanglage, die voller Büsche ist, wo aber wieder Wald entstehen soll. „Der Südhang des Kleinen Fallsteins von Hornburg bis Osterwieck bietet heute ein trostloses Bild von kahlen Flächen, die teilweise nur mit Buschwerk bewachsen sind“, bedauert Günter Steinkampf. „Hier könnte ein großer Kirschenwald stehen. Wir Menschen würden damit der Natur etwas zurückgeben, was wir ihr vor knapp 200 Jahren genommen haben.“