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Stadtentwicklung Gegenwind für Einbahnstraße

Ist eine Einbahnstraße die Lösung, um Halberstadts Altstadt attraktiver zu gestalten? Händler und Gastronomen an der Voigtei sagen "nein".

Von Holger Manigk 11.05.2016, 01:01

Halberstadt l Malerisch stehen die Fachwerkhäuser in der Frühlingssonne. Nur ein paar Passanten schlendern durch Halberstadts Altstadt, queren das Kopfsteinpflaster der Voigtei. Doch die Ruhe wird jäh gestört: Autos rumpeln über das Pflaster – erst eine Schlange Pkw, aus der anderen Richtung ein Transporter. Gänzlich vorbei mit der Idylle ist es, als noch eine Straßenbahn vorbei donnert.

Deshalb hat das Kuratorium Stadtkultur vorgeschlagen, in der Altstadt ein Jahr lang eine Einbahnstraßen-Regelung zu testen. Damit soll eine Verkehrsberuhigung erreicht werden, das Gebiet um Voigtei, Grudenberg, Bakenstraße und Johannesbrunnen attraktiver zum Bummeln und Verweilen zwischen alten Fachwerkhäusern und modernen Neubauten werden.

Die Idee stößt bei den Einzelhändlern in der Straße auf ein kritisches Echo. „Man muss beide Seiten betrachten – die Anwohner, die sich Ruhe wünschen, aber auch die Händler, die auf den Durchgangsverkehr angewiesen sind“, sagt Sabine Hannibal. Die Betreiberin des Kultur-Cafés erläutert, ein Drittel ihrer Gäste seien Touristen, der übrige Großteil Rentner und Mütter.

„Die sind alle auf eine günstige Verkehrsanbindung angewiesen. Eine Einbahnstraße würde einen großen Teil der Laufkundschaft von unserem Hof abkoppeln.“ Wenn die Einbahnstraße getestet wird, fürchtet sie, dass die Kunden wegbleiben. „Auf dem Unterschriftenblatt für die Einbahnstraße steht ‚Lärm macht krank‘, auf meinem stünde ‚Straßen ohne Geschäfte sind tot‘“, sagt die Wirtin. „Mich stören die Autos nicht“, pflichtet ihr eine Anwohnerin aus der Trillgasse bei. Ohne den Verkehr seien die Geschäfte zum Aus verurteilt.

Ein Befürworter der Einbahnstraße ist Steven Löper. „Unsere Gäste könnten draußen ruhiger und entspannter sitzen“, sagt der Betreiber der gleichnamigen Kaffeerösterei. Er hoffe, dass durch die Altstadt als Flaniermeile mehr Touristen angelockt würden.

„Halberstadt ist kein Kurort“, wendet Heidrun Danisewitsch gegen die Einbahnstraßen-Initiative ein. Sie betreibt seit 13 Jahren das Blumengeschäft Heckenrose. „Die Kunden, die wir in einem Jahr Testphase verlieren, kommen nicht wieder.“

Ein weiteres Problem wäre für die Geschäftsfrau die Belieferung ihres Ladens. „Lieber Lärm von Autos als überhaupt keine Geschäfte mehr“, sagt Heidrun Danisewitsch. Außerhalb der Stoßzeiten im Arbeitsverkehr und zum Feierabend sei die Straße ruhig genug. „Am Wochenende ist es häufig wie ausgestorben.“ Die geplanten Parkplätze im Fischgrätenmuster schräg zur Straße seien zudem zu klein für größere Autos.

Über mehr Parkplätze entlang der Voigtei würde sich Cornelia Foss freuen. „Unsere Kunden wollen nahe ans Geschäft fahren, um Dinge abzugeben und einzuladen“, sagt die Chefin des Mode- und Haushaltswarenladens Regalo.

Die zusätzliche Schleife, die sie bei einer Einbahnstraßenregelung fahren müssten, könnte viele Kunden vom Einkauf abhalten, befürchtetet Foss. Das größere Problem stelle für sie die am Haus vorbei rumpelnde Straßenbahn dar. „Da vibrieren unsere Regale, manchmal flackert das Licht.“ Deshalb könne die Voigtei „gern zur Fußgängerzone erklärt werden“, sagt Cornelia Foss.