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AOK übernimmt die Kosten für das maßangefertigte Paar - Maßnehmen beim Orthopädie-Schuhmacher Carlos bekommt nun endlich seine ersten Schuhe

Von Anett Roisch 25.01.2012, 05:19

Lange musste Carlos Schoof aus Wegenstedt auf diesen Moment warten. Der 13-Jährige, der seit seiner Geburt an der Glasknochenkrankheit leidet, war beim Schuhmacher zum Maßnehmen, denn er bekommt jetzt, nachdem die AOK grünes Licht gab, sein erstes Paar Schuhe.

Haldensleben/Wegenstedt l "Mein Sohn Carlos kriegt endlich seine orthopädischen Schuhe. Es hat 14 Jahre gedauert, bis er nun sein erstes Paar bekommt", sagt Martina Schoof in der Orthopädie-Werkstatt von Hagen Nowak in Haldensleben. Carlos lässt sich seine Aufregung nicht anmerken. Wie ein kleiner König, statt Krone mit schwarzem Hut, seinem Markenzeichen, lächelt er voller Erwartung.

Carlos leidet an einer Glasknochen-Krankheit, der Osteogenesis imperfecta Typ III. Sein sehnlichster Wunsch ist es, sein erstes Paar Schuhe zu tragen. Während seine damalige Krankenkasse die Kosten für die teuren spezialangefertigten Schuhe nicht übernehmen wollte, hat die AOK Sachsen-Anhalt nach vierwöchiger Bearbeitungszeit grünes Licht gegeben. "Das Ergebnis des Medizinischen Dienstes liegt uns nun vor. Die AOK übernimmt die Kosten gemäß der gesetzlichen Vorgaben für die Versorgung mit orthopädischen Schuhen", informiert Silvana Tietz, Pressesprecherin der AOK Sachsen-Anhalt. "Gerade im Fall von Carlos war es wichtig, dass er Schuhe bekommt, die ihm nicht schaden, denn seine Knochen sind ja so empfindlich. Das müssen genau die richtigen Schuhe sein", weiß auch Doris Mende, AOK-Regionalleiterin der Niederlassung Nord.

"Es ist ein komisches Gefühl an den Füßen. Es ist nass und kalt", beschreibt Carlos, als ihm Orthopädie-Schuhmachermeister Hagen Nowak und sein Geselle Toni Albrecht die Binden mit der weißen Masse zum Gipsabdruck um die Füße wickeln. Etwa drei Tage dauert es, bis so ein maßangefertigtes Paar geschustert ist. Beim Maßnehmen sind die Schuhmacher sehr behutsam. Ein unüberlegter Stoß - und ein Knochen könnte brechen.

"Computerspiele sind dein Hobby?", fragt Toni Albrecht, während der Gips trocknet. "Nein! Ich chatte lieber mit netten Leuten und bin bei Facebook", sagt Carlos, während seine Mutter gleich einen ganzen Stapel Briefe aus der Tasche holt. "Er hat durch die Zeitungsartikel viel Post - richtige Fanpost - bekommen. Darunter ist auch ein ganz lieber Brief einer 90-jährigen Dame aus Wormsdorf, die ihm Mut macht", verriet die Mutter. "Wir sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen. Meist sind es Leute oder auch Vereine aus der Region, die kleine aber auch größere Summen überwiesen haben. Dafür sind wir sehr dankbar."

Das Geld können Schoofs mehr als nur gut gebrauchen. Da die Räume im Fachwerkhaus der Familie zu klein sind, soll zusätzlich der Partyraum auf dem Hof rollstuhlgerecht umgebaut werden. "Wir haben schon mit dem Umbau begonnen. Carlos bekommt ein etwa 40 Quadratmeter großes Zimmer", erzählt Martina Schoof. "Endlich viel Platz", sagt der Kleine mit dem großen Hut voller Vorfreude. Sein jetziges Zimmer reicht gerade einmal, um sich neben dem Bett mit dem Rollstuhl um die eigene Achse zu drehen. Der andere Teil des Partyraumes soll zum Badezimmer umgebaut werden. "Ein Teil des Spendengeldes haben wir schon für sein Zimmer verwendet. Aber das Bad wird noch einmal sehr teuer", sagt Martina Schoof.

Zur Unterstützung der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen hat der Gesetzgeber einen einmaligen Zuschuss in Höhe von maximal 2557 Euro für gesetzlich versicherte Pflegebedürftige festgelegt. "Dieser Zuschuss kann von der Pflegekasse unter Berücksichtigung der Kosten und eines Eigenanteils gewährt werden", erklärt Silvana Tietz und rät der Familie, sich hierzu im AOK-Kundencenter beraten zu lassen.

Carlos kann inzwischen beim Orthopäden seine Socken wieder anziehen. Er ist begeistert, und seine Augen werden immer größer, als er den Katalog mit den Musterschuhen durchschaut. "Ja, auch orthopädische Schuhe können richtig cool aussehen", sagt Nowak und rät zu knöchelhohen Sportschuhen aus besonders weichem Material. Dann muss Carlos lange schauen, um genau zu wissen, welches Model und welche Farbe er am besten findet. "Schwarzes Leder und bronzefarbene Streifen - ja, so sollen sie aussehen, die neuen Schuhe", ist er sich dann sicher. Gute Wahl, die Schuhe passen dann auch zum schwarzen Hut. "Die Schuhe kosten 993 Euro. Wir müssen nur einen Eigenanteil von 45 Euro zahlen", freut sich die Mutter.

"Vielleicht schafft der Schuhmacher es noch, die Schuhe zum 11. Februar - Carlos wird dann 14 Jahre alt - fertigzustellen?", fragt die Mutter mit leiser Stimme. Der Schuhmacher schaut auf seine gefüllten Regale und dann zu seinem Kollegen. Beide zwinkern sich zu und sagen lächelnd: "Wir haben viel zu tun, aber wir kriegen das hin, dass die Schuhe pünktlich zum Geburtstag fertig werden."

Wer der Familie Schoof helfen möchte: Konto 796137500, BLZ 27190082 bei der Volksbank Helmstedt, Verwendungszweck: Spende für Carlos.