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Ehrenamt Darum absolvieren vier Männer neben ihren Jobs eine Ausbildung beim THW in Halberstadt

Die Männer absolvieren neben ihrem Job eine Grundausbildung beim THW. Die aktuellen Bedingungen erschweren diese Ausbildung.

Von Sabine Scholz Aktualisiert: 15.4.2021, 12:55

Halberstadt. Kreischend frisst sich die Metallscheibe durch das Bewehrungsgitter, Funken fliegen. Gleichmäßig hebt und senkt Tom Tacke den Motortrennschleifer. Der 23-Jährige ist konzentriert bei der Sache.

Das rostige Gittergeflecht ist ebenso Übungsmaterial wie die Teile großer Betonröhren, die in einer Ecke des Hofs an der Friedrich-List-Straße Halberstadts liegen. Aufmerksam verfolgt Mirko Friedrich die Handgriffe des jungen Mannes, der als Industrieelektriker bei VEM Wernigerode arbeitet. Doch in dieser Woche ist Tom Tacke wieder „Lehrling“. Er absolviert gemeinsam mit drei anderen Männern seine Grundausbildung zum THW-Helfer.

Vielseitige Aufgaben

„Wir brauchen dringend Leute“, sagt Hans-Joachim Odenbach. Der Gruppenführer der Fachgruppe Sprengen ist seit vielen Jahren beim THW in Halberstadt engagiert und leitet gemeinsam mit Mirko Friedrich die Kompaktausbildung in dieser Woche. Normalerweise läuft die Grundausbildung über mehrere Monate. Jeden dritten Samstag im Monat ist THW-Tag, treffen sich die Helfer, üben ihre Fähigkeiten, lernen Neues, geben Wissen weiter, kümmern sich um die Wartung der Technik. Normalerweise. Doch die Coronabeschränkungen wirbeln auch das normale THW-Leben durcheinander.

Weil neue Helfer wichtig sind, um einsatzfähig zu bleiben, hat sich der Ortsverband entschlossen, die 3000 Euro für die Kompaktausbildung auszugeben. Die vier Neulinge sind von ihren Arbeitgebern freigestellt worden, das THW zahlt die Lohnkosten. Das ist auch bei Einsätzen so, allerdings kommt dann das Geld aus dem großen Topf der Bundesanstalt, als die das Technische Hilfswerk organisiert ist.

Seit Montag sind mit Tom Tacke auch der 22-jährige Johannes-Peter Koelsch-Francke aus Heudeber sowie die beiden Halberstädter Sven Kortmann (40) und Steffen Lastych (33) jeden Tag auf dem THW-Gelände zu finden. Sie lernen die Grundlagen für das, was THW-Helfer in Einsätzen bewältigen sollen. Ihre Prüfung ist am 8. Mai, dann müssen sie die Theorie ebenso beherrschen wie den Umgang mit Motorsäge, Trennschleifer, Leinen und Leitern. Sie müssen Lasten bewegen, Gestein und Metall bearbeiten können, wissen, was beim Bergen von Menschen zu beachten ist oder beim Verlegen von Schläuchen über Straßen.

Das zum Beispiel üben sie heute Abend an der Holtemme. Dabei steht der Einsatz von Notstromaggregaten mit auf dem Plan. Schließlich ist die Einsatzstelle auszuleuchten, an der sie lernen, Tauchpumpen einzusetzen und vorher sich selbst und die Kameraden so zu sichern, dass niemand die Uferböschung hinabstürzt.

Die vier kommen aus verschiedenen Berufen, sind Kundenbetreuer bei Abellio, Gießer, oder Koch. Alle eint das Interesse an Technik. Und der Wille, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Strenge Hygiene-Auflagen

„Meine Schwiegereltern sind beide beim THW und erzählen viel davon. Das hat mein Interesse geweckt“, sagt Johannes-Peter Koelsch-Francke. Deshalb nun fährt er nach Halberstadt und lernt jeden Tag Neues.

Ab 9 Uhr startet die Ausbildung, damit jeder vorher frühstücken kann. „Essen dürfen wir keins ausgeben“ erklärt Mirko Friedrich, „und auch das Mittagessen, das in Assietten geliefert wird, nehmen wir hier draußen ein.“

Das ist nur eine der Auflagen, damit die Kompaktausbildung überhaupt stattfinden kann. Die fachlich vom DRK Halberstadt begleiteten Selbsttests aller Teilnehmer sind eine weitere Anforderung, wie Hans-Joachim Odenbach berichtet. Vieles ist schwierig unter den aktuellen Bedingungen, zum Beispiel war es nicht einfach, den für die Grundausbildung erforderlichen Erste-Hilfe-Kurs organisiert zu bekommen. Aber es hat geklappt und nun kann Sven Kortmann seinem Faible für Technik freien Lauf lassen, der ihn zum THW brachte. Bei Steffen Lastych waren es drei seiner Kollegen, die ihn auf die Arbeit bei den Katastrophenschützern aufmerksam machten. „Ich war vorher 20 Jahre in der freiwilligen Feuerwehr aktiv, da lag es nahe, beim THW mitzumachen“, sagt der 33-Jährige.

Neuer Zug im Aufbau

Die kompakte Ausbildung macht den Männern sichtlich Spaß. Was sie hier lernen, ist auch im privaten und beruflichen Umfeld von Nutzen, sagt Ausbilder Friedrich, der ein bisschen die große Gemeinschaft der Helfer vermisst. „Wir sehen uns zwar häufiger, weil wir oft abends zu zweit oder dritt nach der Technik schauen, aber die Gemeinschaft fehlt.“

Rund 50 Mitglieder zählt der Ortsverband Halberstadt, der unter seinem Dach die Fachgruppen Sprengen, Wasserschaden/Pumpen und Räumen vereint sowie einen Bergungstrupp. In Quedlinburgs Ortsverband, dem zweiten im Harzkreis, steht das Bergen von Menschen im Mittelpunkt der Arbeit.

Neue Gruppe im Aufbau

Gut die Hälfte der Akteure im Halberstädter Ortsverband sind aktive Helfer, dazu komme der Einsatzstab. „Wir kommen alles in allem auf 40 Aktive“, sagt Hans Odenbach. Die Jugendgruppe nicht mitgerechnet, die ebenfalls regelmäßig in die blauen Uniformen schlüpft.

„Neu im Aufbau ist die Gruppe N“, berichtet Odenbach. Dahinter verbirgt sich die Versorgungseinheit für die Helfer. Es sei oft schwierig, Unterkunft und Verpflegung an den Einsatzstellen zu organisieren, deshalb hat der neue Trupp unter anderem Zelte dabei, Waschbecken, Toiletten und vieles mehr.

„Wir kämpfen wie alle ehrenamtlichen Organisationen mit Nachwuchsproblemen“, sagt Hans Odenbach. Weshalb er sich über die vier Neuen auf dem Hof freut und über vier weitere „Neulinge“, die im September ihre Prüfung ablegen werden. Kommentar