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Diesterwegschule „Kein Fördergeldantrag gestellt“

Es war ein Abend voller Emotionen. Die Halberstädter CDU diskutierte mit Bürgern über die Diesterwegschule.

Von Sandra Reulecke 07.09.2016, 11:00

Halberstadt l Fassungslose Blicke. „Was? Das ist doch nicht möglich!“ Die Informationen von Finanzminister André Schröder (CDU) lassen die Emotionen hochkochen – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal am Montagabend. Die Stadtratsfraktion der CDU – geschlossen für die Schließung der Diesterweg- grundschule – hatte eine Diskussion über den Bürgerentscheid zu eben jener Schließung organisiert.

Zum Thema Stark III-Fördergeld für die Sanierung der Grundschule hatte der Finanzminister schlechte Nachrichten: „In Magdeburg gibt es keinen Antrag für die Diesterwegschule. Im Ministerium ist bisher lediglich die Bedarfsermittlung bekannt. Aber ohne Antrag gibt es keine Fördermittel“, teilte Schröder den Eltern, Großeltern, Siedlern und interessierten Bürgern mit, die mit Empörung reagierten. „Das zeigt wieder einmal, dass man die Siedler mit Ausreden und Lügen hingehalten hat“, war mehrfach zu hören.

Das Rathaus bestätigt auf Volksstimme-Nachfrage, dass sich nicht um Stark III-Gelder für die Diesterwegschule beworben wurde. „Und es gab keinen Antrag für vorherige Förderperioden des Programms“, informiert Stadtsprecherin Ute Huch. Jedoch sei 2015 eine Bedarfsanmeldung für Stark III für die Grundschulen Diesterweg, Anne Frank und Spiegel erfolgt. „Zuvor wurde für das EU-Programm ‚Schulförderung in Sachsen-Anhalt 2007 bis 2013‘ ein Antrag auf Förderung gestellt. Dieser wurde nicht bewilligt“, heißt es in der Mitteilung des Rathauses. Die Frage, ob ein Antrag bis zum Fristende am 21. November eingereicht werden soll, blieb unbeantwortet.

Während des Informationsabends betonte Daniel Szarata (CDU) – Mitglied des Halberstädter Stadtrates und Abgeordneter im Landtag – dass weder er noch seine Amtskollegen Förderungen für solche Projekte beantragen können. „Das ist Aufgabe der Stadtverwaltung. Gehen Sie ins Rathaus und fragen selbst nach, warum es noch nicht geschehen ist.“

Gleichzeitig sagte Szarata ganz klar, dass die Sanierung der Schule selbst mit Fördergeld den ohnehin schon angespannten Finanzrahmen der Stadt übersteigen würde – denn um das Geld zu bekommen, muss Halberstadt einen Eigenanteil von mindestens 30 Prozent aufbringen. Bei einer Gesamtbausumme von 5,5 bis 6,1 Millionen Euro wären das 2,4 bis 3 Millionen Euro. „Kein Kind hat etwas davon, wenn unsere Stadt 2018 bankrott ist“, gab er zu bedenken.

Auch die Förderung mit Stark V-Geldern helfe der Stadt als Gesamtes nicht weiter. „Wenn das Geld komplett für die Diesterwegschule verwendet wird, können andere Investitionen nicht mehr stattfinden“, argumentierte das Landtagsmitglied. Als Beispiel nannte er Straßensanierungen und Investitionen für Kindertagesstätten.

Gleich mehrere Bürger antworteten hitzig und lautstark, dass eine Schule kein Thema ist, das aus einem rein finanziellen Blickwinkel betrachtet werden kann. „Es geht um Kinder, um Lehrer, um Menschen.“ Vor allem sei es unverständlich, eine Schule zu schließen, wenn ausreichend Kinder da seien. Szarata: „Es stimmt, es gibt genügend Schüler für sechs Schulen, aber es ist möglich, sie in fünf zu beschulen.“ So könne man eine Menge Geld einsparen. „Finanzen und Schule lassen sich nicht trennen.“

Doch gerade die Auswirkungen, die die Schließung auf die anderen fünf Standorte haben könnte, beunruhigte die Besucher der Veranstaltung. „Ist es Fakt, dass Siedler-Kinder auf die gesamte Stadt aufgeteilt werden?“, fragte Susanne Brehmer. Das Gerücht sei ihr mehrfach zu Ohren gekommen, sagt die zweifache Mutter. „Klares Nein“, hieß es von der CDU-Fraktion. Vorgesehen sei die Einschulung der Siedler-Kinder in die Goethe-Schule. Derzeit gehe man davon aus, dass die Schließung auslaufend sei. Das bedeutet, dass keine Kinder mehr eingeschult werden. Aber Kinder, die schon an der Diesterwegschule sind, werden bis zum Ende der vierten Klasse unterrichtet. Es sei damit zu rechnen, dass die Schuleinzugsbereiche künftig verändert werden, dies beträfe jedoch ebenfalls keine Kinder, die bereits eingeschult sind.

Enrico Schröder vom Förderverein der Diesterweggrundschule gab zu bedenken, dass die Gemeinschaftsflächen der Grundschulen nicht für die Vielzahl an neuen Schülern ausreichen. Ebenso stellte der Vater infrage, ob die Essensversorgung für mehr Kinder funktionieren würde.

Zudem fragten Eltern, ob die Verteilung der Diesterweg-Schüler auf andere Schulen bedeuten würde, dass die Klassen größer werden würden. Die Mitglieder der CDU-Fraktion gehen nicht davon aus.

Fakt ist aber, dass kein Gesetz die maximale Schülerzahl in Grundschulklassen festschreibt. Auf Volksstimme-Anfrage teilt Silke Stadör vom Landesschulamt mit, dass eine mittlere Frequenz von 22 Schülern empfohlen wird, Klassen- und Lerngruppen die Zahl von 28 jedoch nicht überschreiten sollten. „Es handelt sich um eine Empfehlung, die Überschreitung dieses Richtwertes ist möglich“, so Silke Stadör.

Das Thema Grundschul-Schließung ist Jürgen Meenken (CDU) gut bekannt. Er ist Bürgermeister in Langenstein. „Zu einer meiner ersten Amtshandlungen gehörte es, unsere Kinder nach Ströbeck zur Schule schicken zu müssen“, berichtete er sichtlich berührt. Er könne nachvollziehen, dass das Thema schmerzlich sei. „Aber akzeptieren Sie, dass die Schule geschlossen werden muss“, appellierte er. „Gehen Sie über die Brücke, die Ihnen gegeben wird. Die Goethe-Schule ist gut und nicht weit entfernt.“