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Ameos Ein Medizincampus für Halberstadt?

Akademisches Lehrkrankenhaus der Uni Magdeburg ist das Halberstädter Ameos-Klinikum schon lange. Kommt nun dank einer internationalen Kooperation für eine andere Uni ein eigener Campus dazu?

Von Sabine Scholz Aktualisiert: 06.07.2021, 09:25
Blick auf den Nordosten Halberstadts mit dem Areal des Ameos-Klinikums. Bis 2024 soll auf dem Krankenhaus-Gelände ein Campus  entstehen.
Blick auf den Nordosten Halberstadts mit dem Areal des Ameos-Klinikums. Bis 2024 soll auf dem Krankenhaus-Gelände ein Campus entstehen. Foto: Ulrich Schrader

Halberstadt - Campus – das klingt nach studentischem Treiben, nach Universität. „Nein, eine eigene Universität bauen wir nicht“, sagt Prof. Dr. Klaus Begall schmunzelnd, „aber einen Campus“. In absehbarer Zeit soll es Vorlesungen und Seminare auf dem Areal des Halberstädter Klinikums geben, wofür gebaut werden soll, wie der Ärztliche Direktor des Ameos-Klinikums Halberstadt berichtet.

„Die Entscheidung fiel für Halberstadt, weil wir ausreichend Platz auf dem Gelände haben und relativ zentral liegen“, so Begall. Zwar soll die begleitende theoretische Ausbildung der Medizinstudenten in Halberstadt erfolgen, die praktische jedoch an allen Ameos-Klinika in Deutschland.

Zum einen würde die geplante Zahl von rund 180 Studenten ein einzelnes Krankenhaus überfordern. „Hier sollen die angehenden Ärzte die praktische Seite ihrer Arbeit lernen, den Umgang mit Patienten“, sagt Begall. Zum anderen ist dieser Campus ein internationales Kooperationsprojekt der Ameos-Gruppe. Seit 2017 gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Ameos und der Josip-Juraj-Strossmayer Universität in Osijek. Die 110.000-Einwohner-Stadt im Nordosten Kroatiens liegt an der Drau und ist das kulturelle Zentrum der historischen Region Slawonien.

Projektstart im Oktober in Kroatien

Die Kontakte der Ameos-Spitze in Person der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Dr. Marina Martini zur Uni in Osijek mündeten in ein gemeinsam erarbeitetes Ausbildungskonzept, wie Klaus Begall berichtet. Er selbst war in dessen Entwicklung mit beteiligt und freut sich, dass es nun endlich losgehen kann. Denn eigentlich sollte der Start für den rein deutschsprachigen und mit einer Studiengebühr versehene Studiengang bereits im vergangenen Jahr erfolgen.

„Nun legen wir am 4. Oktober mit diesem Wintersemester los. Egal, wie sich die Pandemie entwickelt, es wird auf alle Fälle ein Hybridangebot geben“, sagt Monika Vesel, Leiterin des künftig in Halberstadt angesiedelten Studiensekretariats. Sie betreut die Studierenden für die Zeit der praktischen Ausbildung an den Ameos-Klinika.

Hybrid-Variante bei steigenden Corona-Zahlen

Sie kommt aus einem Ort nahe Osijeks, hat in der Stadt gearbeitet und ist für ihre neue Aufgabe nach Halberstadt gezogen. Auch wenn es hier erst 2024 mit dem eigentlichen Studienbetrieb losgehen wird. Schließlich müssen die jungen Mediziner zunächst drei Jahre lang grundlegendes Wissen erwerben, ehe sie ans Krankenbett dürfen. „Aber die Organisation im Vorfeld ist schon aufwendig“ sagt Vesel.

Monika Vesel erklärt, was mit Hybrid-Semester gemeint ist. „Sollte die Corona-Pandemie die Präsenzvorlesungen nicht zulassen, werden die Unterrichtseinheiten online gegeben. Aber die Arbeiten in den Laboren, in den Präparationssälen und ähnliches, die müssen vor Ort stattfinden. Eventuell in sehr kleinen Gruppen“, so Vesel. „Gerade wenn es um die Arbeit mit anatomischen Präparaten geht, muss man selbst Hand anlegen, das funktioniert nicht im Videostream“, bestätigt Begall.

Abschluss wird europaweit anerkannt

Der neue, europaweit anerkannte Medizinstudiengang wird mit dem internationalen Medical Doctor abgeschlossen, dem MD. „Nach diesem sechsjährigen Studium mit seinen 5.770 Unterrichtseinheiten beginnen die Absolventen dann ihre fachärztliche Ausbildung, das kann in ganz Europa erfolgen“, erklärt Begall.

Grundvoraussetzung für die Immatrikulation ist die sichere Beherrschung der deutschen Sprache, schließlich wird alles auf Deutsch gelehrt. Weshalb sich aktuell vor allem Deutsche und Österreicher für die 60 Studienplätze eingeschrieben haben, wie Monika Vesel informiert. Jedes Jahr sollen um die 60 Studierende im Herbst mit der Grundlagenausbildung in Osijek beginnen Das heißt, nach drei Jahren kommen die ersten etwa 60 Studierenden nach Halberstadt, und dann jedes Jahr weitere 60. Da die Praxisausbildung rund drei Jahre umfasst, wären maximal 180 junge Mediziner in Halberstadt unterzubringen. „Wir haben dazu schon mit den kommunalen Vermietern Kontakt aufgenommen“, sagt Begall. Er erhoffe sich durch die jungen Leute auch einen Impuls für das gesellschaftliche Leben in Halberstadt. „Zuallererst geht es darum, jungen Menschen Entwicklungsmöglichkeiten zu gebe. Wenn dann für Halberstadt noch ein positiver Effekt entsteht, umso besser“, so Begall.

Auswahlverfahren setzt nicht nur auf Noten

Der Immatrikulation ist ein Auswahlverfahren vorgeschaltet. „Uns ist nicht nur die Abi-turnote wichtig, auch eine vorausgegangene Ausbildung im Gesundheitswesen wird mit Punkten belohnt, ebenso ist uns soziales Engagement wichtig“, sagt Klaus Begall. „Wir wollen junge Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren, als Trainer, im DRK, in Vereinen. Ärzte sind nicht nur wichtige Fachkräfte, sondern sie sollen sich später auch in die Gemeinschaft einbringen, in der sie arbeiten.“

Apropos Fachkräfte. Die Kooperation diene nicht vordergründig der Deckung des eigenen Fachärztebedarfs, betont Prof. Dr. Klaus Begall. „Natürlich ist es schön, wenn sich jemand aus der Studierendenschaft entschließt, in einer unserer Klinika zu bleiben. Aber die Kooperation entspringt in erster Linie der Verantwortung, die eine große Unternehmensgruppe wie Ameos für die Zukunft der Medizin übernehmen sollte.“