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  7. "Fakt ist, dass die Stadt uns die Reparatur nicht bezahlt"

Astrid Malicke bringt es bei der Anliegerversammlung Zur Mühle in Lockstedt auf den Punkt: "Fakt ist, dass die Stadt uns die Reparatur nicht bezahlt"

Von Anett Roisch 25.02.2011, 05:26

Zu einer Anwohnerversammlung trafen sich die Bewohner der Straße Zur Mühle in Lockstedt. Die Anwohner wollen zum einen den Charakter ihrer Straße erhalten und statt eines grundhaften Ausbaus nur eine Reparatur. Zum anderen wollen sie nicht länger mit der Verbesserung des Straßenzustandes warten. Der Ausbau war auch bei vergangenen Sitzungen des Oebisfelder Ortschaftsrates Thema (Volksstimme berichtete). Die Entscheidung, wie verfahren wird, soll bei der Ratssitzung am 14. März getroffen werden.

Oebisfelde/Lockstedt. Fast aus jeder Anliegerfamilie der insgesamt 16 Grundstückseigentümer der Straße Zur Mühle waren am Mittwochabend Vertreter bei der Anwohnerversammlung im Dorfgemeinschaftshaus anwesend.

"Vor vier Wochen bei der ersten Einwohnerversammlung waren alle Anwohner für den Erhalt der alten Straße", sagte der Lockstedter Klaus Wolf und stellte Holger Lehnfeld, Ingenieur eines Straßen- und Tiefbauunternehmens, vor. Lehnfeld beschrieb ein Angebot zur Instandsetzung mit den entsprechenden Kostenvoranschlägen, die Wolf in Auftrag gegeben hat.

"Die Problematik ist ja, dass die Stadt eine Reparatur überhaupt nicht finanziert. Nach Ansicht der Stadt muss die Straße neu gebaut werden", sagte Anwohnerin Astrid Malicke.

"Wir haben eine Straßenausbaubeitragssatzung für die Stadt Oebisfelde, die im Moment noch gültig ist. Die besagt, dass grundsätzlich der Ausbau einer Straße umlagefähig ist. Das heißt, ein Großteil der Kosten ist von den Anwohnern zu zahlen. Es gibt nicht die rechtliche Möglichkeit, die Straße zu reparieren und dann durch die Anwohner begleichen zu lassen", sagte Ortsbürgermeister Sven Groneberg, der Gast der Versammlung war. Er erklärte, dass bei Reparaturen die Haltbarkeit der Straße nicht gegeben sei. Auch ein grundhafter Ausbau mit Kopfsteinpflaster wäre möglich, um den dörflichen Charakter zu erhalten. "Um 30 bis 40 Prozent würden jedoch die Kosten steigen. Bei neuen rechteckigen Pflastersteinen gehen die Arbeiten großflächig schnell. Bei den gebrauchten Steinen ist das Verlegen aufwändiger und deshalb teurer", erklärte Groneberg und ergänzte: "Bei einer Reparatur sind vielleicht schon nach fünf oder acht Jahren wieder Schäden zu sehen."

Der Ortsbürgermeister wies darauf hin, dass es demnächst eine neue Bemessungsgrundlage in Sachen Straßenausbaubeitragssatzung gibt, die wesentlich teurer sei.

"Es ist möglich, dass man einen zivilrechtlichen Erschließungsvertrag mit der Stadt macht. Die Überwachung erfolgt dann natürlich durch das Bauamt. So etwas gab es schon. Aber es wäre eine politische Entscheidung", meinte Anwohnerin Marlis Baumann. "Erschließungsverträge gibt es in dem Moment, wenn es sich um ein neues Baugebiet handelt", sagte Groneberg und ergänzte, obwohl er kein Rechtsanwalt sei, betrachte er so einen Erschließungsvertrag sehr skeptisch.

Wolf zeigte Fotos von den Lockstedter Straßen, die im Rahmen der Dorferneuerung vor drei Jahren grundhaft ausgebaut wurden. "Ein Gully, wo niemals Wasser hinfließt, ein Gehweg, der als Sprungschanze endet und Hausausgänge, die zur Straße nach oben ansteigen. Wenn Straßen nach drei Jahren so aussehen, bin ich stolz darauf, dass ich eine alte Straße habe", sagte Wolf und ergänzte: "Wir haben eine fast 60 Jahre alte Straße, da hat sich im ganzen Winter kein Stein bewegt. Unsere Straße hält noch 100 Jahre." Bauamtsmitarbeiter Friedrich-Wilhelm Gille, fachkundiger Gast der Zusammenkunft, sicherte zu, dass diese Straßenschäden geprüft werden. Aber das sei nicht das Thema des Abends.

Astrid Malicke meldete sich zu Wort: "Unsere Straße Zur Mühle ist nicht schön. Ich fahre die Straße jeden Tag hoch und runter. Fakt ist, dass uns die Stadt die Reparatur nicht bezahlt, weil sie die Kosten dann nicht auf die Anlieger umlegen kann. Ich möchte nicht, dass der Straßenbau abgelehnt wird und ich in drei Jahren die Straße dann doch bezahlen muss."

"Die Straße gehört der Stadt. Die Stadt sitzt mit im Boot"

Bauamtsmitarbeiter Gille stellte klar: "Sie alle benutzen die Straße, aber ihnen gehört die Straße nicht. Sie sind Anlieger. Die Straße gehört der Stadt. Deshalb sitzt die Stadt hier mit im Boot. Es kann nicht sein, dass die Bürger sagen, die Straße wird so oder so gemacht."

Anwohnerin Mila Jacksch betonte: "Wir sind zwar nur die Anlieger, aber wir zahlen bei einem grundhaften Ausbau 70 Prozent der Kosten, also mehr Geld als die Stadt. Man muss auch mit den Anliegern sprechen."

Gille erklärte, dass die Voraussetzung für eine Reparatur - wenn man sie überhaupt machen könnte - sei, dass alle Eigentümer zustimmen. "Die Stadt würde dann mit allen Grundstückseigentümern eine Kostenerstattungsvereinbarung abschließen. Dafür müssen aber auch 100 Prozent - also alle Eigentümer - mit der Vereinbarung einverstanden sein. Vor Beginn der Bauarbeiten zahlen Eigentümer dann 100 Prozent der Kosten, wenn Geld übrig bleibt, kriegen sie das natürlich zurück", erklärte der Bauamtsmitarbeiter.

"Die Stadt bezahlt die Reparatur nicht. Fakt ist aber, dass die Straße, so lange wie ich hier wohne, noch nie repariert wurde. Es gibt sicher einige hier am Tisch, die bei solcher Summe nicht auf Vorkasse gehen können", sagte Anwohnerin Marita Dürkopp und brachte es auf den Punkt: "Also kommt nur noch die Variante Neubau in Frage."

Zu einer Entscheidung kamen die Anwohner nicht. Am Abend darauf soll ein weiteres Treffen stattfinden, um letzte Unklarheiten zu beseitigen. Außerdem sollen die Kosten einer Reparatur und auch eines grundhaften Ausbaus noch einmal im Detail und zum Vergleich dargestellt werden.