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Trockenheit Gefahr für die grüne Lunge

Die Holtemme führt wenig Wasser, der Goldbach ist teilweise ausgetrocknet. Halberstadts Bäume leiden.

Von Jörg Endries 12.07.2019, 04:00

Halberstadt l Nach dem Dürrejahr 2018, in dem es über fast zehn Monate keine nennenswerten Niederschläge gab, geizt das Wetter 2019 erneut mit dem Nass. Zwei trockene Jahre in Folge verursachen bei den Bäumen in den Parks der Stadt, an den Straßen und in den Bergen Stress.

Den letzten richtigen Guss gab es laut Wetter­warte der Halberstadtwerke in der Kreisstadt am 21. Juni. „Fast 15 Liter Regen sind an diesem Tag in der Zeit von 21.15 bis zum nächsten Morgen um 2.30 Uhr gefallen“, informiert Sebastian Hübler, Sprecher der Halberstadtwerke.

Einen Tag zuvor, am 20. Juni, seien es im Tagesdurchschnitt 18 Liter gewesen. Angesichts der darauf folgenden Sahara-Hitze mit Temperaturen von fast 40 Grad ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die sich verschärfende und vor allem jährlich wiederkehrende Dürre gefährdet die grüne Lunge ­Halberstadts.

Bäume sorgen nicht nur für ein schönes Stadtbild, sondern vertilgen schädliches CO2, produzieren Sauerstoff und ein angenehmes Stadtklima. Dafür stehen 6500 Straßen- und 2400 ­Parkbäume, 1100 Bäume in kommunalen Kindereinrichtungen, 1100 auf dem städtischen Friedhof, 4000 Bäume in den fünf neuen Ortsteilen, 3000 im Landschaftspark Spiegelsberge, Gutspark Mahndorf und Park Emersleben.

„Wir benötigen dringend messbaren Regen, der den stellenweise bis auf etwa 1,80 Meter ausgetrockneten Boden durchdringt. Die Bäume leiden unter der Trockenheit. Vor allem Jungbäume gehen ein, weil deren Wurzeln nicht tief genug ins Erdreich reichen“, sagt Roswitha Hutfilz von der Abteilung Stadtgrün/Sauberkeit. Die Fachfrau appelliert an die Bürger: „Wer den Jungbäumen im Stadtgebiet mit Wassergaben helfen möchte, ist willkommen. Einmal die Woche sechs bis sieben Eimer Wasser pro Baum garantiert, dass das Nass bis zu den Wurzeln durchsickert und nicht ober­flächig abläuft.“

Mitarbeiter des Stadt- und Landschaftspflegebetriebes Stala konnten mit reichlich Wassergaben 2018 das Ärgste verhindern. In den Sommermonaten wurden die Straßen- und Grünanlagenbäume mit insgesamt 172.800 Litern Wasser gegossen.

„In der Regel versorgen wir die Jungbäume in den ersten zwei Standjahren mit jeweils sechs Gießgängen. Letztes Jahr musste die Anzahl auf zwölf erhöht werden“, so Roswitha Hutfilz. Trotzdem überstanden von etwa 330 Jungbäumen fünf Prozent die Extrem-Dürre nicht.

Der Altbaumbestand in den 400.000 Quadratmetern umfassenden Grünanlagen und Parks habe die erneute Trockenheit bislang erstaunlich gut weggesteckt, betont die Fachfrau. Die Anlagen würden als Wasserspeicher noch ganz gut funktionieren. Die Altbäume hätten natürlich einen Vorteil – ihre Wurzeln reichen tief in den Boden, wo es scheinbar noch genug Feuchtigkeit gibt. Vor allem die Straßenbäume würden leiden.

„Große Sorgen bereiten mir die über 200 Jahre alten Linden im Landschaftspark ­Spiegelsberge“, berichtet ­Roswitha Hutfilz. Vor allem die auf den Bergkuppen wie am Belvedere-Turm. Aufgrund des Wassermangels werden die Bäume teils schon gelb. „Ihnen fehlt nicht nur das Wasser, sondern auch die Nähstoffe.“ Die Linden zu Füßen des Nordhangs sind genauso alt, sie sind hingegen noch satt grün und im Stammumfang viel dicker. Dort sei der Boden feuchter, sicher auch aufgrund der Nähe zum Goldbach.

„Ernsthaft bedroht durch Trockenheit, Schädlinge und Pilzerkrankungen ist der Waldbestand in den Klus- und ­Thekenbergen Halberstadt“, macht Roswitha Hutfilz aufmerksam. Vielleicht müsse man sich in der Zukunft wieder damit anfreunden, dass die Berge wie vor über 200 Jahren kahl sind.

Bei Neuanpflanzungen im Stadtgebiet wird der Klimawandel bereits berücksichtigt. Zum Beispiel verzichtet die Stadt seit Jahren auf Bergahorn, Ulmen und Sommerlinden. Stattdessen greift man zum Beispiel auf sogenannte Klimabäume wie Kupfer­felsenbirne, Rot-Esche, Schnurbaum, die Ungarische ­Eiche und Hopfenbuchen zurück. Sie zeichnen sich durch besondere Verträglichkeit gegenüber ­Hitze, Trockenheit, Lichtintensität bei gleichzeitiger Frosthärte aus.