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Streit um Kriegsgräber auf Garnisonsfriedhof Halberstadt: Lösung für geschändete Grabsteine

Behörden streiten um die Wiederverlegung von 181 Grabsteinen vom Garnisons-friedhof Halberstadt. Die Stasi schändete die Ruhestätte Anfang der 1970er Jahre.

Von Jörg Endries und Dennis Lotzmann 28.09.2023, 11:00
Auf dieser Fläche auf dem Friedhof Halberstadt sollen die geborgenden Grabsteine wieder neu verlegt werden.
Auf dieser Fläche auf dem Friedhof Halberstadt sollen die geborgenden Grabsteine wieder neu verlegt werden. Foto: Jörg Endries

Halberstadt - Trauerspiel und Posse zugleich war der jahrelange Streit um die Wiederverlegung von 181 geborgenen Grabsteinen, die zum großen Teil aus der Zeit des Ersten Weltkrieges stammen und einst auf dem Garnisonsfriedhof Halberstadt verlegt waren. Die Stasi schändete vor etwa 50 Jahren diese Ruhestätte, brach die Grabsteine ab und verbaute sie in einem Ferienobjekt des Geheimdienstes im Harzdorf Altenbrak.

Nach der Bergung und Rettung der Steine durch freiwillige Helfer lagern sie seit etwa vier Jahren in Containern und warten auf eine würdige Wiederverlegung. Zwei Behörden stritten um das Wie und blockierten so eine Lösung – jetzt konnte der gordische Knoten zerschlagen werden, bestätigen die Staatskanzlei in Magdeburg, die Stadt Halberstadt und die untere Denkmalschutzbehörde auf Kreisebene.

Würdige Wiederverlegung

Laut Erklärung von Stadtverwaltung Halberstadt und Kulturstaatssekretär Sebastian Putz (CDU) sollen die aktuell auf dem Friedhof befindlichen Granitplatten mit den Namen der Kriegstoten des Ersten und Zweiten Weltkriegs entlang des Hauptweges verlegt und um noch fehlende Namen ergänzt werden. Der größte Teil der unbeschädigten 140 Platten soll danach auf der linken Seite der Kriegsgräberstätte entlang der Nebenwege, zehn bis zwölf Platten auf dem alten Garnisonsfriedhof verlegt werden.

Außerdem sei geplant, eine neue Tafel mit einem QR-Code zu erstellt. Über diesen können sich zukünftig interessierte Besucher über die Gedenkstätte informieren. Rund 40 Platten, die nur noch als Bruchstücke vorhanden sind, sollen auf der Kriegsgräberstätte „bestattet“ werden.

Umsetzung nach Trauertag

Die Umsetzung der Neugestaltung soll laut Stadtverwaltung noch 2023 starten - frühestens nach dem Volkstrauertag. Mit der Beilegung des Behördenstreits um die Wiederverlegung der Grabsteine ist nun auch die bislang offene Finanzierung geregelt. Die Nachgravur der Granitsteine und deren Neuverlegung werden vom Land bezahlt. Für die Sandsteinplatten und die Umgestaltung des Friedhofs soll Geld der Denkmalpflegeförderung beantragt werden.

Stille Anker

Nachdem die Volksstimme den Streit öffentlich gemacht hatte, hatte sich die Staatskanzlei eingeschaltet und nun final vermittelt, wie auf Volksstimme-Nachfrage ein Sprecher bestätigte. Kulturstaatssekretär Putz sagt: „Grabsteine sind stille Anker unseres Totengedenkens, sie erinnern an Menschen auch viele Jahrzehnte nach Ende eines Lebens. Die Überführung der in Altenbrak geborgenen Grabsteine auf den Halber-städter Militärfriedhof begrüßen wir als Land daher außerordentlich. Die Aufstellung an einem würdevollen Ort ist nicht weniger als unsere moralische Pflicht.“ Er danke all jenen, die daran beteiligt waren.

Auch Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU) begrüßt die Lösung: „Wir alle wollen eine würdevolle und respektvolle Lösung für die zukünftige Gestaltung des Militärfriedhofes auf dem Halberstadter Hauptfriedhof in Ergänzung mit den in Altenbrak gefundenen Grabsteinen. Diese Lösung haben wir gemeinsam erreicht und deren Umsetzung fest vereinbart.“

Im Vorfeld habe es auf seine Initiative hin ein klärendes Gespräch mit den zuständigen Behörden des Landesverwaltungsamtes, der Denkmalschutzbehörden des Landes Sachsen-Anhalt und dem Landkreis Harz gegeben, so Szarata.

Die untere Denkmalschutzbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie hatten stets großes Interesse, dass die Grabsteine da, wo sie 1970 vom DDR-Geheimdienst entwendet worden, wieder verlegt werden. Das hatte Oliver Schlegel von der Denkmalschutzbehörde des Landkreises Harz immer betont.

Gedenkort für Verstorbene

„Der Garnisonsfriedhof ist nicht nur ein Gedenkort, die Verstorbenen liegen dort immer noch und wurden ihrer Grabsteine beraubt. Es ist ein Friedhof.“ Auch Schlegel begrüßt vor diesem Hintergrund die Beilegung des Streits. Das Landesverwaltungsamt hatte bislang eine Finanzierung der Grabstein-Neuverlegung abgelehnt.

Wobei das Thema Kosten schon in der Vergangenheit für Kopfschütteln gesorgt hatte: Nachdem freiwillige Helfer im Sommer 2021 die Grabplatten, die per Gesetz städtisches Eigentum sind, in Altenbrak geborgen hatten, stellte die städtische Tochter Stala für den Rücktransport eine Rechnung über 588 Euro. Für deren Ausgleich sorgte schließlich der Geschichtsverein Halberstadt.

Oliver Schlegel kann derweil den historischen Hintergrund der Grabsteine erklären. Halberstadt sei im Ersten Weltkrieg ein wichtiger Lazarettstützpunkt gewesen. Auf dem Garnisonsfriedhof liegen nicht nur verstorbene Soldaten des Hal-berstädter Infanterieregiments 27, sondern aus vielen Heeresgruppen. Unter anderem seien Besatzungen von U-Booten dabei, von Frachtschiffen, der Kavallerie und der Luftwaffe sowie türkische Matrosen, die verletzt ins Lazarett eingeliefert wurden und dort starben, so der Denkmalschützer.

Seit gut zwei Jahren lagern die Grabsteine vom Garnisonsfriedhof in Containern.
Seit gut zwei Jahren lagern die Grabsteine vom Garnisonsfriedhof in Containern.
Foto: Oliver Schlegel