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Wissenschaftliches Interesse ist groß Halberstadts Domschatz: Ein Schatz von Weltgeltung

Er wird als Schatz von Weltgeltung bezeichnet, der Halberstädter Domschatz. Dass ist begründet, sagt Museumsleiterin Dr. Uta-Christiane Bergemann.

Von Sabine Scholz 06.08.2023, 07:15
Blick auf den Halberstädter Dom mit Kreuzganggarten und aktuell eingerüstetem Strebepfeiler an der Südostseite des Hohen Chors.
Blick auf den Halberstädter Dom mit Kreuzganggarten und aktuell eingerüstetem Strebepfeiler an der Südostseite des Hohen Chors. Foto: dpa/Matthias Bein

Halberstadt - Studenten arbeiten zurzeit am Nordportal des Doms. Immer mal wieder nimmt die Öffentlichkeit Notiz von solchen Kooperationen. Doch nicht nur die praktische Ausbildung steht im Mittelpunkt, wenn sich Wissenschaftler an die Domschatzverwaltung wenden.

„Allein im vergangenen Jahr besuchten ein Dutzend Seminare von Universitäten und Hochschulen, unter anderem aus Halle, Chemnitz, Bonn, Kiel und Tübingen, den Halberstädter Dom und Domschatz“, sagt Uta-Christiane Bergemann auf Nachfrage der Volksstimme.

Auch in diesem Jahr waren bereits Studiengruppen aus Leipzig, Hildesheim und wiederum Halle in Halberstadt zu Gast. Doch auch international gibt es Interesse, so hatte sich die British Archeological Association im vergangenen September zu einer Sonderführung angemeldet.

Klare Herkunft von großem Vorteil

„Viele internationale Wissenschaftler, nicht nur aus England, sondern auch vom Metropolitan Museum New York oder vom Pariser Louvre wollten unseren Domschatz sehen, da sie sich entweder bereits mit speziellen Einzelwerken des Domschatzes beschäftigt hatten oder noch beschäftigen wollen“, erklärt Bergemann.

In Halberstadt haben sich viele wertvolle Reliquiare aus dem Mittelalter erhalten, darunter mehrere Armreliquiare.
In Halberstadt haben sich viele wertvolle Reliquiare aus dem Mittelalter erhalten, darunter mehrere Armreliquiare.
Foto: Kulturstiftung/Kober/punctum

Das besondere an den Objekten in Halberstadt sei, dass sie fast alle aus dem Dom stammen. Sie wurden für die dortige Nutzung hergestellt oder erworben. „Aufgrund ihrer nachvollziehbaren Herkunft und ihres Entstehungs- beziehungsweise Nutzungszusammenhangs bieten die Halberstädter Kunstwerke vielen Museumskollegen daher wertvolle Hinweise für vergleichbare Stücke ihrer Sammlungen, deren Herkunftsnachweis nur bis zum letzten Vorbesitzer oder dem Kunsthandel zurückgehen. Die Halberstädter Stücke bieten seltene und häufig entscheidende Anhaltspunkte, woher und aus welchem Zusammenhang ein bestimmter Typus von Kunstwerken stammt“, erläutert die Kunsthistorikerin das Fachinteresse.

Die Vollständigkeit, die hohe Qualität der Werke und die Authentizität des Schatzes, besonders die Nachvollziehbarkeit der Herkunft und der Verwendung der Schatzobjekte im Gottesdienst und im Leben der Kleriker, seien das entscheidende Kriterium, warum viele Seminare aus Universitäten den Domschatz besuchten. Im Jahr 2020 veranstaltete das kunsthistorische Institut der Universität Bochum ein Seminar zu mittelalterlichen Kirchenschätzen am Beispiel des Halberstädter Domschatzes. Im kommenden Jahr ist ein weiteres Seminar dazu an der Universität Bonn im Kunsthistorischen Institut geplant.

Breites Spektrum an wissenschaftlichen Fragestellungen

Unter jeweils eigenen Fragestellungen erhalten Studierenden Aufgaben, bestimmte Einzelwerke oder Objektgattungen vorzustellen, erläutert Uta-Christiane Bergemann. Die hohe Qualität vieler Einzelstücke wie der byzantinischen Weihbrotschale, die Gewänder aus spanischen oder frühen italienischen Seiden, die romanischen Teppiche oder die fatimidische Bergkristallflasche sowie der Halberstädter Schrank aus der Liebfrauenkirche, das älteste Schrankmöbel in Deutschland, böten ein breites Spektrum an wissenschaftlichen Fragestellungen. „Sie können hier vor Ort umfassender gestellt und beantwortet werden als an vergleichbaren Objekten in Museen“, so Bergemann weiter.

Entsprechend kämen Einzelwissenschaftler aus sehr unterschiedlichen Beweggründen nach Halberstadt: So wurden zum Beispiel Objekte aus Bergkristall in den vergangenen Jahren für das Medieval Rock Crystal Project der Oxford University untersucht. Ein anderes Thema waren Seidenstoffe in Handschriften, die für eine Dissertation in Salzburg betrachtet worden waren, oder die Antiphonare, also die mittelalterlichen Gesangbücher des 13. Jahrhunderts, die für Musikwissenschaftler von Interesse waren.

Dabei sei vieles auch im Domschatz selbst noch gar nicht umfassend erforscht, sagt Uta-Christiane Bergemann. „Für die Forschung bietet der Halberstädter Domschatz mit seinem Dom ein einmalig authentisches Anschauungsmaterial und anhand der berühmten und hochbedeutenden Kunstwerke kann immer neuen wissenschaftlichen Fragestellungen nachgegangenen werden.“