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Imker Gelbe Blütenpracht im Fokus

Bei Wegeleben macht ein Imker mit beim europaweiten Projekt „PoshBee“. Das bringt Landwirte, Imker und Wissenschaftler zusammen.

03.05.2020, 23:01

Wegeleben (vs) l Wenn die Abertausenden Bienen von Imker Uwe John um ihre 21 Kästen fliegen, sollte man sich nicht zu nahe heranwagen, sagt Diana Borchert. Denn das Herantreten stört die Insekten. Sie sind emsig bei der Arbeit, der Raps blüht und die Waben müssen gefüllt werden. Ihren Winterstandort bei Wegeleben auf einer Lichtung zwischen alten Pappeln und Weiden, idyllisch an einem kleinen Bach gelegen, mussten die Bienenvölker dafür nicht verlassen.

„Als ich gesehen habe, dass die Landwirte hier in der Nähe Raps auf großen Flächen anbauen, konnte ich den Bienen den Umzug ersparen. Im Umkreis von zwei Kilometern ist das Nektarangebot groß genug“, sagt Imker Uwe John. Er ist seit 1983 Imker und im Landesvorstand aktiv.

Für ihn sind Bienen Nutztiere, für die man Verantwortung übernimmt und für deren Pflege und Zucht man viel Wissen benötigt. „Damit das Bienensystem funktioniert, ist eine gute Trachtfolge über das Jahr grundlegend. Die liefert uns Imkern der Landwirt, denn eine grüne Wiese ist doch einfach nur traurig. Wenn man in der Natur einen Weg entlang geht und keine Insekten summen und keine Lerche auffliegt, haben wir etwas falsch gemacht“, sagt John überzeugt.

Viele Obstbestände, Gärten und Vorgärten seien verschwunden, sagt John, ein Grund, warum die Imker auf die Landwirte angewiesen sind. Blühstreifen böten den Bienen über lange Zeit Nahrung. „Mehr Klee und Sonnenblumen auf und an den Feldern wären schön“, fügt der Imker an und hebt zwischen den herumschwirrenden Bienen den Deckel eines Kastens ohne Zögern und Schutz an, um nach den Waben seines Volkes zu sehen: „Alles gut.“

Dank der Honigbienen werden rund 80 Prozent höhere Erträge erzielt und deutlich größere Früchte geerntet – ein großer Nutzen für die heimische Agrarwirtschaft: Hinter jedem 500-Gramm-Glas Honig stecken ungefähr 75 Millionen bestäubte Blüten, erklärt Diana Borchert. Sie ist nicht nur Geschäftsführerin des Bauernverbandes Nordharz, sondern auch dessen Bienenbeauftragte.

„Nun gibt es viele Faktoren, die einen Organismus in einen Stresszustand versetzen und dort eine entsprechende Reaktion auslösen. Das gilt besonders für die empfindliche Insektenwelt. Es ist bewiesen, dass die Zahl der Insekten abnimmt“, sagt Borchert. Aber haben die Landwirte Schuld daran, wie oft gesagt wird?

Da die negativen Auswirkungen von Agrochemikalien auf die Bienengesundheit und ihre Relevanz nach wie vor unklar sind, ist eine gesamteuropäische Forschungsinitiative gegründet worden. Seit 2018 läuft das Fünf-Jahres-EU-Projekt „PoshBee“ mit dem Ziel, gesunde Bienenpopulationen, nachhaltige Bienenzucht und die Bestäubungsleistungen von Honigbienen, Hummeln und Einzelbienen gemeinsam mit Imkern, Landwirten und Wissenschaftlern zu untersuchen. Projektpartner in Deutschland sind das Helmholtz-Institut für Umweltforschung und der Imkerverband sowie der Bauernverband Sachsen-Anhalt. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist ebenfalls beteiligt, so Borchert.

Die Bienenverantwortliche im Bauernverband des Landes fasst die Fakten zusammen: „An acht Rapsstandorten im Süden Sachsen-Anhalts werden die Auswirkungen von Standort, Wetter, Bewirtschaftung, Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln und vielem anderem mehr auf Bienengesundheit und Ernährungszustand von jeweils drei Honigbienenvölkern, drei Boxen mit Hummeln und drei Nestkomplexen der Roten Mauerbiene untersucht und ausgewertet. 2019 wurden jeweils 1.000 Probungen von Bienen, Wachs und Pollen genommen, die im Moment untersucht werden. Die Ergebnisse werden im Herbst 2020 erwartet.“

Das erste und grundlegendste Fazit seit Projektbeginn sind für Diana Borchert die gelungenen Fachgespräche und Kompromisse zwischen Imkern und Landwirten. „Hier mussten einige Regelungen abgesprochen werden, um die streng festgelegten Grundbedingungen des Projektes zu erfüllen.“ Die Bienenfachfrau des Bauernverbandes sieht gerade auch hierin ganz allgemein Verbesserungsmöglichkeiten: „Es ist ein Geben und Nehmen zwischen Landwirten und Imkern und eine bessere Kommunikation würde viele Missverständnisse und Vorbehalte zwischen den Partnern in Sachen Bestäubung vermeiden helfen“.