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Wirtschaft Lektüre im Wochenrhythmus

Seit 25 Jahren gibt es den Lesezirkel Börde-Lesemappe, der 2007 nach Halberstadt umgezogen ist.

Von Sabine Scholz 05.11.2015, 00:01

Halberstadt l Zwei Tonnen Papier, mindestens, gehen wöchentlich über den Packtisch. An diesem Tag stehen Jens Becker, Ralph Hamm und Nico Borgsdorf am Tisch und packen Kisten. Frauenzeitschriften, Computerfachzeitschriften, Nachrichtenmagazine, Comichefte, Lifestyle-Titel, Literaturmagazine – fast alles, was der Zeitschriftenmarkt bietet, ist zuvor in die Papierumschläge mit dem Logo „Börde-Lesemappe“ geklebt worden. Gedruckt werden die oft mit Anzeigen versehenen Umschläge in Halberstadt und Oschersleben. Nun wandert alles für die nächste Auslieferungstour in die Kisten und die dann in den Kleintransporter.

Seit 25 Jahren kennen Menschen in Barby, Calbe, Schönebeck, Wernigerode, Zielitz, Haldensleben, Rogätz, Harbke oder Halberstadt die Lesemappe. Beim Friseur, in der Arztpraxis, beim Steuerberater, in den Wartezonen von Bürgerbüros oder Wohnungsunternehmen liegen die Mappen aus. Klatsch und Tratsch finden sich da, Reiseberichte und vieles mehr. „Was jeweils auf den Tischen liegt, entscheidet der Kunde“, sagt Jens Knäringer. „Zu denen gehören übrigens auch Privatpersonen“, fügt der in der Nähe Berlins aufgewachsene 49-Jährige hinzu.

Seit der Wende lebt Knäringer im Vorharz, seit 2007 kümmert er sich um die Börde-Lesemappe. Die existiert seit 1990. Damals hatten sich Hans-Joachim Rossa und Jürgen Domachowski entschlossen, von Nürnberg nach Oschersleben zu gehen und von dort aus den Lesezirkel zu betreiben. Das Konzept der Lesegemeinschaften ist über 100 Jahre alt, es ermöglicht zum einen einen preiswerten Zugriff auf über 200 Zeitschriftentitel, zum anderen eine nachhaltige Nutzung der Publikationen.

„Das Konzept ist einfach“, sagt Knäringer, der seit 2007 in Halberstadt als Niederlassungsleiter Lesezirkel Die Medien-Palette GmbH & Co. KG tätig ist. „Man wählt im Schnitt fünf Zeitschriften-Titel, die wir wöchentlich an den Erstleser-Kunden liefern. Da wir große Mengen kaufen, ist das für den Kunden gut ein Drittel preiswerter als der Gang zum Kiosk.“ Dann nutzen Nachleser die jeweilige Lese-Mappe, bis maximal fünf Wochen nach Erscheinungsdatum. Nach den fünf Wochen wandern die Zeitschriften in den Container und werden an einen holländischen Eierkartonhersteller verkauft.

„Die Einarbeitung ist nicht leicht“, berichtet Knäringer aus eigener Erfahrung. Viele Kunden, unterschiedliche Routen, wer bekommt was – bis man das drauf hat, vergehen gut vier bis sechs Wochen.

Als 2007 die Medien-Palette aus dem westfälischen Hamm, die zehn Niederlassungen in West- und Norddeutschland betreibt, die Börde-Lesemappe übernahm, weil deren Gründer in den Ruhestand gingen, zog das Unternehmen von Oschersleben nach Halberstadt. Seither wird in der Quedlinburger Straße 79 sortiert, verpackt, verteilt – von sechs Männern und zwei Frauen in Voll- und Teilzeit oder als Minijobber.