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Wertvolle Zeitdokumente aus der Kugel des Gotteshauses sind bald im Pfarr- und Heimatmuseum zu sehen Turmkrönung wird zum bunten Dorffest

Von Dieter Kunze 19.08.2013, 01:34

Mit zahlreichen Gästen feiern die Dedelebener die Wieder-Bekrönung ihrer Kirche St. Marien. Bei den Arbeiten zur Turmsanierung waren Wetterfahne und Kugel abgenommen und der Inhalt gesichert worden. Wertvolle Zeitdokumente von vor 120 Jahren sollen bald im örtlichen Pfarr- und Heimatmuseum ausgestellt werden.

Dedeleben l Einst hatte der Ort sogar zwei Kirchengemeinden, Nord und Süd. Inzwischen nutzt die evangelische Gemeinde nur noch St. Marien. Dank der Fördermittel kann der Turm saniert werden. Mit der Bekrönung wird ein wichtiger Teilabschnitt abgeschlossen.

2005 gab es schon einmal eine Öffnung der Turmhaube. Ein Sturmschaden musste beseitigt werden. "Die jetzt gesicherten Dokumente von vor 120 Jahren machen uns die Vergänglichkeit der Zeit deutlich", sagte Pfarrer Wolf beim Gottesdienst. Er erinnert sich noch an die Spiele, die einst mit Treibgut auf dem Marienbach betrieben wurden. "Das ist auch ein Sinnbild von der wegfließenden Zeit".

"Leider funktioniert unser Geläut noch nicht, weil es von den Gerüstbauern eingezwängt ist."

Gemeindekirchenratsvorsitzende Liselotte Spangenberg

Damals wurden in der Zeitkapsel alte Münzen von 1752 und aus dem 19. Jahrhundert gefunden. Ein Schreiben von 1876, eine Magdeburger Zeitung, das Halberstädter Intelligenzblatt lagen bei. "Damit kann man erfahren, was die Menschen damals gedacht haben", so der Pfarrer.

Modern wird die Predigt, als er auf die heutige Schnelllebigkeit, die Geldwertstabilität, die Datensammlungen, auf sichere Renten und Arbeitsplätze sowie gutes Schulwissen zu sprechen kommt.

Der feierliche Gottesdienst wird von der Orgelmusik von Elisabeth Wolff sowie von den Mitgliedern des Volkschores "Liedertafel Dedeleben" unter Leitung von Ulrich Knackstedt begleitet. Nach "Herr, deine Güte reicht" beeindrucken die Sänger und Sängerinnen mit "Dona nobis Pacem".

Eine Gelegenheit für ein Grußwort bekommt der amtierende Landrat Martin Skiebe (parteilos). Er spricht von einem guten Brauch des Öffnens und Schließens der Turmbekrönung, durch die Botschaften durch die Zeit gesendet werden. Auch künftig werde es bei den Menschen Tränen, Hoffnungen und Wünsche geben.

"Die Kirchen sind der Mittelpunkt vieler Orte. Die Spitze kündet nach allen Seiten vom Wohnen der Menschen." Auch heute werde der Spitze wieder einiges anvertraut, was in die Zukunft transportiert werden soll. Die Einwohner sollten den Ort miteinander gestalten, dann gebe es eine gute Zukunft.

"Leider funktioniert unser Geläut noch nicht, weil es von den Gerüstbauern eingezwängt ist", bedauert Gemeindekirchenratsvorsitzende Liselotte Spangenberg. "Ein Ende ist aber in Sicht." Sie dankt allen Spendern für ihren Beitrag sowie für die Unterstützung durch das Kreiskirchenamt und das ALFF (Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten). Zum nächsten Gottesdienst mit einer Taufe wird am Sonnabend, dem 31. August, um 15 Uhr eingeladen.

Dann beginnen Liselotte Spangenberg, Ulrich Knackstedt, Uwe Krebs vom Pfarr- und Heimatmuseum und Architekt Gerd Srocke mit dem sorgfältigen Verpacken der Dinge, die alle in der Dokumentenhülse Platz finden sollen: ein Brief des Gemeindekirchenrates, der Gemeindebrief, die Tageszeitung "Volksstimme", ein Amtsblatt der Gemeinde Huy, ein Brief des Museumsvereins sowie einige Andenken und Euro-Münzen.

Gerd Srocke verschnürt das Paket sorgfältig und die Hülse wird verschlossen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Quedlinburger Werkstätten für Denkmalpflege wird nun alles an den angestammten Platz auf der Spitze des Kirchturms gebracht. Dabei helfen die Gäste, darunter auch Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer und Landtagsabgeordnete Frauke Weiß (beide CDU), kräftig mit. Die vergoldete Kugel und die Wetterfahne werden dazu sicher in Decken eingewickelt und an einem Flaschenzug geht alles auf die Turmspitze.

Nach getanem Werk trifft man sich noch zu einer gemütlichen Kaffeerunde im Kirchengarten. Dabei diskutieren die Dedelebener ihre weiteren Vorhaben, reichen die neu herausgegebene Zeichnung und die Postkarte von der Marien-Kirche herum.

An besonderen Kunstschätzen hat die Gemeinde einen Altarkelch aus dem Jahre 1593 und einen Taufstein aus dem Jahre 1490. Die zweite Kirche in Dedeleben, die Johanniskirche, erlebte 1952 ihren letzten Gottesdienst, wurde 1972 aufgegeben und ist heute eine Ruine. Die Geschichte von Dedeleben wird heute vor allem im Pfarrhaus am Marienbach aus dem Jahre 1721 bewahrt.