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Kriminalität Warnung vor illegaler Kaffeefahrt

Was vor Jahren unter dem Begriff Kaffeefahrten die Runde gemacht hat, ist längst noch nicht Geschichte - auch in Halberstadt.

Von Dennis Lotzmann 02.12.2017, 00:01

Halberstadt/Wernigerode l Der Nikolaus könnte kaum üppigere Geschenke machen: Eine festliche, dekorative Weihnachtspyramide, eine Weihnachtsgans sowie Wellness-Set, Tischdecke, Stoff-Elch, Glühweinbecher, Tasche, Bastelset, Lichterkette und 15-teiliges Weihnachtsschmuck-Set. Gäste, die am kommenden Mittwoch, 6. Dezember, der persönlichen Einladung von „Silke“ vom Organisationskomitee von „IHR Reisedienst“ in ein Halberstädter Hotel folgen, sollten möglichst große Taschen dabei haben, um alle versprochenen Geschenke nach Hause zu bugsieren.

Wenn es denn so kommt. Denn – erstens – warnt die Stadtverwaltung Halberstadt ganz konkret vor dieser „illegalen Verkaufsveranstaltung“. Überdies rudern – zweitens – die Veranstalter mittlerweile selbst zurück. Zumindest ergab das die Recherche der Volksstimme am Freitag. Womöglich, so eine Frau an der Buchungshotline unter einer Berliner Rufnummer, könnte es sein, dass die Veranstaltung ausfalle. Genaues könne sie allerdings erst am Montag mitteilen.

Haben die Macher von „IHR Reisedienst“ etwa kalte Füße bekommen? Nach Informationen der Volksstimme sollen die Gäste kommenden Mittwoch nicht nur in Halberstadt beglückt werden, sondern tags drauf auch in Wernigerode. Dort wohl in einem Sportlerheim in der Kohlgartenstraße.

Die Stadtverwaltung Halberstadt kann nach Angaben von Behördensprecherin Ute Huch vor einer Teilnahme nur warnen: „Aus Sicht unseres Ordnungsamtes ist die Veranstaltung illegal, weil sie nicht angemeldet ist.“

Demnach seien die Rahmenbedingungen klar geregelt: Eine vorübergehende Verkaufsveranstaltung, die außerhalb eines Geschäftes, einer Messe oder eines Marktes stattfinden soll, nenne man Wanderlager. Derartige Veranstaltungen müssten zwei Wochen vor dem Termin in der örtlichen Gewerbebehörde – hier also bei der Stadtverwaltung Halberstadt – angezeigt werden. Aufgabe der Behörde sei die Prüfung, ob das Wanderlager zulässig ist oder ob die Bevölkerung vor Gefahren illegaler Veranstaltungen geschützt werden müsse, skizziert die Verwaltungssprecherin das Prozedere.

Das Ergebnis im konkreten Fall: „Diese Veranstaltung wurde nicht angezeigt. Geschenke und Verlosungen im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung sind nicht zulässig“, erklärt Ute Huch.

Unabhängig von der offenen Frage, ob die Veranstalter nun an den beiden Terminen im Harz festhalten oder nicht, warnen die Verantwortlichen im Halberstädter Rathaus generell vor der Teilnahme an derartigen Aktionen. Solche Einladungen gingen erkennbar oft an Haushalte, in denen ältere Menschen leben. „Offenbar ist diese Zielgruppe besonders leicht zu Käufen vollkommen überteuerter oder nutzloser Produkte zu bewegen. Oft sind das Produkte, die angeblich eine gesundheitsfördernde Wirkung haben sollen. Bedenken Sie, dass Medikamente in aller Regel nur von Apotheken verkauft werden dürfen“, erinnert Ute Huch. Sie rät im Namen der Stadtverwaltung vom Besuch ab, selbst wenn die Geschenke verlockend klingen. „Meist werden diese Geschenke schlicht und ergreifend nicht ausgehändigt.“

Und: Mit ihrer Warnung steht die Stadtverwaltung nicht allein. Der Lahn-Dill-Kreis in Hessen hat eine Warnliste für ganz Deutschland über illegale Werbeverkaufsveranstaltungen und „Kaffeefahrten“ erstellt. Dort wird konkret vor „IHR Reisedienst“, der eine Postfachadresse in Schwichteler bei Cappeln (Niedersachsen) samt Berliner Rufnummer als Firmenkontakt angibt, und der angepriesenen „zauberhaften Weihnachtszeit gewarnt. Finger weg – auch wenn es noch so verlockend klingen mag.

Und noch einen Rat hat Ute Huch parat: Wer Kaffeefahrten oder Verkaufsveranstaltungen buche, gehe ein höheres Risiko ein, eine in Wirklichkeit überhaupt nicht billige Reise mit vielen Unbekannten abzuschließen. Und: „Geschenkt gibt’s nix.“

Apropos geschenkt: Ob der angebliche Nikolaus von „IHR Reisedienst“ am Mittwoch in Halberstadt vorbeischaut, ist offen. Ein vom Unternehmen gegenüber der Volksstimme angekündigter Rückruf blieb – wie erwartet – aus.

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