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Windrad-Absturz Weiter Rätselraten um Unglücksursache

Rotornabe und Flügel, die von einem Windrad in Schwanebeck 94 Meter in die Tiefe gestürzt waren, werden rund um die Uhr bewacht.

Von Stephanie Tantius 15.10.2020, 03:00

Schwanebeck l Ein Auto fährt den Feldweg, der von der Bundesstraße 245 zum Windpark Schwanebeck führt, entlang. In der Einmündung, von der es aus zu dem defekten Windrad geht, hält es. Zwei Männer steigen aus. Sie hätten in der Zeitung von dem Unglück gelesen und wollten sich die kaputte Rotornabe einmal anschauen.

Weit kommen sie jedoch nicht. Ungefähr 100 Meter vor der Unglücksstelle, an der noch immer die abgestürzten Teile herumliegen, versperrt ein Wachmann ihnen den Weg. Auf seinem Pullover steht „Security“. Er dürfe hier keinen durchlassen, sagt er. „Zu Ihrer eigenen Sicherheit.“ Er selber traue sich auch nicht näher an die Unglücksstelle heran. „Schauen Sie sich mal den einen Flügel an“. Wenn dieser abbreche und es passiere etwas, sei er dran. Außerdem könnten, da nun einmal die Rotornabe heruntergekommen sei, auch noch weitere Teile von der Gondel oben lose sein und abstürzen, berichtet der Security-Mann.

Er sei bei einem privaten Sicherheitsunternehmen angestellt und seit Dienstagfrüh, 4 Uhr, vor Ort. „Mein Kollege wird jeden Moment kommen und mich ablösen“, sagt er. Beauftragt sei das Sicherheitsunternehmen durch die Firma Mammoet, berichtet er. Diese sei auf das Heben und Transportieren schwerer Objekte spezialisiert. Wann die Rotornabe und die Flügel abtransportiert werden, wisse er nicht. Mammoet wiederum sei durch die Firma Vestas engagiert worden. Vestas ist der Hersteller der Windräder und hat für 23 der 27 Anlagen des Schwanebecker Windparks mit den Besitzern Wartungsverträge abgeschlossen. Der Besitzer der defekten Technik ist ein Däne.

Wie es zu dem Unglück kommen konnte, dazu konnte Vestas-Sprecherin Christina Schmidt am Mittwoch noch immer nichts sagen. Die Untersuchungen dauerten an. „Wir stehen in engem Kontakt mit dem Eigentümer und unterstützen ihn in der von ihm veranlassten Ursachenanalyse“, so Schmidt. Erste Indikationen würden jedoch darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Vorfall um ein isoliertes Ereignis handelt, teilte sie mit.

Trotzdem stelle sich die Frage, ob nicht aus Sicherheitsgründen die anderen Windanlagen erst einmal vorsorglich abgeschaltet werden sollten, bis die Ursache bekannt ist. „Die 22 anderen Windenergieanlagen im Windpark laufen im Normalbetrieb und es besteht kein Anlass, diese abzuschalten oder zu begutachten“, sagt die Sprecherin. Zudem würden die Anlagen von Vestas spezielle Sicherheitssysteme haben, die den Betrieb konstant überwachen und – bei Bedarf – eine Anlage automatisch abschalten. Wie hoch der entstandene Schaden ist, dazu wollte sich Schmidt nicht äußern. 2008 war eine Anlage im Landkreis Anhalt-Bitterfeld von einem Blitz getroffen worden. Der Schaden betrug, laut Medienberichten, rund 2,5 Millionen Euro.

Das kaputte Windrad stamme von 2003 und sei somit 17 Jahre alt. „Windenergieanlagen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von ungefähr 20 Jahren“, sagt die Vestas-Sprecherin. Sie könnten aber auch weiterbetrieben werden, wenn entsprechende Nachweise vorlägen, die die Betriebsfestigkeit und Standsicherheit bestätigen, ergänzte sie. Würden die Nachweise nicht erbracht, müsse eine Anlage zurückgebaut oder erneuert werden.

Dirk Mangert war Sonntagfrüh gegen 8.30 Uhr mit seinem Hund bei den Windrädern spazierengewesen. Dabei habe der Schwanebecker gesehen, dass etwas bei einem der Windräder liegt. „Ich habe mich erst gar nicht hingetraut“, berichtet er. Dann sei er aber doch näher gegangen. Kurz darauf seien zwei Kleintransporter mit je einem Mitarbeiter der Firma Vestas gekommen. „Die haben mich dann des Platzes verwiesen“, sagt er.