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Beschlossen Stasi-Check im Börde-Kreistag

Die Mitglieder im Börde-Kreistag werden auf eine Stasi-Vergangenheit überprüft. Das hat das Gremium in Haldensleben beschlossen.

06.03.2020, 23:01

Haldensleben l Die Mitglieder des Kreistags müssen sich einer Überprüfung auf Mitarbeit bei der Stasi unterziehen. Das hat das Gremium in der vergangenen Woche selbst beschlossen. Allerdings nur knapp: 23 Kreistagsmitglieder stimmten dafür, 20 dagegen, fünf enthielten sich.

Dass das Thema überhaupt verhandelt wurde, ist der AfD-Fraktion zuzuschreiben. Sie hatte im vergangenen Herbst gefordert, darüber im Kreistag abstimmen zu wollen. Die gesamte Fraktion spricht sich für eine Überprüfung aus. Steffen Schroeder, der Fraktionsvorsitzende, betonte dazu: „Mir geht es um Transparenz. Ich möchte wissen, mit wem ich im Kreistag sitze.“ Um die Rückgabe von Kreistagsmandeten gehe es dabei nicht, wie Schroeder ausdrücklich betonte. Tatsächlich besteht dazu keine Verpflichtung, ganz egal, was die Überprüfung ergibt.

Klar ist schon jetzt: Die Prüfung wird nicht ergebnislos sein. Gudrun Tiedge, Mitglied der Linksfraktion im Kreistag, verwies während der Debatte vor der Abstimmung auf ihre Stasi-Vergangenheit. Tiedge war in der DDR Staatsanwältin gewesen, während ihrer Schul- und Studienzeit schrieb sie Berichte als „Inoffizielle Mitarbeiterin“ (IM) für die Staatssicherheit. Nach der Wende verschwieg sie ihre Tätigkeit als IM zunächst, nach Bekanntwerden der Stasi-Mitarbeit verlor sie dann ihren Job im Justizministerium. Die heute 66-Jährige war 18 Jahre alt, als sie die IM-Verpflichtung unterschrieb.

„Das ist jetzt 48 Jahre her“, betonte Tiedge während der Debatte im Kreistag. „Es war der größte Fehler meines Lebens.“ Die Linken-Politikerin, die im Kreistag sowie im Landtag sitzt, hat schon mehrere Überprüfungen hinter sich. Sie stimmte wie die große Mehrheit ihrer Fraktion gegen eine Prüfung.

Im Kreistag hat es seit vielen Jahren keine solche Überprüfung gegeben. Zuletzt lehnten die Kreistagsmitglieder diese im Herbst 2014 ab. Auch damals war die Entscheidung knapp: 21 stimmten dafür, 23 dagegen.

In der CDU-Fraktion war bei der jüngsten Abstimmung keine einheitliche Linie zu erkennen. Einige, wie etwa der Kreistagsvorsitzende Thomas Schmette, stimmten dagegen. Andere dafür.

Claus-Christian Kühne etwa. Er verwies darauf, dass nicht jeder so offen damit umgehe wie Tiedge. „Es gibt Leute, die sagen, die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen“, betonte Kühne. Wenn einige Kreistagsmitglieder nun das sechste oder siebente Mal untersucht würden, sei das nicht schlimm, sagt der CDU-Politiker.

Auch die Grünen sprachen sich für eine Überprüfung aus. Janett Altrichter sagte: „Es geht um Aufklärung, nicht um Rache oder Vergeltung.“ Der Kreistag setze mit der Zustimmung ein Zeichen für einen ehrlichen Umgang mit der Vergangenheit, so die Grünen-Politikerin.

Komplett dafür stimmte die Fraktion der FDP, komplett dagegen die Fraktion der SPD. Bei der Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) waren die Mitglieder unterschiedlicher Ansicht.

Überprüft werden nun alle Kreistagsmitglieder, die vor 1972 geboren sind, also mindestens 18 Jahre alt waren, als die DDR aufhörte zu existieren. Sie müssen nun im ersten Schritt offenlegen, wo sie gewohnt haben. Die Stasi-Unterlagenbehörde untersucht dann in den nächsten Monaten, ob sie für die Stasi tätig gewesen sind. Daraufhin bewertet ein Sonderbeirat des Kreistages die Ergebnisse.

Die Mitglieder dieses Sonderbeirates hat der Kreistag bereits bestimmt. Die Linksfraktion hat sich daran nicht beteiligt.