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Bürgerdialog Zu Besuch bei den "Schmuddelkindern"

Am Rottmersleber Bürgerdialog der Fraktion Pro Hohe Börde des Gemeindesrates nahmen 30 Einwohner teil. Viele Themen wurden aufgenommen.

Von Christian Besecke 07.06.2018, 01:01

Rottmersleben l Die Fraktion Hohe Börde hat Station in Rottmersleben gemacht. „Beim Bürgerdialog geht es darum, die Sorgen und Nöte von Einwohnern der jeweiligen Orte zu erfahren“, sagt Mitglied Matthias Schwenke. Begonnen haben die Kommunalpolitiker ihre Rundreise durch die Ortsteile in Bebertal. Nach Rottmersleben sollen weitere Dörfer folgen.

Ortsbürgermeister Hans-Eike Weitz (SPD) moderiert das Treffen mit den Bürgern, immerhin sind knapp 30 von ihnen gekommen und sie haben so einige Probleme im Gepäck. „Es ist schon anerkennenswert, dass die Gemeinderäte den Gang zu den Schmuddelkindern der Hohen Börde angetreten haben“, schätzt Weitz ein. Damit spielt er darauf an, dass Rottmersleben einst unter Zwang in die Gemeinde aufgenommen wurde.

Auch die anderen Besucher des Bürgerdialogs lassen es an Deutlichkeit in ihrer Wortwahl nicht fehlen. „Die Hohe Börde hat uns einfach einmal nichts gebracht“, sagt Dachdecker Stefan Pasemann. „Wir fallen bei allen Ratsentscheidungen quasi hinten runter. Im Ort passiert so gut wie nichts, wenn wir das nicht selber angehen.“ Das Gemurmel im Raum verrät die Zustimmung der Bürger.

Pasemann präsentiert eine Aufzählung von Punkten, die sich verschlechtert hätten. „Die Schule ist dicht, die Einkaufsmöglichkeit geschlossen, der als Badegelegenheit genutzte Löschwasserteich am Sportplatz verkommt und darf nicht mehr genutzt werden. Die Kindertagesstätte haben wir noch in Eigenregie vor der Zwangseingemeindung gebaut“, führt auch Kurt Pasewald aus.

Außerdem sei die Lage beim Einsatz von Gemeindearbeitern problematisch. Ordnung und Sauberkeit gewährleisten zum Großteil die Bürger und der Ortsbürgermeister. Die Bauhofmitarbeiter müssten schließlich auch in den anderen Ortsteilen eingesetzt werden.

„Man sollte den Wasserkopf verkleinern und mehr Arbeiter anstellen“, lautet Pasemanns Fazit. Auch die jährliche finanzielle Pauschale für den Ortschaftsrat sei ungenügend und müsse dringend aufgestockt werden, um wenigstens etwas Handlungsfreiheit zu erhalten.

Allgemein wurde außerdem bemängelt, dass viele Pkw zu schnell in die Ortseinfahrten hineinsausen würden. Entsprechende Kontrollmaßnahmen seien empfehlenswert. Annemarie Lübke ärgert sich über das Vorgehen des Ordnungsamtes. „Ich wurde aufgefordert, den Randbereich an einem Grundstück zu säubern“, erzählt sie. „Mir wurde dabei gleich mit einer Ordnungsstrafe von 2500 Euro gedroht.“ Das sei unverhältnismäßig und ohne jegliches Fingerspitzengefühl.

Kurt Pasewald zeigt den Versammelten eine große Muschel. „Die steht eigentlich unter Naturschutz“, erklärt er. Was er dann vorbringt, klingt nach einer echten Umweltkatastrophe. „Vor einigen Jahren wurde der Teich im Olbetal abgelassen“, führt er aus. „Dabei starben Fische und andere Wassertiere einen qualvollen Tod. Das Gewässer wurde vorher nicht abgefischt.“

Er und andere Rottmersleber hätten alle nur möglichen Behörden von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt, passiert sei aber nichts. „Nicht einmal eine Erklärung, warum das geschehen ist, bekamen wir“, fügt er hinzu. An sich sei der Vorgang ein ausgewachsener Skandal, der aber scheinbar niemanden interessiere.

Der bewusste Teich war sogar von den Anglern betreut worden. Das Biotop war durch ein Wehr reguliert. Es gab hier Bänke und eine Finnhütte und die Rottmersleber und Bürger aus Nachbardörfern haben das Kleinod gepflegt. Pasewald verlangt endlich eine Aufklärung des Falls. „Es wurde ein unermessliches Kultur- und Erholungsgut mutwillig zerstört“, betont er.

Die weitere Verwendung der inzwischen geschlossenen Grundschule erhitzt ebenfalls die Gemüter. Es gebe Anstrengungen, hier vielleicht einen privaten Anbieter anzusiedeln. „Die Bemühungen dazu laufen“, bestätigt Hans-Eike Weitz.

Ortswehrleiter Thomas Brzezinski bringt den Unmut der Kameraden über den vorgesehenen Umbau des Schulgebäudes in ein neues Gerätehaus zum Ausdruck. „Das Projekt ist inzwischen mit einem Förderantrag versehen“, erklärt er. „Allerdings wird es teurer als ein genereller Neubau neben dem Sportlerheim, einmal abgesehen von Problemen, die wir bei der Ausfahrt bekommen würden.“ Die weitere Verwendung als Schule habe für ihn und die Kameraden absoluten Vorrang.

Die Kommunalpolitiker notieren sich eifrig die Probleme der Bürger. Matthias Schwenke fordert Brzezinski auf, seine Einwände zu notieren und an den Gemeinderat zu adressieren. Daenecke führt die finanzielle Situation der Gemeinde an und erklärt, dass die Mittel beschränkt seien.

Etliche Themen nehmen die Vertreter von Pro Hohe Börde mit in ihre Beratungen. „Die Erweiterung der Baugebiete sollte besprochen werden“, sagt Schwenke. „Die Ansiedlung eines Nahversorgers hat in Irxleben auch geklappt.“ Die beschriebene ökologische Katastrophe im Olbetal habe ihn persönlich betroffen gemacht. Die Ansiedlung einer privaten Schule sei ebenfalls ein Thema, welches in der Fraktion besprochen werde.