Coronavirus Mein Alltag ohne Maske

Die Maskenpflicht begleitet uns seit Monaten.Wer davon befreit ist, sieht sich Anfeindungen gegenüber.Eine Haldensleberin berichtet.

Von Theresa Schiffl 19.11.2020, 23:01

Haldensleben l Wo andere ihren Mund-Nasen-Schutz griffbereit haben, trägt Maria Müller* ein ärztliches Attest als ständigen Begleiter in ihrer Tasche. Die Haldensleberin ist von der Maskenpflicht in Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln offiziell befreit. Seit ihrer Geburt hat die 40-Jährige gesundheitliche Probleme und hört mittlerweile schlecht. Seit Einführung der Maskenpflicht gehören Anfeindungen und schiefe Blicke zu ihrem Alltag.

„Ich bin keine Maskenverweigerin, aber bekomme natürlich den Stempel aufgedrückt“, sagt sie. Maria Müller ist enttäuscht, dass man gleich in eine Schublade gesteckt werde: „Das ist Diskriminierung“, sagt sie. Anfangs habe sie ja versucht, einen Mundschutz zu tragen, aber dann bekam sie regelmäßig Panikattacken. „Ich habe keine Luft mehr bekommen“, berichtet sie. Ihr Hausarzt stellte ihr ein Attest aus, das sie von der Maskenpflicht – und damit von den Panikattacken – befreite. Eine Befreiung ist nur möglich, wenn eine Maske wegen Krankheiten nicht getragen werden kann. Dazu zählen Erkrankungen wie Asthma, Herzschwäche oder Behinderungen.

Doch für Maria Müller wurde die Situation mit Attest nicht wirklich leichter. Einkaufen und Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind für sie zum Spießrutenlauf geworden. Anfangs habe sie ohne Maske keine Probleme gehabt, sagt sie. Seit einigen Wochen habe sie jedoch das Gefühl, dass sich die Situation dramatisch zuspitze. In vielen Geschäften, in denen sie eigentlich Stammkundin ist, wird sie jetzt abgewiesen. Sogar den Supermarkt, in dem ihre Mutter arbeitet, könne sie nicht mehr betreten. Ohne Maske kein Einkauf, heißt es. Ihr Attest nützt ihr in solchen Fällen nichts, da es von manchen Filialleitern nicht anerkannt wird.

Rolf Krause arbeitet im Sicherheitsdienst vor einem Haldensleber Supermarkt. Er sagt: „Die Filialleiter machen eben von ihrem Hausrecht gebrauch.“ Sie könnten noch immer entscheiden, wer das Geschäft betreten darf oder eben nicht. Dafür hat Maria Müller zwar durchaus Verständnis, sagt aber: „Das stellt mich im Alltag vor große Hürden.“

Mittlerweile weiß sie, wo sie ohne Schwierigkeiten einkaufen gehen kann, doch das war ein Lernprozess. Die stellvertretende Filialleiterin von Netto meint: „Bei uns dürfen Menschen mit Attest einkaufen. Es nützt uns ja nichts, wenn sie im Markt umkippen.“ In manchen Geschäften gibt es sogar Verkäufer, die ebenfalls von der Maskenpflicht befreit sind und verständnisvoll reagieren. Doch bei anderen Kunden, die sich mit ihr im Markt befinden, stoße sie auf weniger Verständnis. Oft würden sie wildfremde Menschen ansprechen und fragen, warum sie denn keinen Mundschutz trage. Erst, wenn sie sich erklärt, würden die Menschen besonnen reagieren.

In den öffentlichen Verkehrsmitteln gehe der Spießrutenlauf weiter. Maria Müller ist regelmäßig mit dem Zug unterwegs. Dabei hatte sie im September ein extremes Erlebnis: Sie war auf dem Weg von Haldensleben nach Halle und musste trotz gesundheitlicher Probleme eine Maske tragen. Ebenso wie in Supermärkten hätten in der Vergangenheit manche Zugbegleiter ihr Attest nicht anerkannt.

Zuspruch bekommt sie von ihrem Partner. Außerdem kennt sie andere Betroffene, die vor ähnlichen Problemen stehen. „Eine Frau wurde sogar schon bespuckt, weil sie keine Maske trug“, erzählt sie. Der respektlose Umgang sei das Gegenteil von dem, was während der Corona-Pandemie wichtig ist, meint Müller. „Die Menschen sollten doch zusammenhalten. Gegenseitige Rücksichtnahme und Unterstützung sind gerade jetzt so wichtig.“ Sie wünsche sich, dass sich diese schroffen Umgangsformen im täglichen Miteinander ändern. Vorerst muss sie jedoch noch mit den schiefen Blicken und den verbalen Angriffen leben.

*Name von der Redaktion geändert