Musik ist die Sprache, die verbindet

Hörsingen l „Es hätten ein paar mehr Leute sein können“, sagte Heinrich Schulze, der als Gast mit Freunden einen schönen Abend im Dorfgemeinschaftshaus verbringen wollte. Und es wurde ein geselliger Abend.

Alles begann, wie so oft, mit einer Idee am Biertisch in der Dorfgaststätte. Paul Tysack verkündete sie am Rosenmontag im Jahr 1955.

Im Oktober des selben Jahres wurde die Kapelle dann gegründet. Otto Müller übernahm die Organisation, Wilhelm Braumann den musikalischen Teil. Aus dieser Zeit ist mit Günter Helmecke heute noch ein aktives Kapellenmitglied verblieben. Für ihn gab es im Saal einen donnernden Applaus und ein Ständchen: „Hoch soll er leben“.

Während sich das musikalische Repertoire ständig erweiterte, kamen die ersten Auftritte, größere waren die bei Arbeiterfestspielen, Bezirksausscheiden und Einstufungsvorspielen.

Zwischen den Moderationen, die Jens Vollmann in gekonnter Manier locker vortrug, spielten die Musiker der Blaskapelle bekannte und beliebte Melodien und Lieder.

Zu einigen Titeln steuerte Blaskapellenchef Thomas Jerchel Episoden bei. So spielten die Hörsinger den „Koburger“ Marsch unter anderem für Ralf Geisthardt, der diesen Titel zu seinen Lieblingsmelodien zählt. Vor zwei Jahren habe die Blaskapelle den Marsch für Ralf Geisthardt gespielt, der dafür prompt eine Runde spendierte – ehe er merkte, dass er ohne Portmonee aus dem Haus gegangen war. Also machte er einen Deal, ließ die Musiker zunächst selbst bezahlen und überwies dann den Betrag für die Bierrunde aufs Konto.

Zum Blaskapellenjubiläum hatte Ralf Geisthardt sein Geschenk aber mitgebracht. Gemeinsam mit Ortsbürgermeister Peter Schorlemmer gratulierte der Bülstringer zum Gründungsjubiläum.

Mit einer Abordnung war der Schützenverein Rottorf gekommen. Vor 20 Jahren sprangen die Hörsinger dort als Aushilfe ein, daraus entstand dann eine lange Partnerschaft, die an diesem Abend mit einem „Flachgeschenk“ besiegelt wurde. Auch der Schützenverein Hörsingen, die freiwillige Feuerwehr und der Karneval kamen zum Gratulieren.

Zum 10-jährigen Bestehen im Jahr 1965 kamen mit Fritz Schulze und Dieter Breitenfeld zwei neue Mitglieder hinzu. Beide zählen mit heute 50-jähriger Mitgliedschaft zu den Urgesteinen der Blasmusik.

Während dieser Zeit hatte die Kapelle zahlreiche Auftritte bei Volksfesten und anderen Veranstaltungen. Mit ihren musikalischen Leistungen wurde sie 1977 „Ausgezeichnetes Volkskunstkollektiv“.

1983 wurde die Formation umbenannt in Blasorchester des Staatlichen Forstbetriebes Flechtingen. Neuer musikalischer Leiter wurde Fritz Jerchel, unterstützt durch Korvettenkapitän a.D. Erwin Wichate. Ein Höhepunkt im Vereinsleben wurde 1984 die Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis.

Nur ein Jahr später erhielt die Blaskapelle das Einstufungs-Diplom „Sehr Gut“. Ein Jugendblasorchester als Nachwuchsformation entstand.Zum 65. Geburtstag von Erwin Wichate wurde 1985 eine Geburtstagsfahrt nach Stralsund organisiert. Eine Begegnung mit Erich Honecker gab es im November 1987. Vor mehr als 100 Diplomaten aus 76 Ländern trat das Blasorchester bei einer Staatsjagd auf.

Die Ära des gemeinsamen Deutschland wurde am 18. November 1989 mit einem unvergessenen Auftritt zur Grenz-öffnung zwischen Weferlingen und Grasleben besiegelt. Im Jahr darauf konnten sich die Hörsinger Musiker auf dem Domplatz in Magdeburg Bundeskanzler Helmut Kohl bei einer Wahlkundgebung musikalisch vorstellen.

Seit 1955 waren die Musiker aus dem Karneval in Hörsingen musikalisch nicht wegzudenken, doch nach 1989 trat eine Pause ein, die 5. Jahreszeit wurde anderweitig umrahmt. Seit 2010 allerdings sind die Blasmusikanten wieder mitten im Karneval angekommen, sind den Jecken eine wichtige Stütze. Kein Wunder, ist doch Thomas Jerchel auch mit dem Karneval untrennbar verbunden. Mit dem Titel „Gardeoffizier“ machten die Hörsinger am Geburtstagsabend dem Karneval ihre Aufwartung.

2005, im Jahr des 50. Bestehens der Kapelle, erfolgte im September auch die musikalische Umrahmung zur Einweihung der Mahn- und Gedenktafel für Gefallene der beiden Weltkriege. Viel zu tun hatten die Hörsinger Musikanten im Jahr 2012, dem Jahr, wo Hörsingen das 900-jährige Bestehen feiern konnte. Ihren Feiergästen aus dem Blue Lake Fine Arts Camp in Michigan/USA zeigten die Bläser ihr musikalisches Repertoire. Zahlreiche weitere Auftritte führten beispielsweise zu Schützenfesten nach Papenrode und Rottorf, auf das Ausflugsschiff „Haldenslebener Roland“ und zum Altstadtfest nach Haldensleben. Bei allen Höhen und Tiefen verbindet die Musiker bis heute eine tiefe Verbundenheit, denn Musik ist nun einmal die Sprache, die verbindet, die jeder versteht und die weltweit überall gleich ankommt.