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Rathaus-Streit Ermittlungen sind abgeschlossen

Seit zwei Jahren ist Haldenslebens Bürgermeisterin vorläufig suspendiert. Das gegen sie laufende Disziplinarverfahren ist weiter offen.

Von André Ziegenmeyer 02.02.2019, 00:01

Haldensleben l Nach Informationen der Volksstimme ist das Verfahren gerade in einer wichtigen Phase: Die Ermittlungen sind abgeschlossen, die Nachermittlungen auch. Aller Voraussicht nach wird der Stadtrat in den kommenden Wochen entscheiden, wie es weitergehen soll. Denkbar sind verschiedene Varianten. Kommt der Rat zu dem Urteil, dass die Vorwürfe gegen Regina Blenkle unbegründet waren, kann er das Disziplinarverfahren und die vorläufige Suspendierung beenden. Dafür bräuchte es einen Aufhebungsbeschluss.

Auf der anderen Seite sind verschiedene Sanktionen denkbar: etwa ein Verweis oder eine Gehaltskürzung. Nicht zuletzt kann der Rat auch Disziplinarklage erheben - mit dem Ziel, Haldenslebens Bürgermeisterin Regina Blenkle (FUWG) dauerhaft ihres Amtes zu entheben. Hinter allen Beteiligten liegt ein langer Weg.

Zur Erinnerung: Regina Blenkle wurde im Frühjahr 2015 zu Haldenslebens Bürgermeisterin gewählt. Ihre Vereidigung erfolgte am 7. Juli. Im November 2015 beschloss der Stadtrat, ein Disziplinarverfahren gegen sie einzuleiten. Aufgrund eines Fehlers musste dieser Beschluss im März 2016 wiederholt werden. Zunächst ging es um fünf Vorwürfe. Mittlerweile sind es 26. Dazu gehören unter anderem umstrittene Personalentscheidungen und Verstöße gegen das Kommunalverfassungsgesetz. Außerdem soll die Bürgermeisterin Beschlüsse des Rates nicht umgesetzt haben.

Am 2. Februar 2017 beschloss der Rat die vorläufige Suspendierung Blenkles. Den Antrag dazu hatten die Fraktionen von CDU, Linke und SPD gestellt. Bei der Begründung verwies der Stadtratsvorsitzende Guido Henke (Linke) auf das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt. Demnach ist eine vorläufige Dienstenthebung möglich, wenn in einem Disziplinarverfahren „voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird“. Sie kann außerdem erfolgen, wenn durch das „Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden (…)“. Die Amtsgeschäfte übernahm die stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Wendler.

Regina Blenkle setzte sich juristisch zur Wehr. Zunächst vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg, dann vor dem Oberverwaltungsgericht. Sie wandte sich sogar an das Bundesverfassungsgericht. Ohne Erfolg. Im Januar 2019 bestätigte das Oberverwaltungsgericht erneut, dass die Suspendierung rechtmäßig sei.

Dass sich alles so lange hinzieht, war offensichtlich nicht geplant. Eine Mitarbeiterin des Innenministeriums hatte in der Vergangenheit mitgeteilt, dass das Disziplinarverfahren ursprünglich im Juni 2017 abgeschlossen werden sollte. Doch dazu kam es nicht. Mehrere Faktoren trugen dazu bei.

Die erste Ermittlungsführerin erkrankte langfristig. Die Suche nach einer Nachfolgerin zog sich hin. Anschließend musste sich die zweite Ermittlungsführerin einarbeiten. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte sie ihre Ermittlungen beendet und legte einen Bericht vor. Darin nannte sie weitere Gründe für die lange Dauer: Mehr als ein Jahr lang seien immer neue Vorwürfe vorgebracht worden. Sie waren Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen. Nicht zuletzt, so der Bericht, habe Regina Blenkle die Ermittlungen behindert. Beispielsweise habe die Bürgermeisterin angeordnet, dass der Ermittlungsführerin die Einsicht in Akten untersagt wurde. Auch bei Gesprächen mit Zeugen habe es Schwierigkeiten gegeben. Viele hätten sich angesichts einer Vernehmung im Beisein Regina Blenkles „überaus besorgt“ gezeigt. Belastendes hätten sie „mit erheblichen Ängsten vor einer Reaktion der Bürgermeisterin“ vorgetragen, heißt es in dem Bericht.

Letztlich kam die Ermittlungsführerin zu dem Schluss, dass sich fast alle Vorwürfe bestätigt hätten. Laut Bericht habe sich die Bürgermeisterin „wissentlich und willentlich über die Regeln des konstruktiven Miteinanders“ mit dem Rat hinweggesetzt und mehrfach ihre Dienstpflichten verletzt. Mit der Aufgabe, Recht und Gesetz zu wahren, sei Blenkle „offensichtlich überfordert“ gewesen.

Letztlich legte die Ermittlungsführerin eine Amtsenthebung der Bürgermeisterin nahe. Doch auch beim Stadtrat sah sie eine Mitschuld. Die Fronten seien von Anfang an verhärtet und viele Mitglieder voreingenommen gewesen. „Ein wenig mehr Entgegenkommen“ des Stadtrates nach Blenkles Amtsantritt wäre laut dem Bericht „wünschenswert“ gewesen.

Das Ende dieser Ermittlungen brachte aber noch keinen Abschluss. Der Rechtsanwalt von Regina Blenkle forderte nach Informationen der Volksstimme umfangreiche Nachermittlungen. Um dem nachkommen zu können, musste die Ermittlungsführerin zunächst bei ihrer eigentlichen Arbeitsstelle, dem Innenministerium, freigestellt und zurück nach Haldensleben beordert werden.

Das ist geschehen. Auf Nachfrage teilte das Innenministerium mit: „Die Abordnung der Beamtin an die Stadt Haldensleben wurde nach dem Abschluss der Nachermittlungen beendet.“ Nach Recherchen der Volksstimme legte die Ermittlungsführerin einen neuen Bericht vor. Das Verwaltungsgericht informierte jedoch, dass dort noch keine Disziplinarklage anhängig sei. Nach dem im Disziplinargesetz festgelegten Ablauf eines Disziplinarverfahrens muss sich der Stadtrat genau zwischen diesen Schritten befinden.

Stadtverwaltung und Stadtratsvorsitzender lehnten eine Stellungnahme ab. „Der Stadtrat als Dienstvorgesetzter der Bürgermeisterin führt das Verfahren. Insofern ist die Verwaltung nicht befugt, hier entsprechende detaillierte Auskünfte zu erteilen“, hieß es aus der Pressestelle des Rathauses. Guido Henke erklärte: „An dem Verfahren wird gearbeitet.“ Das Innenministerium wollte sich nicht im Detail äußern.

Klaus Herrmann als Rechtsanwalt Regina Blenkles ging auf die Frage der Volksstimme nicht ein. Stattdessen verwies er auf eine Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes. Diese bezieht sich auf ein anderes Disziplinarverfahren. Das Gericht führt aus, dass auf Verstöße zeitnah mit Disziplinarmaßnahmen reagiert werden müsse. Das könne auch schrittweise erfolgen. Wörtlich heißt es: „Unterbleibt dies, ist das bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen.“ Nach Interpretation des Anwaltes bedeutet das, dass eine Entfernung Blenkles aus ihrem Amt als besonders schwere Disziplinarmaßnahme nicht mehr in Betracht komme.