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Sanierung Fachwerkhaus im historischen Kleid

Ein frisch saniertes Fachwerkhaus schmückt die Dorfstraße in Lössewitz. Der Eigentümer hat das Herrenhaus zu neuem Leben erweckt.

Von Anett Roisch 01.10.2020, 01:01

Lössewitz l An der Dorfstraße mitten in Lössewitz bekommt das Fachwerkgemäuer mit der Hausnummer 8 eine Schönheitsbehandlung. Die Fachwerkfassade wurde nicht nur saniert, sondern auf den Balken wird auch der Schriftzug Buchstabe für Buchstabe in altdeutscher Schrift nachgemalt.

Meister im Malerhandwerk ist Bernd Paasche. Vom Baugerüst aus ist der Malermeister aus Haldensleben fast eine Woche lang damit beschäftigt, die Schrift mit weißer Acrylfarbe nach altem Vorbild wieder zum Leben zu erwecken. „Es ist eine langwierige Sache, aber es macht Spaß“, gesteht der Malermeister, der gemeinsam mit seinem Bruder einen Betrieb mit drei Angestellten führt. Die Schrift auf dem braunen Holz ist ein Relief. Dort, wo einige Balken erneuert wurden, ist auch die Schrift rekonstruiert. Auf dem langen Balken an der Straßenseite ist zu lesen: „Bis hierher ist durch deine Macht der Bau mit Ruh und Schweiß vollbracht...“ Am Balken steht auch, dass das Haus am 2. April 1841 abgebrannt war. Christian Bethge und seine Ehefrau Anne-Elisabeth, geborene Fehsen, hatten es am 17. September 1841 wieder fertig aufgebaut.

Werner Rödelbronn ist nun der Besitzer des Bauernhofes. „Es war ein ehemaliger Hof mit 67 Hektar Eigentum an Land. Zu DDR-Zeiten mussten die Großbauern ihre Landwirtschaft an die LPG abgeben. Obwohl diese Grundstücke teilweise vernachlässigt wurden, war dieser Hof mit den vielen Stallungen im Fachwerkstil insgesamt noch gut erhalten“, beschreibt Rödelbronn.

1999 hatten die damaligen Besitzer den Dachstuhl saniert und neu gedeckt. „Durch einen Todesfall in der Familie konnte ich das Haus 2015 erwerben. Mein Anliegen ist es, dieses wunderschöne Herrenhaus zu erhalten“, sagt Rödelbronn. Mittlerweile habe er sich in das Bauernhaus verliebt. Obwohl er in Ahlen geboren wurde und dort lebt, habe er jetzt Lössewitz zu seiner Wahlheimat gemacht und sich bereits umgemeldet. Das Schöne an der ländlichen Region sei auch, dass die Infektionszahlen der Corona-Pandemie im Vergleich zu den westlichen Metropolen so gering sind. Gut könne er sich vorstellen, seinen Lebensabend in Lössewitz zu verbringen. Genügend Platz bietet der Hof. Rundum zufrieden mit ihrem Leben auf dem Lande sind auch Karen Pürst und ihr Lebensgefährte Maik Schulz. Das Paar wohnte zuvor in Eickendorf und lebt nun seit vier Jahren als Mieter im Fachwerkhaus in Lössewitz.

Karen Pürst züchtet leidenschaftlich gern Enten und Hühner und stellt auch als Mitglied im Rassegeflügelzuchtverein „Roland“ Haldensleben ihre Tiere aus. Besonders stolz ist die Züchterin auf ihre Enten der Rasse Silver Appleyard. „Das ist eine englische Zweinutzungsrasse. Als Zweinutzungsrasse werden in der Landwirtschaft Haustierrassen, die nicht einseitig auf ein Leistungsmerkmal gezüchtet sind, bezeichnet“, erklärte Karen Pürst.

Tiere scheinen sich auf dem Bauernhof besonders wohl zu fühlen, denn seit den 30er-Jahren ziehen die Störche im Nest auf dem Dach der Scheune des Bauernhofes ihre Jungen groß. Nach der Bilanz im Altkreis Haldensleben, in der Bruno Weber und Peter Loskarn die Statistik führten, war das kleine Lössewitz bei den Störchen am beliebtesten. In über 60 Jahren sind laut Aufzeichnungen der beiden Storchenfreunde über 150 Jungstörche herangewachsen.

Auch in diesem Jahr hat Familie Storch vier Küken aufgezogen. „Auf den Wiesen rund um Lössewitz finden die Weißstörche reichlich Futter zum Fressen“, weiß Karen Pürst. Die Alt- und Jungstörche sind nun in Richtung Süden unterwegs. Daheim bleiben indessen die Sittiche, die auf der Terrasse im Innenhof gut geschützt die frische Landluft genießen. Als Untermieter in der Vogelvoliere wohnen Wachteln.

„Die Leute im Dorf sind begeistert, dass das Haus wieder schön gemacht wird. Viele ziehen nach“, schwärmt die Lössewitzerin.