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Stadtrat Versetzung sorgt für Ärger

Reinhard Schreiber sitzt im Haldensleber Stadtrat. Außerdem ist er bei der Stadtverwaltung angestellt. Nun soll er sein Mandat aufgeben.

Von Julia Schneider 17.05.2018, 01:01

Haldensleben l Reinhard Schreiber sitzt seit vier Jahren im Haldensleber Stadtrat. Im Mai 2014 war der Haldensleber in das Gremium gewählt worden – damals noch mit CDU-Parteibuch. Ein Jahr später wechselte er allerdings zur Bürgerfraktion. Grund dafür waren Querelen innerhalb des CDU-Stadtverbandes. Reinhard Schreiber sei damals unter anderem parteischädigendes Verhalten vorgeworfen worden. Er war im November 2014 vom Stadtverband nicht als Bürgermeisterkandidat nominiert worden. Die Christdemokraten hatten sich für den parteilosen Henning Konrad Otto entschieden. Daraufhin war Schreiber als Einzelkandidat ins Rennen gegangen, nicht zuletzt auch auf Empfehlung aus CDU-Kreisen. Bei einigen Parteikollegen stieß das aber nicht auf Gegenliebe.

Schreibers weitere Mitgliedschaft im Haldensleber Stadtrat steht nun auf wackeligen Beinen. Ob bei ihm ein Hinderungsgrund vorliegt, soll am heutigen Donnerstag der Hauptausschuss des Stadtrates beraten. Am 7. Juni sollen schließlich die Stadträte darüber entscheiden. Der Grund: Reinhard Schreiber wurde innerhalb der Stadtverwaltung am 18. April auf eine neue Stelle gesetzt. Seitdem bekleidet er das Amt des Citymanagers, sitzt nun im Rathaus „in der Kernverwaltung“, wie es aus der Stadtverwaltung heißt. Beschäftigte, die in der Kernverwaltung tätig sind, können allerdings nicht gleichzeitig Mandatsträger sein – so ist es im Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt festgelegt (siehe Infokasten). Bisher war Schreiber kein Mitarbeiter in der Kernverwaltung, sondern arbeitete seit 2016 in der Haldensleber Kulturfabrik.

Schon diese Anstellung barg Brisanz in sich. So wurde Schreiber zum 1. April 2016 von der heute suspendierten Bürgermeisterin Regina Blenkle eingestellt, saß als Sachbearbeiter der Abteilung Kultur direkt im Rathaus. Kurz nach seinem Arbeitsbeginn in der Stadtverwaltung hieß es, Schreibers neuer Job würde mit seiner Tätigkeit als Stadtrat kollidieren. Dabei hatte sich Schreiber nach eigener Aussage vor Antritt seiner Stelle im Rathaus informiert. „Dort sagte man mir, ich könne weiterhin Stadtrat sein. Sonst hätte ich die Stelle nicht angetreten“, sagt er. Noch bevor der Stadtrat damals einen Hinderungsgrund prüfen konnte, wurde Reinhard Schreiber von Blenkle in die Kulturfabrik versetzt, war also auf einen Schlag kein Mitarbeiter der Kernverwaltung mehr, sondern der einer nachgeordneten Einrichtung. Ein Hinderungsgrund lag somit nicht mehr vor.

Die Stelle in der Kulturfabrik, so erläutert Stadt-Pressesprecher Lutz Zimmermann, sei jedoch nie im Stellenplan der Stadt vorgesehen gewesen. „Durch den Stadtrat wurde mehrfach bemängelt, dass Herr Schreiber in der Kulturfabrik ohne Vorhandensein einer Stelle tätig sei. Auch die Kommunalaufsicht war mit einer Verfügung vom 10. Januar 2018 dieser Ansicht gefolgt“, so Zimmermann.

Die Stadt Haldensleben habe deshalb bereits seit längerer Zeit versucht, Reinhard Schreiber auf eine vorhandene freie Stelle in der Verwaltung zu setzen. „Zunächst war keine gleich vergütete Stelle innerhalb der Verwaltung frei“, erklärt Zimmermann. Mit einem Beschluss des Stadtrates, im Rahmen des Projektes Zentrumstraining einen Citymanager einzustellen, habe sich dann aber diese Möglichkeit aufgetan. Während das Zentrumstraining über Fördermittel finanziert wird, wurde für den Citymanager per Beschluss Geld in den Stadthaushalt eingestellt. Grundsätzlich – so erklärt Lutz Zimmermann, warum die Stelle des Citymanagers nicht öffentlich ausgeschrieben wurde – könne jeder Mitarbeiter des Verwaltungsdienstes Tätigkeiten in allen Sachgebieten seiner Vergütungsstufe ausüben. Deshalb sei es legitim gewesen, Reinhard Schreiber die Stelle zu geben.

Dieser sieht die Angelegenheit jedoch ganz anders. Bereits im März habe Sabine Wendler als stellvertretende Haldensleber Bürgermeisterin mit ihm ein Gespräch geführt, sagt Schreiber. Darin sei ihm gesagt worden, dass er wieder in die Kernverwaltung zurück versetzt werden soll. „Ich habe daraufhin klar gemacht, dass ich mein Stadtratsmandat nicht verlieren möchte, dass ich meine Tätigkeit in der Kulturfabrik weiter ausüben will“, berichtet Reinhard Schreiber. Auch schriftlich habe er dies noch einmal bekräftigt. Trotzdem sei er am 16. April über seine Umsetzung informiert worden. Schon zwei Tage später trat Schreiber seine neue Stelle an. Das hätte nicht passieren dürfen, sagt nicht nur Reinhard Schreiber selbst, sondern auch Mitglieder der Bürgerfraktion sowie Mitglieder von Die Fraktion im Stadtrat. Sie verweisen auf Paragraf 43 der Kommunalverfassung über die Rechtsstellung der Mitglieder in einer Volksvertretung. „Kein Bürger darf daran gehindert werden, (...) das Amt eines ehrenamtlichen Mitglieds der Vertretung auszuüben. Eine (...) Versetzung an einen anderen Beschäftigungsort und jede sonstige berufliche Benachteiligung (...) sind unzulässig“, heißt es darin.

Auslegungssache sei laut Reinhard Schreiber auch der Begriff der Kernverwaltung. „Meiner Meinung nach definiert sich Kernverwaltung nicht nach Adresse, dem Gebäude oder über eine Stelle, die der Bürgermeisterin zugeordnet ist“, erläutert er. Ob ein Stadtrat an der Ausübung seines Mandates gehindert wird, liege vielmehr daran, ob er in der Verwaltung eine Pflichtaufgabe oder eine freiwillige Aufgabe der Stadt übernehme. „Der Citymanager ist keine Pflichtaufgabe der Stadt, deshalb liegt auch kein Hinderungsgrund vor“, so Schreiber. Die Begründung der Stadtverwaltung für seine Versetzung ins Rathaus akzeptiert er nicht.

Für ihn steht fest, dass politische Gründe für seine Versetzung ausschlaggebend seien. Verliert er nämlich tatsächlich sein Stadtratsmandat, wird nicht die Bürgerfraktion, sondern die CDU einen Nachrücker in den Stadtrat stellen. Genau das, so sagt Schreiber, würden die Fraktionen CDU, Linke und SPD wollen. Mitglieder von Die Fraktion und Bürgerfraktion sind der Überzeugung, dass CDU, SPD und Linke gern einen Abwahlantrag gegen die derzeit suspendierte Bürgermeisterin Regina Blenkle in den Stadtrat einbringen wollen. Mit dem Ausscheiden Schreibers und einem CDU-Nachrücker würde sich das Stimmenverhältnis zugunsten von CDU, SPD und Linke verbessern.

Dass die Stadtverwaltung Reinhard Schreiber wegen dieser Gründe umgesetzt hat, verneint Lutz Zimmermann entschieden. Seine Stelle habe einfach nicht existiert, deshalb sei eine andere gesucht und nun gefunden worden.

Schreiber hat sowohl beim Arbeitsgericht als auch beim Verwaltungsgericht Klage gegen seine Umsetzung und die damit verbundene Herstellung eines Hinderungsgrundes eingereicht. Eine einstweilige Verfügung, die er am Dienstag vor dem Arbeitsgericht Magdeburg gegen seinen neuen Posten erwirken wollte, wurde abgelehnt. Das Gericht, so erläutert Gerichtsdirektor Udo Köster, habe keine Eilbedürftigkeit in der Angelegenheit erkennen können, weil der Haldensleber Stadtrat noch nicht über den Hinderungsgrund entschieden hat. Zunächst solle das Urteil des Verwaltungsgerichts in dem Fall abgewartet werden, so Köster.

Reinhard Schreiber möchte unterdessen nur Klarheit haben. Momentan, so sagt er, sei seine Stelle noch unbewertet, das heißt, dass sein Tätigkeitsfeld noch nicht einmal feststeht. „Ich stelle mich gerne den Aufgaben des Citymanagers. Ich möchte nur wissen, was Recht und was Unrecht ist und ich möchte mein Stadtratsmandat nicht verlieren“, sagt der Haldensleber.