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Zapfsäulen-Abbau Den Autos geht das Erdgas aus

Für die Benutzer von Erdgas-Autos gibt es in Haldensleben und Umgebung nur eine Zapfsäule. Sie wird Ende des Jahres abgebaut.

Von Martin Walter 03.11.2017, 00:01

Haldensleben l Antje Krecher schraubt den Einfüllstutzen auf und hält die Zapfpistole hinein. Das einzige, was den Tankvorgang von einer Betankung mit Benzin oder Diesel unterscheidet, ist, dass sie das Auffüllen durch einen Knopfdruck startet. Denn Antje Krechers Auto fährt mit Erdgas. Dass sie diesen Treibstoff in Haldensleben erhält, hat jedoch bald ein Ende.

Der Betrieb der Erdgaszapfsäule an der Total-Tankstelle in der Gerikestraße wird am 31. Dezember eingestellt. „Das geschieht ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen. Die Einnahmen stehen in keinem Verhältnis zu den Betriebskosten. Für das laufende Jahr rechnen wir durch die Erdgaszapfsäule mit einem Verlust im mittleren fünfstelligen Bereich“, erklärt Antje Streck, Pressesprecherin der Stadtwerke Haldensleben, die die Zapfsäule unterhalten.

Seitens der Stadtwerke bedauere man den Wegfall des Angebots, welches seit 2002 besteht, sehr, sehe jedoch auch keine Alternative. „Als wirtschaftendes Unternehmen müssen wir diese Maßnahme ergreifen. Das sind wir der Kommune als unserem Gesellschafter schuldig“, so Streck.

Ein Grund für den Nachfrageeinbruch liege indes im Wegfall eines Großkunden, nämlich der Verkehrsgesellschaft BördeBus. „Ein kleiner Teil unseres Fuhrparks bestand aus erdgasbetriebenen Bussen. Diese wurden altersbedingt in den letzten Jahren außer Betrieb genommen“, war dazu von der Geschäftsführerin Dorita Erdmann zu erfahren.

Die Schließung betrifft nun also vornehmlich Privatkunden. 1199 zugelassene Fahrzeuge mit einem Gasantrieb gibt es im Landkreis Börde, wie dessen Pressesprecher Uwe Baumgart mitteilt. In dieser Anzahl enthalten sind neben reinen Erdgasautos jedoch auch Fahrzeuge, die mit Auto- und Flüssiggas betrieben werden sowie Hybridvarianten. Die unterschiedlichen Gasantriebe sind untereinander nicht kompatibel. Gemein ist ihnen lediglich, dass sie über einen geringeren Kohlenstoffdioxid-Ausstoß als die konventionellen Flüssigtreibstoffe Benzin und Diesel verfügen. Der Verkehrsclub Deutschland sieht die Gasantriebe deshalb als empfehlenswerten Zwischenschritt, bis die emissionslose Elektromobilität voll ausgereift ist.

Antje Krecher nennt ein Hybridmodell ihr Eigen. Neben der höheren Umweltverträglichkeit war für die Haldensleberin eines der ausschlaggebenden Kaufkriterien die Möglichkeit, in ihrer Heimatstadt Erdgas tanken zu können. Das ist bald passé. „Wo wollen wir eigentlich hin? Sollte eine bestehende Infrastruktur kurzfristig aufgegeben werden, um sie mittel- oder langfristig wieder neu aufzubauen?“, fragt Krecher und fügt hinzu: „Das wäre doch erst recht unwirtschaftlich“.

Auch seitens der Total-Tankstelle findet man den Wegfall der Zapfsäule bedauerlich. Seitdem die Bördebusse nicht mehr dort tanken, sei die Kundschaft fast vollständig weggebrochen. Weiter wollte man sich zu der Thematik jedoch nicht äußern.

Obwohl der Kummer bei allen Beteiligten groß ist, scheint die Schließung unausweichlich. Das bedeutet für die Kunden aus Haldensleben und Umgebung weite Wege, um zu tanken. Die nächsten Tankstellen, die Erdgas anbieten, befinden sich über 30 Kilometer entfernt in Magdeburg, Oschersleben und Gardelegen.

„Das Erdgas-Tankstellennetz ist wirklich nicht sehr dicht gestrickt. Umso enttäuschender ist es, dass nun zum Ende des Jahres die Zapfsäule in Haldensleben schließen soll. Wir müssen unsere Fahrten künftig also besser planen und tanken, wenn wir gerade in Magdeburg sind“, sagt Krecher wehmütig.