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Katastrophenforschung Bei Katastrophen im Kreis Stendal zählen schnelle Informationen

Das Elbe-Hochwasser im Kreis Stendal und Erfahrungen nach zehn Jahren in Sandau sind für ein Lehrforschungsprojekt in Berlin gefragt.

Von Max Tietze Aktualisiert: 09.09.2023, 00:39
Das Forschungsprojekt  der Freien Universität Berlin zur Hochwasserkatastrophe 2013 lud in Sandau und  in weiteren Orten im Elb-Havel-Winkel zum Erfahrungsaustausch ein.
Das Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin zur Hochwasserkatastrophe 2013 lud in Sandau und in weiteren Orten im Elb-Havel-Winkel zum Erfahrungsaustausch ein. Foto: Max Tietze

Sandau - Das Elbe-Havel-Land mit seinen Erfahrungen aus der Hochwasserkatastrophe von 2013 ist Mittelpunkt des Lehrforschungsprojektes mit Studierenden der Freien Universität Berlin. Bei der Gruppendiskussion in Sandau ging es um die langfristigen Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Aus Berlin waren Dozent Daniel Lorenz und vier Studierende in den Elb-Havel-Winkel bei Stendal gekommen.

Daniel Lorenz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Katastrophenforschungsstelle Berlin. Im Rahmen des Forschungsprojektes soll analysiert werden, was passiert direkt nach solch einem Ereignis wie dem Hochwasser mit Deichbruch 2013. Wie sieht die Situation drei Jahre später aus und jetzt nach zehn Jahren? Wie wird darüber geredet? Zusammen mit Einwohnern aus Sandau blickten Forschungsmitarbeiter auf Hochwassererlebnisse zurück.

Bei vielen waren beide Hochwasser, von 2002 und von 2013, präsent, wofür Sandsäcke gefüllt wurden. 2013 waren so gut wie alle Menschen im Elbe-Havel-Land betroffen. Das Wasser der Elbe suchte sich ab Fischbeck wieder das alte Flussbett. Damals Verantwortliche erinnern sich noch heute an schlaflose Zeiten und bewegende Momente. Jeder, der irgendwie laufen konnte, half beim Sandschippen oder war als Deichwache dabei. Selbst wer schlecht zu Fuß war, legte dann halt eine Etappe mit dem Fahrrad zurück. Wichtig war, ein Auge für die Problemstellen im Deich zu haben. Für Sandauer, die in dem Ort von Kindesbeinen an zu Hause sind, erscheinen Hochwasser als etwas Normales.

Informationen gegen Angst

2002 und 2013 waren extreme Situationen. Aus heutiger Sicht ist es äußerst wichtig, alle Bürger zu informieren. Jeder wollte damals erfahren, wie die Lage ist? Mit dem Wissen um die Dinge kommt auch das Vertrauen der Bevölkerung. Warum werden Maßnahmen angeordnet, was ist das Ziel? Ist es überhaupt nötig? Mit den Informationen werden die Gefahren nicht beseitigt, aber nicht unnötig Ängste erzeugt oder die Angst wird genommen.

Das Beispiel mit Lageplänen und Höhenangaben macht es deutlich. Bekommen Hausbesitzer die Auskunft, das Haus steht in Höhe „x“ und das Wasser wird voraussichtlich Höhe „y“ erreichen, ist am Ende überhaupt nichts nötig. Andererseits lässt sich genau der Bereich eingrenzen, der vor Wassermassen geschützt oder evakuiert werden muss. 2013 gab es erst durch die Bundeswehr entsprechende Informationen und Karten.

Interessant ist hier der Blick in die Geschichte, warum Kirchen meistens der am höchsten gelegene Punkt im Ort sind. Auch in früheren Jahrhunderten gab es oft schwerwiegende Hochwasserereignisse, Deichbrüche verursachten oft schwere Schäden.

Aus Einwohnersicht war 2013 die Hilfe etwas schleppend angelaufen. Das könnte durch bessere Vorbereitung oder Planung, was wie und wann bei welchen Ereignissen passieren muss, anders organisiert werden. In Sandau ist eine Wasserwehr entstanden, eine der aktivsten in der Verbandsgemeinde vom Elbe-Havel-Land. Regelmäßige Deichkontrollen gehören zu den wichtigsten Vorsorgemaßnahmen.

Anhand von Fragebögen wurde analysiert, wie die Arbeit von Feuerwehr, Hilfsorganisationen, Kirche, Vereinen, Gemeinde und Stadt wahrgenommen wurde. Wie war der Zusammenhalt damals in der Extremsituation? Die Menschen wissen, im Notfall ist die Hilfe vor Ort schneller organisiert. Als positiv wurden die Maßnahmen für den Deichbau mit der Erhöhung und verbesserten Zufahrtswegen eingeschätzt, auch wenn die Landschaft dadurch ein neues Bild bekommt.

Nachdem bereits viele Abschnitte des Elbdeiches saniert  sind, wird noch zwischen Sandau und Havelberg gearbeitet.
Nachdem bereits viele Abschnitte des Elbdeiches saniert sind, wird noch zwischen Sandau und Havelberg gearbeitet.
Foto: Max Tietze

Wie geht es weiter?

Dozent Daniel Lorenz erzählt: „Für die Studierenden ist diese Arbeit vor Ort ein Lehrforschungspraktikum. Wir sind froh, dass die Universität und alle Beteiligten hier in der Region diese praktische Erfahrung für die jungen Leute möglich macht. Finanzielle Mittel für solche Arbeiten sind nicht im großen Ausmaß vorhanden. Die jungen Leute werden einen Forschungsbericht erstellen. Auch wenn in den anderen Orten jetzt nicht so viele Teilnehmer bei den Diskussionsabenden waren, gab es sehr gute, intensive Gespräche.“ Das Projekt ist ein beidseitiger Gewinn, die Ausbildung wird unterstützt.

Die Verbandsgemeinde und der Landkreis Stendal werden ebenso von der Wissenssammlung profitieren. Denn so kann man erkennen, welche Maßnahmen für langfristige Erfolge stehen oder wo Verbesserungen nötig sind. In Sandau ging der Dank auch an den Förderkreis der Kirche, der diese Veranstaltung unterstützte. Das Hochwasser und die Folgen in der Region werden Forschungsthema bleiben.