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Tischlerfirma Handarbeit bürgt für Qualität

05.04.2021, 13:49

Dieter HaaseHavelberg

Es gibt nicht mehr viele Betriebe in Havelberg, die die Wende vor mehr als 30 Jahren überlebt haben und jetzt in der Marktwirtschaft weiter bestehen. Sie lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Hapo (ehemals Polstermöbel) und die Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH (LIA) gehören dazu. Und auch die Tischlerei Holz und Glas, die ihren Namen seit ihrer Gründung als Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) - das war am 18. Dezember 1959 - behalten hat. Der Betrieb besteht somit schon im 62. Jahr.

Mit 40 noch ein junger Chef

„In Rente schicken möchte ich die Firma aber noch lange nicht“, hat sich Inhaber Ronny Ladwig fest vorgenommen. Sein Ziel: „Ich hoffe, dass sich später vielleicht ein junger Meister aus der Werkstatt findet, der die Tischlerei dann nach meinem Ausscheiden weiterführt.“ Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte allerdings noch viel Wasser die Havel entlangfließen. Denn der Tischler Ronny Ladwig ist mit seinem Alter von 40 Jahren noch ein recht junger Chef. Vor fünf Jahren hat er diese verantwortungsvolle Aufgabe von dem erfahrenen Meister Klaus Rietzschel, auf dessen Unterstützung er sich auch heute noch verlassen kann, übernommen.

Seit 1970 am heutigen Standort

An seinem heutigen Standort in der Wilsnacker Straße befindet sich der Traditionsbetrieb seit 1970. Vorher bestand die PGH Holz und Glas aus einem Zusammenschluss der Glaserei Lippstreu - Glasermeister Alfred Lippstreu war auch der erste Vorsitzende der PGH - sowie der Tischlerbetriebe von Walter und Willi Stamer, von Fritz Bartels, Johannes Bartels (alle Havelberg) und Walter Schenk aus Sandau. 1970 zählte die PGH 52 Mitglieder, die zu DDR-Zeiten immer sehr viele Aufträge abzuarbeiten hatten. Unter anderem gehörte auch der Sargbau dazu, denn ein Bestandteil der PGH war viele Jahre lang das Bestattungswesen.

Fertigung aus Kunststoff und Holz

Seit 1990 fertigt die Firma auch Fenster mit Kunststoffrahmen. Da in der Region jedoch auch viele denkmalgeschützte Gebäude zu finden sind, werden Holzfenster weiterhin benötigt und produziert. Mit der Wende gab es einige Umfirmierungen, bevor der Havelberger Klaus Rietzschel im Jahr 2007 „Holz und Glas“ als GmbH übernahm. Seit 2016 leitet der Schönhauser Ronny Ladwig die Firma. Der gelernte Tischler machte seine Ausbildung in Fischbeck und arbeitete danach als Produktionsleiter, mit 30 Mitarbeitern unter sich, in einer Stendaler Kunststofffensterbau-Firma. Aktuell zählt die Tischlerei Holz und Glas elf Beschäftigte, die in einer großen Werkstatt, in der hauptsächlich Fenster und Türen ausschließlich aus Holz oder Kunststoff gefertigt werden, arbeiten. „Wobei die Arbeit mit Kunststoff den Hauptteil einnimmt - etwa 70 Prozent“, informiert Ronny Ladwig. Die Hauptauftraggeber sind in der Region beziehungsweise im Landkreis und in der näheren brandenburgischen Umgebung ansässig. „Seltener geht es auch einmal nach Berlin oder Hamburg“, ist zu erfahren.

Auch ein Sarg wird mal bestellt

Zu Stammkunden zählen übrigens die beiden Wohnungsgenossenschaften (Ha W Ge, Wohnbau) und eine weitere mit Sitz in Tangermünde. „Vor allem die Ha W Ge investiert Jahr für Jahr sehr viel in ihre Wohngebäude und ist damit ein guter Auftraggeber für uns“, freut sich Ronny Ladwig. Und er verweist in dem Zusammenhang auf eine Besonderheit seiner Tischlerei. „Hier ist alles noch eigene Fertigung. Alles wird per Hand hergestellt. Ganz und gar nach den Wünschen der Kunden“, erläutert Klaus Rietzschel. Neben Fenstern und Türen auch Möbel, verschiedenste Tore, Fensterläden und vieles andere mehr, wozu zum Beispiel die Restauration zählt. „Dass mal ein Sarg bestellt wird, hat abgenommen, gehört aber trotzdem weiterhin zu unserer Produktionspalette“, so der frühere Chef weiter.

Auftragsbücher sind gut gefüllt

Was beide sehr freut: „Die Auftragsbücher sind für lange Zeit gefüllt.“ Was für den Bekanntheitsgrad der Havelberger Firma spreche und vor allem auch für die Qualität, die sie liefere. „Die Kundenzufriedenheit ist unser Anspruch - und das soll auch so bleiben“, nennt Ronny Ladwig das große Firmenziel. Nicht zuletzt sollen zu einer guten Arbeit auch Investitionen beitragen. Eine Formatkreissäge für den Holzbereich, eine Doppelschweißmaschine und eine Wasserschlitzfräse für den Kunststoffbereich sind erst im vergangenen Jahr neu angeschafft worden. „Und auch in diesem Jahr wollen wir weiter investieren“, so der Firmenchef.

Die Corona-Pandemie mit all ihren Lockdowns hat der kleinen Firma in der Domstadt zum Glück nicht so sehr zugesetzt. „Wir hatten allerdings vom März bis zum Mai 2020 Einbußen, danach ging es jedoch wieder kontinuierlich aufwärts mit den Aufträgen und deren Abarbeitung. Toi, toi, toi“, zeigt sich der Firmenchef mit dem Stand seit zehn Monaten zufrieden. Auf die Einhaltung aller Hygieneregeln werde immer streng geachtet. Das habe sich bis heute ausgezahlt.

Kleine Nebenstelle in Schönhausen

In seinem Wohnort Schönhausen betreibt Ronny Ladwig übrigens noch eine kleine Nebenstelle seiner Tischlerei Holz und Glas. Keine Produltionsstätte, aber ein Büro. „Kundschaft aus dem südlichen Bereich und aus Tangermünde muss dann nicht erst nach Havelberg kommen, um Absprachen zu treffen, die telefonisch nicht zu klären sind.“ Die „Zweitstelle“ habe sich bewährt und werde gut angenommen.

Ein Lehrling wird zum August eingestellt

Was für junge Leute interessant sein dürfte, ist die Tatsache, dass die Tischlerei auch Ausbildungsbetrieb für den Beruf Bau- und Möbeltischler ist. Derzeit bewerben sich zwei Praktikanten um diesen Ausbildungsplatz. „Einen Tischlerlehrling möchte ich zum 1. August dieses Jahres auf jeden Fall einstellen“, kündigt Ronny Ladwig an. Ein vorheriges Praktikum ist erwünscht, damit die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Bewerbers bereits frühzeitig erkannt und eingeschätzt werden können.