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Haushaltsdefizit Schönhausens gute Zeiten sind vorbei

Jahrelang hat Schönhausen Dank vieler Steuer- und Mieteinnahmen finanziell gut dagestanden. Diese guten Zeiten sind vorbei.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 26.09.2017, 13:04

Schönhausen l 221.800 Euro. Diese Summe wird laut derzeitigem Stand am Jahresende auf dem Konto der größten Gemeinde im Elbe-Havel-Land fehlen. „Wir haben doch gar nichts ausgegeben! Wie konnten wir in diese Schieflage geraten“, fragten die Ratsmitglieder, als Kämmerer Steve Tangelmann ihnen vor wenigen Tagen den Entwurf des Haushaltes 2017 vorstellte. Denn schließlich hatten sie zähneknirschend extra die Steuern, die die Bürger abführen müssen, erhöht. Das spült dieses Jahr immerhin auch Mehreinnahmen in Höhe von 48.000 Euro in die klammen Kassen. Auch die Pachterträge fielen wegen der Anhebung etwas höher aus. Außerdem gab es eine Sonderausschüttung vom Land. Und auch Kredite waren weiter abbezahlt worden, so dass 6 900 Euro weniger Zinsen berappt werden mussten.

Das alles reicht nicht, um andere Positionen auszugleichen. 130.000 Euro Schlüsselzuweisungen vom Land fehlen gegenüber 2016. Aber noch viel schmerzhafter trifft die Elbgemeinde die Umlage an die Verbandsgemeinde: 1,126 Millionen Euro muss Schönhausen abführen. Das sind immerhin 223.000 Euro mehr als im Vorjahr. Und auch die Kreisumlage trifft Schönhausen: sie steigt von 651.100 auf 721.900 Euro.

Und dann kommen noch ein paar „Kleinigkeiten“ dazu. Für die Unterhaltung der Straßen, Wege und Brücken muss die Gemeinde mehr Geld ausgeben. Und das Regenwasserbeseitigungskonzept, das jede Kommune aufstellen muss, kostet 13.000 Euro.

Nicht nur, dass die Mehrausgaben gestiegen sind: es gibt auch einen nicht unbedeutenden Posten Mindereinnahmen: bei den Mieten. Die waren stets das Kapital der Gemeinde. Aber dieses Jahr gibt es knapp 35.000 Euro weniger Einnahmen. Denn 37 Prozent der Wohnungen stehen leer. Und das kommt nicht von ungefähr. Zwar gehen auch in Schönhausen die Einwohnerzahlen wie allenorts leicht zurück, aber der Hauptgrund dürfte der Zustand der Wohnungen zumeist in den Neubaublöcken sein. Seit Jahren schon wurde hier nicht investiert, weil das Geld fehlte. Das rächt sich nun. „Wir müssen endlich mehr Geld in die Modernisierungen stecken, sonst rennen uns die letzten Mieter weg“, warnt Arno Bausemer. Jürgen Mund erklärte, dass „in den letzten Jahren immer nur davon geredet wurde, dass wir modernisieren müssen – Taten allerdings folgten nicht. Das ist unser Problem!“ Der Kämmerer erklärte, dass der Wohnungsbestand genau analysiert werden und dann ein Konzept her muss. Wolfgang Gehrke hat sich bereits an das für Wohnungen zuständige Amt in der Verwaltung gewendet und um Zuarbeit gebeten, um einen genauen Überblick zu haben. Das ist also in Arbeit.

Otto Bachmann regte an, zudem mit Bauplätze für Familien zu werben. „Wir haben hier in Schönhausen mit Kindergarten, Grundschule, bald einer schönen neuen Turnhalle, Geschäften und Ärzten doch viel zu bieten, was Schönhausen als Wohnort attraktiv macht.“ In Tangermünde beispielsweise gibt es kaum mehr Bauplätze und wenn, dann sind sie teuer. Deshalb sollte man Bauherren für Schönhausen begeistern.

Ratlos saßen die Ratsmitglieder nach dreistündiger Debatte über dem Entwurf des Haushaltes. Denn der Kämmerer machte deutlich: Allein kann die Gemeinde, auch wenn sie noch so sparsam ist, ihren Kopf nicht aus der Schlinge ziehen. Das Konsolidierungskonzept müsste bis zum Jahr 2025 eigentlich wieder einen ausgeglichenen Etat aufweisen – tut es aber bislang nicht. Deshalb ist die Gemeinde auf Bedarfszuweisungen vom Land angewiesen. Dafür aber müssen Gemeinden Anforderungen erfüllen: an den freiwilligen Leistungen sparen und die Steuern auf ein vom Land definiertes Maß erhöhen.

Mit dem Haushalt 2017 wird bereits weiter gespart. Wie berichtet, wird beispielsweise der Essengeldzuschuss für Kindergartenkinder ab 2018 gestrichen, außerdem das Begrüßungsgeld für Neugeborene. Die Ratsmitglieder verzichten im Dezember auf Ihre Aufwandsentschädigungen zu Gunsten Ihrer „Pfefferkuchensitzung“ am Jahresende.

Ob das etwas bringt? Gottfried Bauch ist skeptisch: „Wir brauchen doch bei solchen Kleinigkeiten wie der Rentnerweihnachtsfeier oder dem Neujahrsempfang nicht zu sparen, das sind Tropfen auf den heißen Stein.“ Wolfgang Gehrke entgegnete: „Je mehr Wassertropfen, desto größer wird am Ende die Pfütze!“ Hoffnungen, dass die Umlage an die Verbandsgemeinde wieder sinkt, brauchen sich Schönhausen und die anderen Gemeinden im Elbe-Havel-Land nicht zu machen. Denn auch wenn die Verwaltung noch so spart: Die Personalkosten, die den größten Anteil der Ausgaben ausmachen, werden kaum sinken, stattdessen wegen der Tariferhöhungen eher steigen. Und das neue Kinderfördergesetz bringt voraussichtlich auch mit sich, dass weiteres Personal in den Kindertagesstätten eingestellt werden muss.

Der Investitionsplan lässt der Gemeinde Schönhausen einen kleinen Spielraum von. Weil das Jahr aber schon so weit voran geschritten ist, wird ein Großteil wie beispielsweise ein neues Dach für den Block in der Neuen Straße nicht ausgegeben.

Um bei den Betriebskosten für die Straßenbeleuchtung zu sparen, hat der Rat beschlossen, die 30 Lampen im Gewerbegebiet auf LED umzustellen. Und zwar umgehend – man will nicht erst warten, bis über das Stark-V-Programm die Verbandsgemeinde alle Gemeinden im Elbe-Havel-Land damit ausstatten kann. „Bis das soweit ist, haben wir die Ausgaben, die wir jetzt für die Leuchten haben, längst wieder durch gesparte Energiekosten drin“, so der Bauausschussvorsitzende Dieter Hertel.

Er fragt sich, was man sich in den kommenden Jahren überhaupt noch leisten kann. Die Modernisierung der Heinestraße schiebt die Gemeinde seit Jahren vor sich her. Und die Herrichtung des linken Nebengebäudes am Bürgerzentrum, wo im Untergeschoss der Ärztin Dr. Carola Lüke Platz zur Verfügung gestellt wird, steht ebenfalls an. Diese für das kommende Jahr geplante Investition soll über einen Kredit finanziert werden. Und Fördermittel sind beantragt.

Bis Ende Oktober wird der Kämmerer aus dem Entwurf und den Änderungen einen beschlussreifen Haushaltsplan samt schlüssiger Begründung für die Kommunalaufsicht machen, warum im Konsolidierungskonzept auch in kommenden Jahren zunächst kein Ausgleich erfolgen kann.