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Viele Kunden haben für Zeitverzug wegen des Produktionsausfalles kein Verständnis Lehmbaufirma in Hohengöhren verbucht nach der Flut Schaden von 200000 Euro

Von Ingo Freihorst 19.07.2013, 03:18

Stark betroffen vom Fischbecker Deichbruch war und ist die Lehmbaufirma im Hohengöhrener Gewerbegebiet. Hier stand das Wasser sehr lange.

Hohengöhren l Am Donnerstag vor dem Fischbecker Deichbruch hatte Ludwig Schleusner in der Firma erstmals probehalber Lehmbauplatten getrocknet. Und zwar in einem riesigen von der Stendaler Landbäckerei ausrangierten Backofen.

Jetzt ist dieser Ofen nicht mehr zu gebrauchen, er stand 1,40 Meter tief im Elbewasser. Die grauschwarzen Schaumglasstückchen, die einst die Anlage isolierten, liegen überall in der Umgebung verstreut, bis hin nach Klietz. Der etliche Meter lange Ofen muss nun komplett zerlegt, gereinigt und neu isoliert werden. Ein halbes Jahr kann das dauern, schätzt Ludwig Schleusner.

Der junge Stendaler betreibt die Firma in Hohengöhren seit dem tragischen Unfalltod seines Vaters weiter, Mutter Petra Schleusner führt die Geschäfte. Wegen der Flut konnte schon seit über einem Monat nichts mehr produziert werden, das Wasser aus Fischbeck hatte bis Montag letzter Woche an der tief gelegenen Halle gestanden.

An einer Lehmwand in der Halle zeigt er die Vorteile dieses Naturbaustoffes: Das Wasser steigt in diesem Material nicht höher, der Lehm fällt im Wasser ab und kann danach neu angeputzt werden.

Firma kann Schäden allein nicht bewältigen

Nach dem Rückgang der Fluten lagen überall in der Halle die abgefallenen Lehmhaufen, zudem jede Menge Schlamm. Dies alles spritzte jetzt die Feuerwehr aus dem brandenburgischen Amt Wusterwitz weg. Auch wurde der Müll eingesammelt. "Vermittelt hatte den Kontakt der Tourismusverband Havelland", erklärte Stephan Krauße, der stellvertretende Amtswehrführer. Beim Aufräumen half auch eine Firma aus Melkow, sie stellte den Lehmbauern zwei Gabelstapler kostenfrei zur Verfügung.

Etwa 200000 Euro Schaden sind der Firma durch die Flut entstanden. Darin ist der Produktionsausfall noch nicht einmal mit eingerechnet. Ende des Monats kann vielleicht schon wieder abgepackte Trockenware produziert werden, unter anderem Lehmputz. Die Lehmplattenproduktion hingegen wird wohl erst im nächsten Jahr anlaufen können. Auch die Trockenkammer war abgesoffen, sie muss nun komplett saniert werden. Alternativ kann der Lehm auch stromsparend auf der Zufahrtsstraße in der Sonne getrocknet werden - so wie vor hundert Jahren.

"Diese immensen Schäden kann unsere kleine Firma allein nicht bewältigen, das Land muss unbedingt Fördermittel bereitstellen", fordert Ludwig Schleusner. Manche Technik wie den Generator oder die Absackmaschine konnte er noch rasch auf Paletten hochstellen. Viel Zeit hatte er dazu nicht, denn am Sonntag vorm Deichbruch war er selbst in Hohengöhren mit der Deichverteidigung beschäftigt gewesen. Von Stendal aus war nach dem Deichbruch dann kein Herankommen mehr. Als er am 18. Juni endlich wieder in Hohengöhren war, brauchte er ein Paddelboot.

"Seit 2004 befindet sich unsere Firma in Hohengöhren, jetzt überlegen wir, ob wir hier fortziehen", berichtet der Lehmbauer. Denn viele der Kunden, die schnell in ihren Neubau einziehen möchten, haben kein Verständnis für den langen Zeitverzug. Lehmbaustoffe aus Hohengöhren werden bis nach Japan geliefert.