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Pferdemarkt „Abgesagt? - Aber nicht mit uns“

Zum dritten Mal innerhalb von 18 Jahren muss der Havelberger Pferdemarkt ausfallen. Das hält Fans nicht davon ab, dorthin zu kommen.

Von Andrea Schröder 01.09.2020, 20:22

Havelberg l Die Überraschung ist gelungen! Dass sich aus der Prignitz Gespannfahrer zur Pferdemarktzeit auf den Weg nach Havelberg machen, wusste Bürgermeister Bernd Poloski (parteilos). Dass aber auch die Free Rider aus Angern/Rogätz Montagmittag das Festgelände im Mühlenholz ansteuern, ahnte er nicht, als er die Prignitzer begrüßte. Zunächst hatten die zwölf Frauen und Männer mit ihren Pferden und Kutschen am Rathaus einen Stopp eingelegt, wo sie bei Passanten für Aufmerksamkeit sorgten. Im Anschluss ging es hinaus ins Mühlenholz nahe der Marktleitung. Dort wäre normalerweise zu dieser Zeit schon richtig was los. Bekanntlich reisen die ersten Händler spätestens in der Nacht zum Montag an, um als Erste ihre Stände aufbauen zu können.

Mit einem dreifachen „Hufschlag frei“ sagten die Prignitzer um Sven Toppel aus Stüdenitz und Sven Volkmann aus Stepenitz im Mühlenholz der Hansestadt danke für viele Jahre Spaß auf dem Pferdemarkt. „Ich komme seit 18 Jahren immer mit Pferden hierher. Vor drei Jahren haben meine Frau und ich hier geheiratet. Heute haben wir Hochzeitstag“, denkt Sven Volkmann an eine wunderschöne Feier im Festzelt zurück. Es war die Premiere der Hochzeiten in der Neuzeit des Heiratsmarktes, wie der Pferdemarkt ja auch genannt wird. Gleich drei Brautpaare gaben sich zur Eröffnung des Pferdemarktes 2017 das Jawort.

Es war zugleich der letzte Pferdemarkt, auf dem Pferdelady Siggi Wiedenhöft als Chefin des Pferdehandelsplatzes im Dienst war. Auch sie sollte dabei sein, wenn die Prignitzer im Corona-Jahr nach Havelberg kommen. Die Prignitzer weihten ihren Neffen Christian Fritze in ihre Pläne ein und er bat seine Tante, sich den 31. August freizuhalten. „Ich wollte dann aber wenigstens wissen, worum es geht und er sagte mir, dass es mit Pferden zu tun hat. Da konnte ich mich entsprechend anziehen. Als die Gespanne bei mir in Müggenbusch vorfuhren, war ich total beeindruckt und hatte Pipi in den Augen“ erzählt die Ruheständlerin und ruft in die Runde: „Ihr seid meine Pferdemarktfamilie.“ Dieses Herzliche eine Woche im Jahr vermisst nicht nur sie in diesem Corona-Jahr. „Heute morgen beim Frühstück haben uns darüber unterhalten, dass wir uns bald aufmachen würden zum Festgelände und das erste Bierchen am Bierwagen gezapft hätten. Ich bin glücklich über diese Jahre, das war für mich ein Geschenk“, zeigt sie noch immer ihre Pferdemarktverbundenheit.

Die steckt auch in Sven Toppel, der von Kindheit an den Markt kennt. „Das ist hier wie eine große Familie auf dem Pferdehandelsplatz. Man kennt sich seit Jahren, fiebert dem Markt entgegen, er ist einfach ein Muss im Herbst.“ Deshalb hatten er und Sven Volkmann auch die Idee, die Pferdemarktwoche für eine Kutschenausfahrt zu nutzen. Am Montag ging es über die Fähre Räbel weiter nach Neukirchen auf der anderen Elbseite. Für Dienstag stand Beuster mit dem Blaulichtmuseum auf dem Tourenplan. Mittwoch sind es unter anderem Wittenberge und Legde, Donnerstag Damelack und am Freitag geht es wieder zurück nach Stüdenitz. Übernachtet wird bei Freunden.

Mit Liedern und Gedichten, kleinem Präsent und einem Plakat „Havelberger Pferdemarkt abgesagt? – Aber nicht mit uns“ bedankten sich die Prignitzer bei der Hansestadt. Der Bürgermeister lud zu einem kleinen Imbiss und Bier ein. Und versprach, dass der Pferdemarkt auch künftig mit Pferden stattfinden werde, auch wenn manche Tierschützer Gegenteiliges vorschlagen. Gerade hatte er auch die Free Rider aus Angern/Rogätz als ebenfalls treue Pferdemarktfans erwähnt, da kamen sie auf ihren Pferden angeritten.

Sie reiten stets am Wochenende vor dem Markt Richtung Havelberg. So auch dieses Jahr. Weil der Markt, der mit Rummel, Handel, Flohmarkt und Pferdemarkt alljährlich bis zu 200.000 Besucher anlockt, nicht stattfindet, treffen sie sich bei ihrem Mitglied Lothar Pietzschmann in Jederitz eine Woche lang zu einem privaten Pferdemarkt. Sie hatten den aktuellen Pferdeplatzchef Jens Fünfarek mit ins Boot geholt und ihre Überraschungsankunft ohne Wissen des Bürgermeisters perfekt gemacht.