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Pferdemarkt Jeder will der Erste sein

Auch wenn sie ihre Verträge in der Tasche haben, fahren viele Händler bis spätestens Montagvormittag auf den Havelberger Pferdemarkt.

Von Andrea Schröder 27.08.2018, 19:10

Havelberg l „Gesundes neues Jahr“, ruft ein Pferdehändler Montagfrüh bei der Auffahrt auf den Pferdehandelsplatz dem Platzmeister und seinem Team zu. Das neue Jahr ist zwar schon acht Monate alt, aber gesehen haben sie sich ja tatsächlich noch nicht in diesem Jahr. Nun ist der Montag vor dem Havelberger Pferdemarkt, der am Donnerstag um 15 mit dem Fassbieranstich offiziell beginnt, endlich heran und viele Händler können es gar nicht erwarten, endlich ihren Platz in Besitz zu nehmen. Für eine Woche wird die Wiese der Ort sein, wo ihr Wohnwagen oder Zelt steht, für die Pferde eine kleine Koppel eingezäunt ist und wo sie sich an ihrem Verkaufsstand auf viel Kundschaft freuen.

Während der Pferdehandelsplatz am Montag bereits um 6 Uhr geöffnet wurde, war die Auffahrt zum Handels- und Kleinhandelsplatz erst ab 8 Uhr möglich. Etliche wollen möglichst Erste sein, fahren schon frühzeitig nach Havelberg. Teilweise schon am Sonnabend und Sonntag. In der Elbstraße harren sie dann aus, picknicken am Straßenrand – bis sich Montagfrüh die Handelsplätze öffnen. Das sorgt immer wieder für Stau. Auch gestern. Teilweise standen die Autos auf der Sandauer Brücke und warteten, bis sie in die Elbstraße abbiegen konnten. Auch vom Süden her war die Genthiner Straße zeitweise voll. Die Polizei regulierte an der Einfahrt, schickte so manchen erstmal auf den großen Parkplatz am Haus der Flüsse. Schließlich sind auch Lieferfahrzeuge etwa mit Toiletten in der Reihe, die sich nicht anstellen, sondern an ihren Lieferort fahren wollen. Auch von der Räbeler Fähre aus bildete sich eine Schlange vor der Auffahrt zum Kleinhandels- und Handelsplatz. Die meisten nehmen es gelassen. Andere meinen, dass sich die Stadt was einfallen lassen müsse.

Eines haben alle gemeinsam: die Vorfreude auf sieben Tage Pferdemarkt. Das Fieber ergreift immer wieder auch neue Händler. Wie zum Beispiel Peter aus Staßfurt. Er schwärmt so vom Pferdemarkt, als kennt er ihn schon seit Jahren. Dabei hat er bisher nur von ihm gehört. Nun baut er seinen Stand zum ersten Mal auf dem Trödelplatz auf. „Viel Antikes und ein bisschen was Neues habe ich dabei.“

Christian Claus steht am Morgen auch in der Schlange in der Elbstraße. Hinter ihm schauen zwei tschechische Wolfshunde aus dem Autofenster. „Jeder will Erster sein“, sagt er und berichtet, dass er seit zehn Jahren immer wieder gern von Potsdam-Mittelmark aus Kurs auf den Pferdemarkt nimmt und Mopedteile anbietet. „Eine Woche ausklinken und entspannen!“ Während er so wie viele andere seinen Vertrag im Vorfeld mit der Hansestadt abgeschlossen hat, warten Remy Maertz­dorf und Burkhard Meier an der Anmeldung zum Kleinhandelsplatz. Weil sie es aus gesundheitlichen Gründen nie hundertprozentig planen können, fahren Remy Maertz­dorf und ihr Mann spontan zum Pferdemarkt. Die Niederländer haben von einer deutschen Bekannten in England vom Pferdemarkt erfahren und ihn getestet. „Hier ist alles schön“, sagt sie und berichtet, dass die Ururgroßeltern ihres Mannes aus Barby stammten und nach Holland ausgewandert sind. Nicht ganz so weit war die Anfahrt für Burkhard Meier. „Ich bin schon seit DDR-Zeiten auf dem Pferdemarkt, habe ihn durch meinen Vater und Opa kennengelernt. Das ist hier eine Woche Urlaub für mich, man lernt neue Leute kennen und trifft alte Bekannte“, sagt der Stendaler. Bis zum Abend hatten sich 270 Kleinhändler angemeldet.

Auf dem Pferdehandelsplatz gehört Horst Gericke aus Fischbeck zu den Urgesteinen. Um 6.30 Uhr ist er mit Hans-Peter Janitza mit dem alten Trecker und Hänger losgefahren. Zwei Stunden später beginnen sie mit dem Aufbau. „Das ist ein ganz schönes Chaos da vorne, in der Uferstraße und auf der Brücke herrscht jedes Jahr die gleiche Qual“, spricht er die lange Schlange der Fahrzeuge an. Die Stimmung trübt das aber nicht. „Wir zittern doch schon am Ende eines Pferdemarktes fürs nächste Jahr.“ Der Wohnwagen kommt noch am Montag an, die Pferde erst am Dienstag.

Gleich in der Nähe ziehen Nico Granzow und Tim Fanzlau eine Rinne für das Stromkabel. „Ich kenne den Markt schon seit meiner Kindheit, selbst aktiv bin ich hier das zweite Jahr. Die Atmosphäre ist klasse und wir treffen viele Freunde“, erzählt Tim Fanzlau. Zum dritten Mal ist Familie Schäfer aus Voigtstedt in Thüringen auf dem Pferdemarkt. „Man trifft hier viele nette Leute, es gibt gutes Essen, uns gefällt es hier sehr gut und wir freuen uns auf diesen Kurzurlaub.“

Urlaub genommen hat auch Jens Fünfarek, der in diesem Jahr seine Premiere als Platzmeister auf dem Pferdehandelsplatz hat, nachdem sich die langjährige Pferdelady Sigrid Wiedenhöft in den Ruhestand verabschiedet hat. Viele Jahre gehört der Schönhauser, der als Milchqualitätsberater beim Landeskontrollverband arbeitet, ebenso wie seine Frau zum Team des Pferdehandelsplatzes. Um 5.30 Uhr waren sie gestern bereits in Havelberg. Er weiß, was zu tun ist, scheut sich angesichts dessen, dass die beiden Tierärzte Dr. Christian Leue und Michael Alt, Vertreter vom Veterinäramt und weitere gestandene Leute zum Team gehören, nicht vor der Verantwortung. Viele haben ihn bereits fröhlich begrüßt – und zum Beispiel ein gesundes neues Jahr gewünscht.