1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Biertrinken auf Arbeit erwünscht

EIL

Sommer-Serie Biertrinken auf Arbeit erwünscht

Seit anderthalb Jahren wird in Schollene wieder Bier gebraut. Nach umfassendem Umbau öffnet in Kürze die Event- und Schau-Brauerei.

Von Ingo Freihorst 07.08.2018, 01:01

Schollene l Ein kühler Tropfen ist bei den aktuell herrschenden tropischen Temperaturen hoch begehrt – und Bier wird dabei immer gern getrunken. Zu denjenigen, welche sogar während der Arbeitszeit davon probieren dürfen, gehören Gerhard Jähn und Raik Petermann. Denn das Verkosten des Gerstengebräus gehört zu ihrem Beruf – sie sind Bierbrauer in Schollene.

Die „Elbe-Havel-Brauerei“ gehört zu den über 800 kleineren Brauereien in Deutschland, der Klietzer Hotelier Maik Kleinod lässt hier seit anderthalb Jahren wieder brauen. Zuständig dafür ist Braumeister Gerhard Jähn, welcher 27 Jahre lang in der Brauerei Rathenow gearbeitet hatte. Bis zum Produktionsleiter war er aufgestiegen. In der nach der Wende gegründeten und mit Millionen Mark Fördergeld modernisierten Privatbrauerei Rathenow hatte er 1998 sozusagen das Licht ausgeknipst.

Ein Jahr später wurde in Schollene vom Behindertenverband Berlin – er betreibt hier die Mühlenberg-Wohnanlage – eine Brauerei im historischen Zotzmannschen Gebäude eingerichtet. Denn vor 100 Jahren wurde hier schon mal Bier gebraut.

Seit Wochen wurde in der Brauerei rege gewerkelt, nach dem umfassenden Umbau öffnet die Event- und Schaubrauerei in Kürze ihre Pforten. Gerhard Jähn hat Verstärkung bekommen, denn Raik Petermann, Schwiegersohn des Inhabers, lässt sich seit kurzem in die Braukunst einweisen. In der Schaubrauerei können die Gäste den Brauern bei ihrer Arbeit zusehen.

Ins Auge fallen zuerst die beiden großen Kessel mit den Kupferdeckeln. Rechts steht die kombinierte Maisch- und Würzpfanne. Hier wird zuerst die Gerste eingemaischt. Das Korn wird unterm Dach gelagert, in einer Mühle wird es geschrotet und gelangt es in den Behälter. Im Kessel wird der Schrot mit Wasser vermischt und stufenweise bis zu 78 Grad Celsius erhitzt.

Weiter geht der Prozess im links stehenden Läuterbottich, dessen Siebboden filtert die festen Bestandteile aus dem Sud – der Treber, der als Schweinefutter dient. Übrigens soll er später auch mal als Panade für ein Brauer-Schnitzel dienen.

Übrig bleibt Wasser mit 19 Prozent Malzzuckergehalt, die Vorderwürze. Sie fließt zurück in die Würzpfanne, wo der Hopfen hinzukommt und das Ganze zum Kochen gebracht wird. Dann wird die Flüssigkeit über seitliche Düsen in den Whirlpool gepumpt, durch die Drehbewegung (der sogenannte „Teetassen-Effekt“) setzen sich die letzten Feststoffe als Kegel am Boden ab.

Vorletzte Station ist der Gärkeller, wo höchste Reinheit enorm wichtig ist – deshalb ist der Raum für Besucher tabu. Hier wird die Flüssigkeit auf die Anstelltemperatur von 8,5 Grad Celsius heruntergekühlt und es wird die Hefe zugesetzt. Die Hauptgärung dauert etwa eine Woche, wobei Alkohol, Kohlendioxid und Wärme entstehen – letztere wird abgeführt, alles wird auf ein Grad heruntergekühlt. Nach der Gärung wird die Hefe geerntet, sie kann bis zu 13 Male wiederverwandt werden.

Letzte Station in der Brauerei sind die Lagertanks, wo das Bier mindestens weitere vier Wochen reifen muss – was in Schollene aber länger erfolgt. Das bei der Nachgärung entstehende überschüssige Kohlendioxid muss abgeführt werden, ein steter Druck von 0,9 Bar ist zu halten. In Schollene stehen sechs Tanks, jeder fasst 1000 Liter. Auf einen Schlag können hier übrigens 500 Liter Bier gebraut werden.

Hygiene ist das A und O beim Brauen, in jedem Behälter befindet sich oben ein Kugelkopf, durch welchen Wasser mit Druck zum Reinigen ins Innere gespritzt wird. Nach jedem Braugang ist Großreinemachen angesagt – wozu auch alle Leitungen gehören. Das wird amtlich kontrolliert.

Gebraut wird in Schollene am meisten Pilsener Hell und Dunkel sowie Weizen-, Sommer- und Bockbier. Das Schollener Bier enthält weniger Hopfen (dieser kommt vom Bodensee), weshalb es etwas milder ist. „Zu 80 Prozent wird in unserem Klietzer Hotel das Schollener Bier getrunken“, berichtet Kathrin Kleinod. Verkauft wurde das Bier bislang im Hotel sowie im Fass, seit kurzem kann man es im Klietzer Hotel aber auch in Flaschen erwerben.

Maik Kleinod hat an die Schollener gute Erinnerungen: Denn unter den Helfern, welche sein Hotel bei der Flutkatastrophe im Juni 2013 mit Sandsäcken einhausten und so vor den Fluten bewahrten, waren auch Schollener gewesen.