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Volkstrauertag „Kriegsopfer sind keine Helden gewesen“

Vor 100 Jahren ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Deshalb gedachte man am Volkstrauertag an den Mahnmalen dieser Kriegsopfer .

Von Ingo Freihorst 19.11.2018, 18:00

Wulkau/Klietz l Erstmals hatte zum Volkstrauertag in Wulkau die Kirchgemeinde zur Gedenkveranstaltung eingeladen. Diese fand aus gegebenem Anlass vorm Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges an der Kirche statt. Immerhin 27 Gefallene hatten die Wulkauer damals zu beklagen – Männer, Väter, Söhne und Brüder im besten Alter. Im Felde hatten zudem 112 weitere Wulkauer gestanden, neun Namen fehlten auf dem Gedenkstein.

Erika Kügler erinnerte anhand der Schulchronik an die Opfer – am Sonnabend stand der entsprechende Artikel in der Volksstimme. Der schlimme Krieg hatte Auswirkungen in fast jeder Familie, berichtete sie. Die Soldaten waren voller Begeisterung in den Krieg gezogen, viele wurden später nicht mal in heimischer Erde bestattet oder blieben verschollen. Caren Pfundt verlas den Namen jedes der Kriegsopfer.

Pfarrer Hartwig Janus verzichtete bewusst darauf, auf seiner Trompete das Lied vom guten Kameraden zu spielen: Zu oft wurde das Lied in der deutschen Vergangenheit missbraucht, erklärte er. Das trifft auf auch die Bezeichnung „Krieghelden“ zu, die oft noch gebräuchlich sei. Die Soldaten starben nicht als Helden „auf dem Feld der Ehre“ sondern würdelos im Dreck. Und die Überlebenden töteten weiter. „Das Gerede von den Kriegshelden ist Unsinn, sie wurden erschossen, zerfetzt, verschüttet oder verbrannten“, erklärte der Pfarrer. Die Verklärung der Kriegsopfer als Helden führte dazu, dass man 1914 mit „Hurra!“ in den Kampf zog und 20 Jahre später wieder deutsche Männer voller Hass in einen weiteren Krieg ziehen sollten.

„Frieden verheißt Heilung und Vergeltung, der Nationalismus gehört ins vorletzte Jahrhundert“, mahnte der Pfarrer mit Blick auf aktuelle Tendenzen in der Weltpolitik. Man gedenke also nicht Kriegern sondern Menschen, die einst zu uns gehörten. Er freue sich, dass etliche Wulkauer den Weg zur Kirche gefunden hatten – die Anregung, als Kirche anlässlich des Volkstrauertages Gedenkveranstaltungen anzubieten, sei aus Wulkau gekommen.

Auch in Klietz fand die Gedenkveranstaltung am Denkmal für die Opfer jenes Krieges auf dem Kirchplatz statt. Bundeswehr-Kommandant Michael Vormwald erinnerte an des Zitat „ wer sich seiner Vergangenheit nicht erinnert, ist verdammt, sie zu wiederholen“. Das Mahnmal auf dem Kirchplatz sei Ort der Trauer und Erinnerung, denn viele der Opfer sind im Ausland bestattet. Es mahnt aber auch, hellhörig zu werden, wenn erneut wieder patriotische Floskeln verwandt oder nationale Interessen betont werden.

Bürgermeister Hermann Paschke erinnerte ebenfalls an alle Opfer von Krieg und Gewalt. Speziell ging er auf das erste Klietzer Weltkriegsopfer ein, den Infanteristen August Herold (siehe Leute, Leute).