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Wöchentliche Ausgabe Tafel versorgt rund 200 Bedürftige

Jede Woche heißt es für 20 ehrenamtliche Helfer und Mitarbeiter der Havelberger Tafel, Lebensmittel für 200 Bedürftige zusammenzutragen.

Von Andrea Schröder 11.01.2018, 00:01

Havelberg l 200 Personen aus Havelberg und Umgebung werden wöchentlich mit Lebensmitteln durch die Havelberger Tafel versorgt. „Es wären weitaus mehr Bedürftige, vor allem im Seniorenbereich. Doch viele trauen sich aus Scham nicht zu uns“, weiß der Vorsitzende der Tafel Gerhard Imig aus langjähriger Erfahrung. Dazu ist Havelberg zu klein, die Anonymität nicht gegeben. „Was, du gehst zur Tafel?“ musste sich schon mancher anhören. Deshalb ist einer seiner Wünsche, dass die Anerkennung und Akzeptanz des Vereins und seiner Aufgaben in der Bevölkerung wächst. „Die Menschen, die zu uns kommen, sind wirklich alle bedürftig.“

Das ist nicht der einzige Wunsch des Vereinsvorsitzenden in Bezug auf die Tafel. „Wir sind fast alle über 70 und auch nicht die Gesündesten, wir freuen uns über jeden Jüngeren, der sich hier mit einbringen möchte“, hofft Gerhard Imig auf weitere ehrenamtliche Helfer. Um die 20 Mitglieder hat der Verein. Sie bekommen Unterstützung von insgesamt drei Leuten, die übers Jobcenter beziehungsweise das Programm 58 plus für jeweils 20 Stunden pro Woche beschäftigt sind.

Und noch einen Wunsch hat Gerhard Imig: Einen Trägerverein zu finden, durch den die Verwaltungsarbeit erleichtert werden würde. Wünschen würde er sich das DRK als Träger. In Nachbarkreisen wird das bereits so praktiziert.

Normalerweise erfolgt die Ausgabe der Lebensmittel samstags. Doch an den vergangenen drei Wochenenden war dies jeweils am Freitag der Fall, weil die Sonnabende Feiertag beziehungsweise direkt vor Heiligabend und Silvester lagen. „Wir haben in all den Jahren unseres Bestehens noch keinen Ausgabetermin absagen müssen. Es fand sich immer eine Lösung, auch wenn gleich mehrere Helfer krank waren“, berichtet Gerhard Imig erfreut. Er kann sich auf sein Team verlassen, von denen einige von Anfang an dabei sind oder nach einer geförderten Maßnahme nun ehrenamtlich dabei sind. Genau geplant ist, wer wann die Ausgabe übernimmt und wer zu den Märkten und Bäckereien fährt, um Lebensmittel zusammenzuholen.

Bevor das Domizil am Propsteiplatz zur Ausgabe öffnet, werden die Kisten gepackt: für Singlehaushalte, für Ehepaare, für Erwachsene mit Kindern und für Großfamilien. Auf einem Tisch steht frisches Obst und Gemüse, von dem sich jeder was aussuchen kann. Auch Brot und Brötchen werden nach Bedarf und Wunsch separat verteilt. Einer mag lieber die hellen Semmeln, ein anderer das Mehrkornbrot. Wer etwas in seiner Kiste hat, das er nicht verwerten will, packt es in die Tauschkiste, aus der er sich dann was anderes aussuchen kann.

Je nach Personenanzahl werden 1,50 bis 3,50 Euro von den Tafelkunden für die Kiste bezahlt. Dass sie berechtigt sind, Lebensmittel abzuholen, weisen die Menschen mit ihren Bewillligungsbescheiden für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch und Rentenbescheiden nach. Die Tafel-Mitarbeiter kontrollieren dies sehr genau und vergeben Ausweise für die Ausgabe. 65 bis 75 Kisten werden wöchentlich gepackt. Die Bedürftigen kommen aus dem Altkreis Havelberg und auch aus dem brandenburgischen Glöwen.

Wöchentlich werden in Havelberg Edeka, Aldi und Netto schwarz angefahren, um Lebensmittel abzuholen. Weitere Touren führen etwa zur Bäckerei in Schönhausen sowie zu Unternehmen nach Tangermünde, Stendal und Rathenow. Mit anderen Tafeln erfolgt ein Austausch. Zum Beispiel mit Waren/Müritz. Zweimal im Jahr wird die Tafel in Bremen angefahren, um Konserven abzuholen. Es könnte gern mehr sein, um die Bedürftigen wöchentlich mit Lebensmitteln zu versorgen, doch ist Gerhard Imig zufrieden. „Je größer die Tafel, desto größer die Probleme.“

Zu Weihnachten konnten die Tafel-Mitarbeiter wieder schöne Dinge ausgeben. „Für Kinder haben wir ohnehin bei jeder Ausgabe etwas extra“, erzählt Gerhard Imig. Am Freitag vor dem Dreikönigstag freuten sich die Jüngsten zum Beispiel über bunte Lutscher oder Bonbondosen in Bärenform.

„Ich finde es gut, dass es die Tafel gibt“, sagt eine junge Frau. „Ich bin mit meinen beiden Kindern allein und beziehe Hartz IV. Das, was ich an Kosten für Lebensmittel durch die Tafel spare, kommt ihnen zugute. Dafür können wir mal einen Tierpark besuchen, ins Kino gehen oder ein Spielzeug kaufen.“

Die Tafel-Mitarbeiter freuen sich auch über jede Geldspende. Am Freitag überbrachte Gerald Friedel 150 Euro. Geld, das die Kunden in seiner Apotheke freiwillig für die kostenlose Apotheken-Rundschau auf freiwilliger Basis spenden. „Auf diese Weise konnten wir auch schon das Tierheim in Stendal und eine Havelberger Kita unterstützen.“ In dieser Woche wurde eine neue Tiefkühltruhe mit besserer Energieeffizienz erwartet, deren Kauf über die Lidl-Pfandspenden möglich wurde. Darüber floss schon öfter Geld, zum Beispiel auch für das Fliesen des Ausgaberaumes.

Ab und an lädt die Tafel zu einem Flohmarkt ein. Es kommt auch vor, dass ihr aus Haushaltsauflösungen Möbel oder Kühlschränke für die Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden. Doch in erster Linie geht es um die Ausgabe von Lebensmitteln – seit nunmehr bald zwölf Jahren. Die nächste Ausgabe findet wieder am Sonnabend statt.