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Grabsteinkontrolle Steinmetz zweifelt an Kipp-Test

Demächst finden auf den Klötzer Friedhöfen wieder Grabmalkontrollen statt. Dabei kommt der Kipp-Test zum Einsatz. Der ist umstritten.

Von Markus Schulze 09.04.2016, 03:00

Klötze l Wie die Verwaltung ankündigte, wird auf den Friedhöfen im Bereich der Einheitsgemeinde am 19. und 20. April die Standsicherheit der Grabmale überprüft. Aus dem Rathaus heißt es, dass die Stadt Klötze dazu aufgrund von einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet sei. Durch die jährliche Kontrolle solle die Sicherheit der Friedhofsbesucher gewährleistet werden. Nicht, dass jemand von einem umstürzenden Grabstein verletzt wird.

„Wir machen das nicht aus Jux und Dollerei“, betonte Bürgermeister Matthias Mann auf Nachfrage der Volksstimme. Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass ein Grabmal wackelt und demzufolge eine Gefahr darstellt, dann wird der Grabstein mit einem Aufkleber versehen. Und die Nutzungsberechtigten, die für einen etwaigen Unfall haftbar gemacht werden können, werden schriftlich aufgefordert, den Mangel zu beseitigen.

Allerdings hat der Klötzer Steinmetzmeister Hans-Hermann Zeplin zu dem Thema eine andere Meinung. Er glaubt zu wissen, dass im vorigen Jahr zirka ein Viertel aller Grabsteine einen grünen oder sogar roten Aufkleber bekam, was bei den betroffenen Grabstättennutzern mit Blick auf die drohenden Kosten für erheblichen Unmut gesorgt habe. In einer Vielzahl der Fälle, so schreibt Zeplin, sei seine Firma mit der Wiederbefestigung der Grabmale beauftragt worden. „Der Umfang der Arbeiten hat solche Ausmaße erreicht, dass sie bis heute nicht völlig abgeschlossen werden konnten.“ Außerdem hätten sich etliche Bürger dazu entschlossen, ihre Grabanlage einebnen zu lassen, um jedwedem Problem aus dem Weg zu gehen.

Die Grabmalkontrolle, so erläutert Zeplin, erfolge mittels des sogenannten Kipp-Testers, wobei die Steine einem starken Druck ausgesetzt würden. Diese Methode, so sagt Zeplin, gelte in Fachkreisen aber als „sehr umstritten“, da sie zur Instabilität der Grabsteine führe.

Genau das dürfte Wasser auf die Mühlen derer sein, die sich im vergangenen Jahr darüber aufregten, dass ihre Grabmale vor der Kontrolle absolut in Ordnung gewesen seien und erst nach dem Kipp-Test ins Wanken gerieten.

Hans-Hermann Zeplin kann den Ärger durchaus nachvollziehen. Zumal es, wie er erklärt, keine staatliche Vorgabe für den Einsatz dieser Geräte gebe. Der Steinmetzmeister schimpft: „Es verwundert, dass eine Bürokratie einen solchen Aufwand für einsam auf dem Friedhof stehende Grabmale betreibt, während Schlaglöcher und kaputte Bordsteinkanten auf frequentierten Straßen keine Aufmerksamkeit finden.“

Noch dazu bezweifelt Zeplin, dass der Kipp-Tester, den quasi jeder erwerben könne, wirklich der Weisheit letzter Schluss sei. In Wolfsburg und Umgebung werde darauf verzichtet und konventionelle Prüfungen würden bevorzugt. Überhaupt erkennt der Steinmetzmeister für die jährliche Grabmalprüfung nicht unbedingt eine Notwendigkeit. So sei ihm in seinen über 40 Berufsjahren kein Fall bekannt geworden, indem es infolge von umstürzenden Grabsteinen zu Unfällen gekommen sei. Selbst bundesweit habe es nur äußerst wenige Vorkommnisse gegeben. Voraussetzung dafür sei natürlich, dass die Anlagen professionell erstellt oder repariert worden sind. Zeplin warnt davor, dass Bürger hier selbst Hand anlegen, auch wenn die Stadt Klötze dies offiziell gestattet habe.

Des Weiteren kritisiert Zeplin, dass die Grabstättenutzer, die im Vorjahr einen Aufkleber erhielten, noch immer auf die zugesagten Prüfberichte beziehungsweise Dokumentationen warten würden.

Ob das stimmt, konnte Bürgermeister Matthias Mann im Gespräch mit der Volksstimme nicht auf Anhieb sagen. Er versicherte aber, dies zu prüfen und dass sich betroffene Bürger bei Fragen oder Beschwerden gerne an die Verwaltung wenden könnten.

Haupt- und Kämmereiamtsleiter Christian Hinze-Riechers hatte vor zwei Wochen im Pressegespräch betont, dass die Grabsteinprüfung gesetzlich vorgeschrieben sei und dass es gegen die Zuverlässigkeit des Kipp-Tests keine Bedenken gebe.