Coronakrise Ethisch vertretbar?

Die Klötzer Sekundarschule ist die einzige im Altmarkkreis, in der Vorprüfungen stattfinden.

Von Markus Schulze 01.04.2020, 22:00

Klötze l Einerseits bleiben die Schulen mindestens bis zum 19. April geschlossen, andererseits werden Prüfungen geschrieben. Wie passt das zusammen? Gar nicht, findet eine Klötzerin und hat sich per E-Mail an Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner gewandt, „in letzter Instanz“, wie sie erklärte.

In dem Schreiben, das der Volksstimme vorliegt, lässt sie kein gutes Haar an den Verantwortlichen. Diese hatten zur Eindämmung der Corona-Pandemie sowohl die Abi- als auch die Prüfungen für die Realschüler verschoben, nun aber neue Termine bekanntgegeben.

Wie die Mutter erklärt, sei ihr am 26. März von der stellvertretenden Leitung der Klötzer Sekundarschule telefonisch mitgeteilt worden, dass dort in dieser Woche die Vorprüfungen geschrieben werden. Der Anfang wurde am Montag mit Deutsch gemacht, weiter ging es am Mittwoch mit Englisch und zum Abschluss wird am Freitag noch Mathe geschrieben.

„Ich bin fassungslos über eine solche Entscheidung in diesen Zeiten“, äußert sich die Mutter und verweist darauf, dass ein allgemeines Kontaktverbot gelte. Die Menschen seien dazu angehalten, zu Hause zu bleiben und solidarisch zu handeln. Gleichzeitig müssten die Jugendlichen in die Sekundarschule kommen, um dort ihre Vorprüfungen zu schreiben.

„Wie stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten gesund sind und nicht ein teilnehmender Schüler den Virus in sich trägt?“, fragt die Mutter und warnt vor einer möglichen Ansteckungsgefahr. Diese wäre selbst dann gegeben, „wenn die Schüler in einem gewissen Abstand voneinander sitzen würden“. Und zwar dann, wenn sich die Schüler auf dem Schulgelände begegnen. Dies würde das Versammlungsverbot „komplett aushebeln“.

Die Mutter bringt in der E-Mail mehrfach ihre Sorge um die Gesundheit der Sekundarschüler zum Ausdruck und macht deutlich: „Aus meiner Sicht ist es ethisch nicht vertretbar, den Wert der Erfahrung einer gemachten Vorprüfung über den Wert von Leben und Gesundheit jedes einzelnen Menschen zu stellen.“

Am Montag informierte das Bildungsministerium über den neuen Fahrplan für die Prüfungen. Um das Abitur gehe es demnach ab dem 4. Mai, laut der zweiten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus seien Prüfungen zum Erwerb des Realschulabschlusses gestattet.

Auf diese Verordnung bezieht sich auf Nachfrage auch der Altmarkkreis Salzwedel, in dessen Trägerschaft die Klötzer Sekundarschule steht. So werde das Bildungsministerium in Paragraf 13 dazu ermächtigt, die Sicherstellung der Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen zu erlauben. Davon sei im Falle der Klötzer Sekundarschule Gebrauch gemacht worden, da die Vorprüfungen eine Voraussetzung für den Erwerb des Realschulabschlussen sind. Im Vorfeld seien mit der Schulleitung folgende Maßnahmen abgestimmt worden:

1. Um die Abstandsregel einzuhalten, werden die Prüfungen nicht in der Aula geschrieben, sondern die Schüler werden auf die einzelnen Klassenzimmer aufgeteilt.

2. Der Einlass in das Gebäude erfolgt im Abstand von zwei Metern.

3. In der vorigen Woche wurde eine umfangreiche Flächendesinfizierung vorgenommen.

4. Schüler mit Erkältungssymptomen nehmen nicht an der Prüfung teil.

Weiterhin teilt der Altmarkkreis mit, dass der Schülertransport mit der PVGS abgesichert sei. Fast alle Schüler würden jedoch individuell zur Schule gebracht.

Übrigens, so heißt es von der Pressestelle weiter, sei die Klötzer Sekundarschule die einzige im Altmarkkreis, an der die Vorprüfungen stattfinden. Ein Grund mehr für die besorgte Mutter, sich aufzuregen. „Diese Entscheidung macht mich so unsagbar fassungslos.“

Aber blieben den Schülern überhaupt genug Zeit und Mittel zur Vorbereitung? Hier lohnt ein Blick auf die Internetseite des Bildungsministeriums. Dort wird darauf hingewiesen, dass es sich beim Ruhen des Unterrichts aus Infektionsschutzgründen „nicht um Ferien handelt“. Die Schüler seien verpflichtet, daran mitzuarbeiten, dass das Bildungsziel erreicht werden kann. „Die Aufgabenerledigung kann daher erwartet werden.“