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Lesung Das Leben geschenkt bekommen

Eine Lesung für Schüler hat Johannes Groschupf in der Klötzer Bibliothek gestaltet. Mitgebracht hatte er ein Buch für Erwachsene.

Von Tobias Roitsch 26.11.2017, 02:00

Klötze l Es ist ein wahrer Albtraum: Als Passagier in einem überladenen Hubschrauber, der eine Gruppe Menschen durch die Sahara fliegt, muss ein 29-jähriger Journalist miterleben, wie der Helikop­ter plötzlich abstürzt. Nach einem missglückten Flugmanöver sackt die Maschine ab, taumelt in der Luft und stürzt schließlich in Richtung Boden. Nach dem Aufprall breiten sich rasend schnell Flammen in der Kabine aus, die durch auslaufendes Flugbenzin genährt werden. Es scheint kein Entkommen zu geben.

Mit diesen drastischen Schilderungen des Absturzes leitete der Berliner Autor Johannes Groschupf am Freitagvormittag seine Lesung für die Sekundarschüler aus Beetzendorf in der Klötzer Stadt- und Kreisbibliothek ein. Mitgebracht hatte er seinen Roman „Zu weit draußen“, eigentlich ein Buch für Erwachsene, wie er sagte. Das Besondere an seinem Debütroman ist, dass sich Groschupf die Geschichte nicht ausgedacht hat. Den mit vielen Details beschriebenen Hubschrauber-Absturz hat er selbst miterlebt. „Es ist ein autobiografischer Roman, alles ist so passiert“, erklärte der 53-jährige Berliner, der nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als freiberuflicher Journalist arbeitet, seinen jugendlichen Zuhörern zu Beginn.

Eingebaut hat Johannes Groschupf auch eine Nahtoderfahrung. Als ein Hauch hätte der junge Journalist seinen Leib verlassen, der gekrümmt in der brennenden Maschine lag. Von oben hätte sich die Hauptfigur dort liegen sehen. Das Aufsteigen in die Luft sei eine Erleichterung gewesen. Dennoch kehrte er in seinen Körper zurück – er wollte seine Kinder wiedersehen. Irgendwie schaffte es der junge Mann aus dem zerstörten Hubschrauber – als einziger Passagier. Doch nach der Rettung fängt eine schwere Zeit an. Die Haut ist bei dem Unfall zu großen Teilen verbrannt, ein einjähriger Aufenthalt in einem Stuttgarter Krankenhaus schließt sich an. Alltägliches, wie der Besuch der Schwimmhalle mit den Kindern, wird zur Herausforderung. Es bleibt immer das Gefühl, wegen der Brandnarben von den anderen angestarrt zu werden.

„Ich habe lange nicht mehr daraus gelesen. Nun merke ich, wie die Erinnerungen wieder auftauchen“, sagte Johannes Groschupf nach der Lesung. Zugetragen habe sich alles vor 22 Jahren. Zu Papier gebracht habe er die Geschichte in den Jahren danach, 2005 ist das Buch erschienen. Er könne sich vorstellen, dass es den Jugendlichen erst einmal die Sprache verschlagen hat, sagte er. Das Angebot, Fragen an den Autoren zu stellen, nahmen die Zuhörer aber gern an.

Wie es denn im Krankenhaus war, wollten die Sekundarschüler wissen. „Ich war froh, am Leben zu sein“, sagte Groschupf. Gestiegen seien mit der Zeit aber die Sorgen, wie es wohl sein würde, wieder nach Berlin in das alte Leben zurückzukehren.

Körperlich gehe es ihm jetzt gut. „Ich selber merke aber, dass sich meine Haltung zum Leben geändert hat“, so der Autor. Heute wisse er, dass es nicht selbstverständlich ist, auf der Welt zu sein. Früher sei er eher schüchtern gewesen. Nachdem er nach dem Unfall das Leben geschenkt bekommen habe, wollte er anderes ausprobieren. Etwa Bücher schreiben. Neben zwei Romanen für Erwachsene, die der gebürtige Braunschweiger, der Germanistik, Publizistik und Amerikanistik studierte, veröffentlicht hat, stammen auch Bücher für junge Erwachsene aus seiner Feder. „Das Lächeln des Panthers“, „Lost Places“ und „Der Zorn des Lammes“ gehören dazu.