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Behindertenkreis testete Esspüree: Käsebrote und warme Speisen schmeckten am besten Püriertes Brot wackelt wie Wackelpudding

Von Gundi Neuschulz 06.12.2011, 04:28

Was für manchen seltsam klingt - püriertes Brot und Reisbrei - kann manchem das Leben sehr erleichtern. Der Oebisfelder Behindertenkreis testete jetzt neuartiges Essen.

Oebisfelde l "Wir hatten in der vergangenen Woche ein ganz besonderes Treffen, denn wir folgten einer Einladung zum Verkosten und zur Beurteilung von neuen Produkten für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden", berichtete Bernd Menzel, der Leiter des Oebisfelder Behindertenkreises. Dabei handele es sich um ein Projekt eines Meinungsforschungsunternehmens aus Bremen, welches mit der umfangreichen bundesweiten Testserie vom Hersteller der Produkte beauftragt wurde.

"Wir wurden ausgewählt, bei diesen Produkttests mitzumachen und unsere Meinung abzugeben. Da es sich bei diesem Test um Nahrungsprodukte für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden handelt, waren wir gerne bereit, bei diesem Projekt mitzumachen", betonte Bernd Menzel.

"Esspüree, einfach wieder essen können!" heißt das Projekt und dabei handelt es sich um eine Initiative zur Alltagsbewältigung von Kau- und Schluckbeschwerden.

In der Produktinformation findet sich folgender Text zum Projekt: "Vielen Menschen fällt es schwer, Nahrung richtig zu kauen und zu schlucken. Oft wissen Betroffene nicht, dass dies eine Vorstufe zur oder eine Krankheit selbst sein kann. Störungen des Schluckvorgangs werden als Dysphagie bezeichnet. Häufig sind Dysphagien neurologisch bedingt, zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder bei Demenz ..."

Der Test hat großen Spaß gemacht

"Das war Grund genug für uns bei diesem Projekt dabei zu sein", so Menzel. "Um es gleich vorwegzunehmen, es hat uns allen sehr großen Spaß gemacht." Zuerst sei es darum gegangen, die Produkte im gefrorenen Zustand zu begutachten. Dazu wurden alle Produkte bereitgestellt. Einigen kam beim Anblick der Speisen zuerst der Gedanke an Eis oder Pudding in den Kopf, was wohl auch an der besonderen Form, in der die Speisen im gefrorenen Zustand waren, lag.

Das Abdecken erhält das Aroma

Zur Auswahl standen unter anderem Schweinegeschnetzeltes "Züricher Art", Rindergulasch, Rinder-Roulade "Hausfrauen Art", Hühnerfrikassee, Putensteak und Seelachsfilet mit Senfsauce. Als Beilagen konnte Folgendes gewählt werden: Bratkartoffeln, Béchamel-Kartoffeln, Reis und Spaghetti. "Und dann standen noch belegte Brote auf dem Programm, diese waren aber schon essfertig aufgetaut, im Lieferzustand sind die Brote aber gefroren", erklärte Menzel.

Zur Auswahl gab es mildes Feinbrot mit einer rauchfeinen Streichmettwurst, kräftiges Schwarzbrot mit feiner delikater Leberwurst, kräftiges Schwarzbrot mit traditioneller Jagdwurst und weitere Sorten. Nachdem die Produkte im gefrorenen Zustand begutachtet worden waren, ging es an die Zubereitung der Speisen. Dazu benötigten die Mitglieder des Behindertenkreises nicht mehr als eine Mikrowelle. Laut Beschreibung fügten sie noch etwa ein bis zwei Esslöffel Wasser hinzu und ließen die Speisen in der Mikrowelle garen. Wichtig war dabei das Abdecken der Speisen, um das Aroma und die Saftigkeit der Speisen zu bewahren.

Nachdem alle Menüs zusammengestellt in der Mikrowelle erwärmt waren, ging es an die Verkostung. "Bereits bei der Zubereitung lag ein sehr leckerer Duft in der Küche. Dafür gab es schon mal die volle Punktzahl. Anders als beim konventionellen Kochen riecht es also nicht", so Menzel.

Geruch animiert zum Zugreifen

Bei den Produkten handelte es sich um Esspüree, also um sehr stark pürierte Mahlzeiten. Diese waren für einige schon sehr gewöhnungsbedürftig. Der Geruch war jeweils sehr gut und auch so, als hätte man das Essen in normaler Form vor sich. Beim Geschmack habe es im Grundsatz auch nichts zu bemängeln gegeben, Bernhard Kiefer fand sein Menü etwas zu salzig. Alle anderen sagten übereinstimmend, dass es ihnen geschmeckt habe.

Auch die Brote wurden verkostet und entsprechenden Urteilen unterzogen. Dort bekamen die Sorten mit dem Käse die eindeutig besten Noten, die Sorten mit der Wurst waren allen eindeutig zu lasch im Geschmack. "Erstaunlicherweise war selbst das Brot im pürierten Zustand, was einige sehr zum Schmunzeln veranlasste", erzählte Menzel. Wackelte doch das Brot beim Anstupsen mit dem Messer wie Wackelpudding.

Nach der Verkostung wurden noch die Fragebögen zu den Menüs ausgefüllt und diese an das Unternehmen zur Auswertung zurückgeschickt.

Das Fazit für dieses Projekt brachte Rita Glaß auf den Punkt: "Es ist sehr wichtig, dass sich die Lebensmittelindustrie auch einmal um die Menschen kümmert, die nicht wie wir normal kauen und schlucken können. Das Essen in den Mixer tun ist die eine Sache, es ansprechend zu servieren eine ganz andere."

Menzel ergänzte dazu noch, dass es wichtig sei, vielen Menschen mit den entsprechenden Produkten eine neue Lebensqualität und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.