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Neue Moschee Muslime feiern mit Juden und Christen

Mit einem Festakt ist am Mittwochabend die neue Moschee der Islamischen Gemeinde Magdeburg eröffnet worden.

02.06.2016, 01:01

Magdeburg l Wie schwierig die Verhandlungen zwischen Stadt, Islamischer Gemeinde und Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) am Ende waren, haben die Beteiligten bei der feierlichen Eröffnung des neuen Gebetshauses zwischen den Zeilen verraten. „Es war ein schweres Jahr. Wir haben uns getroffen und uns klar und deutlich die Meinung gesagt“, erinnerte sich etwa Oberbürgermeister Lutz Trümper bei seinem Grußwort.

Mit „wir“ meint er den Vorsitzenden der Islamischen Gemeinde, Moawia Al-Hamid, Wobau-Chef Peter Lackner und sich selbst. Lackner berichtete von Gesprächen, die bis zu fünf Stunden gedauert hätten. Denn lange war nicht klar, wo die Islamische Gemeinde ihr neues Zentrum überhaupt eröffnen kann.

Die neue Moschee liegt mitten im Stadtzentrum an der Max-Otten-Straße in einem ehemaligen Heizhaus, das die Islamische Gemeinde über einen Mietkauf erwirbt. Ein Minarett oder Muezzin-Rufe wird es in Magdeburg nicht geben. Dass es mit dieser Immobilie doch noch geklappt hat, ist unter anderen Stephan Rether vom Katholisches Büro Sachsen-Anhalt zu verdanken. Der hatte zwischen den Parteien vermittelt und moderiert. „Es ist wichtig, dass auch die Muslime in Magdeburg jetzt eine Heimat haben“, sagte Rether. Das habe für ihn etwas mit Menschenwürde und Religionsfreiheit zu tun. All jenen, die der islamischen Gemeinde skeptisch gegenüberstehen, sagt Rether: „Guckt es euch an, sucht den Diskurs. Kommt vorbei.“

Eine Linie, die auch Al-Hamid fahren will. Er sagte, dass man gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) noch einen Tag der offenen Tür organisieren werde. Prinzipiell stehe die Moschee aber für jeden offen, so Al-Hamid zur Volksstimme. Der Tag der offenen Tür sei für den 3. Oktober geplant. „Für uns ist die Moschee ein Ort des Friedens. Wir wollen auch Vorurteile abbauen“, so Al-Hamid.

Zu den geladenen Gästen zählten neben dem Oberbürgermeister Trümper auch Bildungs-Staatssekretärin Edwina Koch-Kupfer (CDU), Vertreter der jüdischen und christlichen Religionen, Landtagspolitiker wie Wulf Gallert (Linke) und auf Einladung der Islamischen Gemeinde auch der Chef des Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt, Jochen Hollmann. Al-Hamid hatte vor der Veranstaltung der Volksstimme gesagt, dass es auch Überlegungen gegeben habe, die AfD einzuladen. Diese Idee habe man aber nach dem misslungenen Gespräch zwischen der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry und dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, wieder verworfen.

Doch trotz der Freude sah man Mittwochabend an kleinen Details, wie angespannt die Lage ist. So patrouillierten vor der Moschee etwa bewaffnete Zivilbeamte, weil es Befürchtungen gab, dass Rechtsextreme die Feier stören könnten.

OB Trümper fand bei seinem Grußwort dann auch nachdenkliche Worte. Er wies darauf hin, dass man auch in Zukunft noch Konflikte austragen und nicht alles glatt laufen werde. „Aber Menschen entwickeln sich“, sagte Trümper, der darauf hinwies, dass er zum Beispiel zum ersten Mal eine öffentliche Rede in Strümpfen halte. Auch alle anderen Gäste trugen – wie in Moscheen üblich – keine Straßenschuhe.

Einen dieser möglichen zukünftigen Konfliktpunkte sprach Wobau-Chef Peter Lackner auch gleich an. Er wies darauf hin, dass die Nachbarimmobilie auch der Wobau gehöre, dort hauptsächlich Senioren altersgerecht wohnen. Man wolle alles für nachbarschaftliche Toleranz tun. Sollte es doch einmal Probleme geben, „dann moderiere ich auch“, sagte Lackner.

Die Islamische Gemeinde Magdeburg gründete sich 2001 und zählt heute mehr als 600 Mitglieder. Der steigende Zulauf hatte die Kapazität der alten Gemeinderäume in einer angemieteten Baracke gesprengt. Zum Freitagsgebet mussten die Gläubigen teilweise auf der Straße beten.