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  7. Baumfällung in Magdeburg? Protest gegen Allee-Sanierung wächst

Kaputte Straße, marode Leitungen Allee in Magdeburg droht die Kettensäge: Das sagen Anwohner zu den Ausbauplänen

Die drohende Fällung einer Allee mit alten Bäumen im Stadtweg in Magdeburg hat zuletzt für große Empörung gesorgt. Bei einer Versammlung haben sich nun Betroffene zu Wort gemeldet. Sie klagen über desolate Zustände.

Von Konstantin Kraft Aktualisiert: 08.03.2025, 16:52
Blick in den Stadtweg in Magdeburg. Einige der Bäume, die hier stehen, sind schon mehr als 120 Jahre alt. Nun könnten sie für die Sanierung der Straße gefällt werden.
Blick in den Stadtweg in Magdeburg. Einige der Bäume, die hier stehen, sind schon mehr als 120 Jahre alt. Nun könnten sie für die Sanierung der Straße gefällt werden. Foto: Konstantin Kraft

Magdeburg - Der Stadtweg in Magdeburg-Ottersleben soll auf einer Länge von circa 780 Metern grundhaft ausgebaut werden. Dabei sollen die derzeit noch gepflasterte Fahrbahn asphaltiert, neue Grünstreifen angelegt und die Gehwege gemacht werden.

Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes wäre überdies die Sanierung der maroden Ver- und Entsorgungsmedien im Boden. Um all dies realisieren zu können, müsse laut der Stadt die Allee mit teils uralten Bäumen – einige der Linden sind 1902 gepflanzt worden, stehen also schon mehr als 120 Jahre dort – weitestgehend gefällt werden.

Baumfällung in Magdeburg: Anwohner reagieren mit Protest

Dies war zumindest der Inhalt einer jüngsten Information aus der Verwaltung, die inzwischen wegen Widerständen zurückgezogen wurde.

Diese uralte Linde in Magdeburg hat einen Umfang von knapp drei Metern.
Diese uralte Linde in Magdeburg hat einen Umfang von knapp drei Metern.
Foto: Konstantin Kraft

Die Stadt hatte mehrere Gründe für die nötige Fällung genannt, so etwa, dass der Bauraum zwischen den Bäumen nicht ausreiche, um Fahrbahn (gut 5 Meter breit) und Gehwege in Regelbreite herzustellen.

Sanierungsarbeiten im Stadtweg: Gründe für den Ausbau

Ferner verliefen die unterirdischen Leitungen oft direkt unter den Bäumen und würden vom Wurzelwerk geschädigt.

Durch das Wurzelwerk der Bäume kommt es offenbar zu Schäden.
Durch das Wurzelwerk der Bäume kommt es offenbar zu Schäden.
Foto: Konstantin Kraft

Die drohende Fällung der Allee hatte für scharfe Kritik von Baumschützern gesorgt. Eine Ottersleberin startete eine Petition für den Erhalt, mehr als 3.000 Unterschriften sind inzwischen zusammen. Es gab eine Protestkundgebung der Grünen in der Straße.

Rund 100 Bürger waren bei der Versammlung des Bürgervereins "Bürger für Ottersleben" zu den Ausbauplänen für den Stadtweg.
Rund 100 Bürger waren bei der Versammlung des Bürgervereins "Bürger für Ottersleben" zu den Ausbauplänen für den Stadtweg.
Foto: Konstantin Kraft

Aber was denken die direkt Betroffenen – also Anwohner im Stadtweg – über die Ausbaupläne. Bei der Versammlung des Bürgervereins „Bürger für Ottersleben“ am Mittwochabend (5. März) in der Villa Böckelmann, meldeten sich mehrere zu Wort.

Magdeburger Bürger fordern Erhalt der historischen Allee

„Es ist schön und gut mit den Bäumen, aber wer Anwohner ist, fühlt sich auch belästigt“, sagte eine Frau, die schon seit Jahrzehnten im Stadtweg wohne. Sie spielte damit zum einen auf die hohe Menge an Laub an, das herabfällt und privat entsorgt werden muss.

Überdies seien die Masten der Straßenbeleuchtung von Ästen überwachsen und dadurch die Leuchtkraft limitiert. Aber auch unterirdisch gibt es größere Probleme.

Blick in den nächtlichen Stadtweg.
Blick in den nächtlichen Stadtweg.
Foto: Konstantin Kraft

Die Frau berichtete von einem Haushalt, bei dem drei Tage lang der Strom ausgefallen sei, weil Leitungen durch Wurzeln beschädigt wurden. „Meine Meinung ist, die Bäume müssen weg“, sagte die Anwohnerin. Ein anderer Anwohner klagte ebenfalls über teils „desaströse Zustände“.

Ökologische Baubegleitung: Ein Kompromiss für den Stadtweg?

Er zielte dabei auf die maroden Abwasserkanäle in der Straße ab. Es komme regelmäßig zu Problemen beim Abfluss – das betrifft offenbar auch die Notdurft. „Es müsste eigentlich ein Toilettenverbot im Stadtweg“ geben, klagte er.

Der Stadtweg liegt in Magdeburg-Ottersleben. Er verläuft zwischen Gernröder Straße und Alt Benneckenbeck.
Der Stadtweg liegt in Magdeburg-Ottersleben. Er verläuft zwischen Gernröder Straße und Alt Benneckenbeck.
Grafik: MRM/Büttner

Ein anderer Anwohner äußerte die Befürchtung, dass bei weiterem Verfall der Kanäle im Boden bald Dixi-Klos im Garten aufgestellt werden müssten. Auch gab es Wortmeldungen zu einem Wassereintritt im Keller sowie einem Bachlauf an der Straße, der sich bei Starkregen bilde.

Die Bäume, die erhalten werden können, sollten erhalten werden, alle anderen können weg, sagte ein Betroffner. Die Sanierung sollte schnellstmöglich starten. „Bagger ran und anfangen.“

Nur halbseitige Wegnahme?

Andreas Lehnert von der Abwassergesellschaft Magdeburg (AGM) hatte zuvor über den kritischen Zustand der Kanäle im Stadtweg informiert. Bei der letzten Inspektion im Jahr 2017 seien massive Schäden festgestellt worden. So gebe es Versetzungen und Risse – teilweise durch Wurzeln bedingt.

Die gepflasterte Fahrbahn weist Unebenheiten und Schadstellen auf.
Die gepflasterte Fahrbahn weist Unebenheiten und Schadstellen auf.
Foto: Konstantin Kraft

Wie lange die Kanäle noch halten, ist unklar. Bei einer möglichen Havarie würde der Notdienst anrücken und Löcher aufgraben, um die Schadstelle mit Schellen zu flicken, sagte Lehnert.

Die AGM möchte schon seit Jahren im Stadtweg aktiv werden und dort einen größeren Kanal in der Mitte der Straße einbringen, um die Abflusssituation merklich zu verbessern und Ausfällen/Havarien vorzubeugen. „Es ist uns ein Herzenswunsch, hier zu bauen“.

Hier kollidiert ein Baum mit den Begrenzungen der Straße.
Hier kollidiert ein Baum mit den Begrenzungen der Straße.
Foto: Konstantin Kraft

Es gab aber auch Gegenstimmen. „Wir sind für den Erhalt der Bäume, trotz der Belastungen“, sagte ein weiterer Anwohner. Er brachte zugleich die Idee vor, dass der Wasserkanal nicht in der Mitte der Straße, sondern an einer Seite eingebaut wird.

Auf diese Weise könnten auf einer Seite die Bäume weggenommen werden, während sie auf der anderen komplett erhalten werden. Dieser Vorschlag stieß bei anderen Bürgern auf Zustimmung. Für die AGM wäre es grundsätzlich möglich, den Kanal statt mittig an einer Seite der Straße zu bauen, sagte Lehnert.

Unerträglicher Verlust

Eine Ottersleberin, die zwar nicht direkt im Stadtweg wohnt, aber in der Nähe, verwies auf Paragraf 21 des Naturschutzgesetzes, der den Schutz von Alleen definiert.

Die (alten) Bäume leisten einen enormen, ökosozialen Mehrwert. „Sie produzieren den Sauerstoff nicht nur für die Anwohner im Stadtweg, sondern für ganz Ottersleben. Sie binden CO2 und Feinstaub, sie kühlen in den heißen Monaten. Die Bäume sind älter als die Häuser.“

Die Bäume haben einen immensen, ökosozialen Mehrwert, meinte eine Ottersleberin.
Die Bäume haben einen immensen, ökosozialen Mehrwert, meinte eine Ottersleberin.
Foto: Konstantin Kraft

Die Frau appellierte, dass man alle Varianten, welche die Stadtweg-Allee schützen, ausschöpft. Ihr Wegfall wäre ein „unerträglicher Verlust“.

Es gebe durchaus technische Möglichkeiten, Bäume trotz der Bauarbeiten zu erhalten, hatte zuvor der Sachverständige Hartmut Beyer aus Ottersleben aufgezeigt. Möglich ist etwa ein schonendes Freilegen der Wurzeln mit einem Saugbagger. „Linden sind robuste Bäume.“

Ökologische Baubegleitung

Die verschiedenen Anregungen der Bürger sind von den anwesenden Verantwortlichen der Stadtverwaltung sowie von SWM und AGM aufgenommen worden und sollen – im weiteren Planungsverlauf – geprüft werden.

Es gehe darum, einen Mittelweg zu finden, sagte Stefan Matz, Leiter des Eigenbetriebs Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg.

Er empfahl, dass es für die Arbeiten – wenn sie denn einmal starten – eine ökologische Baubegleitung gibt, um situativ entscheiden zu können, welche Bäume stehen bleiben können. „Wir wollen so viele Bäume wie möglich erhalten, es werden aber nicht alle sein.“