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Arbeitsschutz Sicherheit beim Magdeburger Tunnelbau

Absturzstellen, Staub und Enge. Aus Sicht der Arbeitssicherheit ist die Tunnelbaustelle Magdeburg eine Herausforderung.

Von Martin Rieß 13.10.2018, 01:01

Magdeburg l An mehreren Stellen der Magdeburger Tunnelbaustelle wird auch in diesen Tagen weiter gearbeitet. Zum einen laufen letzte Klinkerarbeiten an den Wänden zwischen den Eisenbahnbrücken, und an den beiden Aufgängen zu den Gleisen 1 und 2 sowie zu 3 und 4 wird gebaut.

Außerdem werden weiterhin Reste des Neuen Ulrichstors freigelegt. Die Tunneldecke unterhalb des Trainingscenters der Deutschen Bahn oberhalb des Damaschkeplatzes ist fertig. Hier fehlt noch die Schutzschicht aus Beton, die die Decke schützt, bis hier die Fahrbahn gebaut wird. Gleich nebenan bauen die Arbeiter weiter an der Tunneldecke, die hier auf die Ausfahrt in Richtung Stadtfeld trifft.

Mittendrin ist bis zu drei Mal in der Woche Manfred Preiß. Er ist Sicherheitsingenieur und arbeitet für den Sicherheitsdienstleister Sidiblume. Schon bei den vorbereitenden Arbeiten zwischen Damaschkeplatz und Bahnhofstraße, als die Städtischen Werke Magdeburg das Abwassersystem samt seiner riesigen Leitung zur Verbindung zwischen Stadtfeld und Altstadt umgestaltet hatten, wirkte er in Sachen Arbeitsschutz mit.

Er sagt: „Das Tunnelprojekt ist natürlich wegen seiner Größe und seiner Komplexität etwas Besonderes – doch hier hat man mit genau den gleichen Punkten in Sachen Arbeitssicherheit zu tun wie auf allen anderen Baustellen auch.“

Will heißen: Auch hier geht es darum, dass die richtige Arbeitsbekleidung und Helme getragen werden, dass die Absperrung funktioniert, dass Fahrzeuge und Maschinen ordnungsgemäß bedient werden, dass es Lotsenpunkte gibt, die im Falle eines Unfalls als Anlaufpunkt dienen, die mit Material für die Erste Hilfe und Informationen ausgestattet sind. Manfred Preiß, der den Akteuren auf der Baustelle vor allem beratend zur Seite stehen möchte, sagt: „In enger Zusammenarbeit mit der Feuerwehr wurden Lotsenpunkte an allen wichtigen Stellen eingerichtet.“

Bewährt haben sich die Treffen der Arbeitsgruppe. „Die haben wir eingerichtet, um nichts mehrfach diskutieren zu müssen und um Fragen zügig klären zu können“, berichtet der Sicherheitsingenieur. Einmal im Monat berät er mit dem leitenden Polier, dem Auftraggeber, der Berufsgenossenschaft Bau, der Feuerwehr und der Gewerbeaufsicht, was auf der Baustelle besonders zu beachten ist.

Auch wenn die gleichen Regeln gelten, ist die Tunnelbaustelle eine Herausforderung: „Der Baustellenverkehr auf teilweise beengtem Raum, die Arbeit bei Staub, unter Lärm und Vibration, viel Erd- und Brückenarbeiten, die Absturzstellen zur Folge hatten, sind wichtige Themen. Hinzu kommt die Arbeit mit ausländischen Arbeitskräften, bei großer Hitze und unter Termindruck“, beschreibt Manfred Preiß die Situation.

Gerade, wenn es um Termine geht, habe er beispielsweise immer wieder darauf hinweisen müssen, dass die Sicherheit beim Rückwärtsfahren von Fahrzeugen beachtet wird.

Dieser Tage ist es etwas ruhiger auf der Baustelle geworden als noch vor Wochen, als die Eisenbahnbrücken für die Gleise 1 bis 5 eingehoben und ausgestattet werden mussten. Doch in den kommenden Monaten stehen erneut anspruchsvolle Arbeiten an. Denn bislang wurde im Wesentlichen oberhalb gearbeitet – ab dem ersten Quartal 2019 wird der Fokus auf dem Aushub des Tunnels, später auf dem Bau von Fahrbahn, der Verkleidung der Wände und der technischen Ausstattung stehen.

Ein erster Blick bietet sich bereits jetzt unter die Tunneldecke auf einigen Metern im Bereich der künftigen Zufahrt zwischen Ernst-Reuter-Allee und City Carré. Und hier wird auch Laien klar, dass hier eine Reihe von Faktoren zu beachten sind, die oben keine Rolle spielen.

Beispielsweise ist hier unter klar, dass Hilfs- und Rettungskräfte nur von einer Seite kommen können und dass daher genau darauf geachtet werden muss, dass die Wege frei sind. Und auch die Frischluftzufuhr hat unterhalb der Tunneldecke einen ganz anderen Stellenwert als oberhalb.

Und wie sieht es mit den Unfällen aus? „Da stehen wir recht gut da“, sagt Manfred Preiß. Es gebe nur wenig Unfälle, die dann auch nicht mehr als zehn Krankschreibungstage zur Folge haben. Ausnahme: Im Juni 2016 gab es auf der Tunnelbaustelle Magdeburg einen tödlichen Unfall, bei dem ein Mitarbeiter aus Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen war. „So etwas überschattet die an sich gute Bilanz natürlich sehr“, so der Sicherheitsingenieur.

Als Grund für den Unfall nennt er einen Materialfehler in einem Bauteil. Eine mehr als zehn Meter lange Metallstange war gebrochen, und ein zwei Meter langes Stück hatte den Mann so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus verstarb. Gebrochen war das Teil, das von einer baden-württembergischen Firma von einem Zulieferer in Polen bezogen worden war, weil es entgegen den Vorgaben geschweißt war.

Manfred Preiß sagt: „Wenn eine Stange im Arbeitsgerät vibriert, ist eine geschweißte Stelle natürlich ein Schwachpunkt, der nicht akzeptabel ist. Leider war das von außen kaum zu erkennen.“

Seit dem Unfall vor zweieinhalb Jahren jedenfalls wartet der Sicherheitsingenieur auf den Fortgang der Ermittlungen in dem Fall. „Das ist sicher für die Angehörigen wichtig. Aber auch für uns, um den Unfall abschließend auswerten zu können. Ziel ist ja zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert.“

Weitere Infos zum Tunnelbau in Magdeburg in unserem Dossier.