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Auf dem Holzweg Kirschblütenmeer in Magdeburg

Die japanischen Kirschbäume am Holzweg in Magdeburg leuchten mit ihren pinkfarbenen Blüten. Sie sind beliebtes Fotomotiv.

Von Lan Dinh 26.04.2018, 01:01

Magdeburg l Die japanischen Kirschbäume, vor allem am Magdeburger Holzweg, locken seit einigen Tagen zahlreiche Menschen unterschiedlicher Nationalitäten in Magdeburg an. Für ein bis zwei Wochen werden sie blühen. Danach ist der Zauber vorbei und die Bäume werden wieder „unsichtbar“. Es sind vor allem Asiaten, besonders Japaner, die sich unter den Kirschbäumen tummeln und sich gegenseitig fleißig fotografieren.

Selbst an nicht sonnigen Tagen posieren sogar Magdeburger vor den Kirschbäumen für Fotos. Kinder sind verzaubert, spielen mit den Kirschblüten und werfen sie in die Luft. Auch Senioren halten auf ihren Fahrrädern an, um einige Schnappschüsse zu machen. Außerdem setzen sich einige auf Plastikplanen oder Picknickdecken unter die Kirschbäume. Das sind besonders Fans der japanischen Kultur, die sich für japanische Comics (Manga) und Zeichentrickfilme (Anime) und Cosplay interessieren, und die zu dieser Zeit ein Kirschblütenfest nach japanischem Vorbild feiern.

„Sie treffen sich, picknicken und stellen ihre selbst geschneiderten Kostüme zur Schau“, meint Lutz Wisweh von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Sachsen-Anhalt in Magdeburg und verrät, was sich dahinter verbirgt.

In Japan feiern die Bewohner das Kirschblütenfest, auch „Hanami“ genannt, mit Freunden, Kollegen und Familie. Sie picknicken in einem Park oder an öffentlich zugänglichen Orten, an denen Kirschbäume blühen. Dabei essen sie und trinken dazu Bier oder Sake, japanischen Wein. Die Kirschblütenzeit ist in Japan so wichtig, dass es jedes Jahr zahlreiche Fernsehberichte und Übersichtskarten gibt, die für jede Region den Beginn und den Höhepunkt der Kirschblüte anzeigen.

So weiß jeder Japaner, zu welcher Zeit in seiner Gegend die Kirschbäume blühen. In Japan wird das Kirschblütenfest nicht nur eine Woche gefeiert. Das hat geografische Gründe. Denn durch die langgezogene Form der japanischen Insel findet die Kirschblüte nicht überall zur gleichen Zeit statt. Auf der Hauptinsel Okinawa sind Ende Januar die Kirschblüten zu bestaunen. In der Region Hokkaido beginnt die Blütezeit meist gegen Ende April oder Anfang Mai.

Doch auch in Deutschland und Magdeburg gewinnt das Kirschblütenbetrachten an Bedeutung: „Vor etwa drei bis vier Jahren hat das Interesse am Bestaunen der Kirschblüten zugenommen“, erklärt Lutz Wisweh. Das habe verschiedene Gründe: „Es kommen vermehrt asiatische Studenten nach Magdeburg. Und diese bringen das große Interesse an den Kirschblüten mit.“

Ein weiterer Grund liege darin, dass sich die Fans der japanischen Popkultur vermehren. Auch viele Magdeburger haben daran Gefallen gefunden, denn Kirschblüten seien ein beliebtes Fotomotiv, das über die sozialen Medien wie Facebook, Twitter und Instagram vermehrt durch das Internet wandert. „Mit den Kirschblüten kann man sich besonders schick präsentieren. Auch weil sie so schnell verschwinden, werden sie gern durch Fotos festgehalten“, so Lutz Wisweh.

So verfällt die Japanerin Sakiko Volke-Nakahara aus Magdeburg beim Anblick der Kirschblüten in Nostalgie: „Es ist ein Stück Heimat. Die Kirschbäume am Holzweg waren die Lieblingsbäume meines Großvaters, deswegen sind sie mir so vertraut.“ Sie trifft sich immer mit Freunden, um sich in Magdeburg Kirschblüten anzusehen. Mit ihren zwei Töchtern Yoko und Keiko bewundert sie die Blütenpracht, spielt mit ihnen.

„Wir als Japaner verbinden damit Schönes, aber auch Trauriges. Es bleibt ein süßes und bitteres Gefühl und eine Sehnsucht, wenn ich die Kirschblüten ansehe. Das ist so eine japanische Sache.“ Die japanische Kirschblüte ist nämlich eines der wichtigsten Symbole der japanischen Kultur. Sie steht für Schönheit, Aufbruch, aber auch für Vergänglichkeit.

Das sieht Lutz Wisweh ebenso: „Kirschblüten ansehen ist anziehend, weil die Kirschbäume nur kurz blühen. Diese vergängliche Schönheit finden viele so toll an ihnen. Außerdem läuten sie das Ende des Winters und den Beginn des Frühlings ein.“

Die japanischen Kirschbäume blühen voller als die deutschen und in einer attraktiveren Farbe. Und mit dem Alter wird die Blütenpracht der Kirschbäume immer schöner. Das sei ebenso ein Grund, weswegen das Kirschblütenbetrachten in den vergangenen Jahren beliebter geworden sei.

Dennoch wird aus dem Kirschblütenschauen in Magdeburg kein Fest wie in Japan: „Wir wollten das mal vor wenigen Jahren beim Holzweg machen, aber das wäre logistisch zu aufwendig. Wir müssten die komplette Straße sperren. Ob sich das lohnen würde, ist fraglich“, meinte Lutz Wisweh. Große Hanami-Feste gibt es aber in Deutschland, meist von den Deutsch-Japanischen Gesellschaften organisiert. Sie finden in Städten wie Hamburg, Hannover, Passau, Wolfsburg, Bonn und Berlin statt.

Doch auch in Magdeburg kann jeder sein privates Kirschblütenfest feiern. Besonders gut klappt das am Holzweg. Aber: Wer noch Fotos machen will, sollte sich beeilen. Denn der Blütenzauber hält nur kurz.