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Bauarbeiten Magdeburger Schnurbaum wird gefällt

Der Japanische Schnurbaum an einer Magdeburger Baustelle muss gefällt werden. Grund ist das Wurzelwerk, das in die künftige Fahrbahn ragt.

Von Marco Papritz 29.03.2017, 12:14

Magdeburg l Die Tage des Schnurbaums in Magdeburg, der seit knapp 200 Jahren an der Ecke Halberstädter Straße/Wiener Straße steht und so etwas wie das Wahrzeichen dieses Bereichs geworden ist, sind gezählt. Grund dafür ist das Wurzelwerk des Spätblühers, das weit in den Fahrbahnbereich hineinragt, der derzeit mit einem neuen Gleisviereck der Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) neu gestaltet wird. Bei den Bauarbeiten wurde festgestellt, dass die Wurzeln nur fünf bis zehn Zentimeter unter der neuen Fahrbahn liegen. Zu niedrig, um einen Fortbestand zu sichern.

Ein Planungsbüro ist von den MVB beauftragt worden, Möglichkeiten für den Erhalt des Baumes trotz der neuen Kreuzungsaufteilung zu untersuchen. Eine Variante würde den Rückschnitt der Wurzeln bedeuten. Gleichzeitig müssten zwei Hauptäste abgesägt werden, damit der Baum diesen Rückschnitt verkraftet. „Der Schnurbaum würde somit nicht mehr wie der Baum aussehen, den viele Magdeburger in ihr Herz geschlossen haben“, so die MVB-Geschäftsführerin Birgit Münster-Rendel. Der Baum musste bereits nach einem Sturmschaden im August 2015 erheblich zurückgeschnitten werden, wobei sein prachtvoller Anblick litt. Eine Kastanie auf der gegenüberliegenden Seite musste in diesem Zusammenhang gänzlich gefällt werden.

Eine weitere Variante bezog sich auf den Bau von zwei statt drei Fahrspuren im Kreuzungsbereich. Dies würde aber zu einer Überlastung der Kreuzung und demzufolge zu andauernden Stauerscheinungen führen, heißt es von den Verkehrsbetrieben. Auch eine Anhebung der Fahrbahn im Bereich der Wurzeln ist untersucht worden. Bei einer Höhe von 60 Zentimetern auf diesem kurzen Abschnitt ist dies aber nicht machbar.

Eine dritte Variante bezog sich auf die Reduzierung der Breite sowohl der Fahrbahn als auch der Straßenbahnhaltestelle. Dies führe zu Problemen für Fußgänger und Fahrgäste, „da dann nicht mehr genügend Platz zum Warten an der Ampel zur Verfügung stehen würde“. Bei dieser Variante müsste dann trotzdem in den Wurzelbereich des Schnurbaums eingegriffen werden.

Die MVB verweisen auf ein Gutachten der Stadt, das 2016 in Auftrag gegeben wurde und welches dem Baum einen Erhaltungszustand der Schadstufe 3 attestiert – er gilt damit als stark beschädigt. Prognostiziert wurde eine weitere Lebenszeit von 15 bis 20 Jahren, „die aber laut Gutachter fraglich ist“. Das Urteil: „In gründlicher Abwägung aller Vor- und Nachteile für alle Beteiligten, also Mensch, Umwelt und Verkehr, und unter der Beachtung der bereits fortgeschrittenen starken Schädigung des Baumes, ist es aus unserer Sicht unumgänglich, den Baum zu fällen.“

Die Geschäftsführerin kündigt an, zwei neue Schnurbäume an der Kreuzung zu pflanzen. „Sie sollen den Bereich als Einfallstor nach Sudenburg deutlich aufwerten“, so Birgit Münster-Rendel. Einer soll am jetzigen Standort des alten Baumes gepflanzt werden, ein weiterer auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo einst die Kastanie stand.

Hier allerdings planen Sudenburger bereits den Ersatz durch eine Kastanie. Mit der Interessengemeinschaft (IG) Sudenburg als Initiator sind bereits Gespräche geführt worden, ob die MVB die Kosten für die Neupflanzung übernehmen können. Zudem sollen Bürger darüber abstimmen, ob zwei Schnurbäume oder ein Schnurbaum sowie eine Kastanie wieder das Einfallstor zu Sudenburg bilden sollen, wie dieser Bereich genannt wird.

Die beiden neuen Bäume tragen das Prädikat „groß“: Sie sollen einen Stammumfang von 60 bis 70 Zentimeter und eine Baumkrone von drei Meter Durchmesser bei einer Höhe von etwa sieben Meter haben. Die Kosten für die Neupflanzung werden auf ca. 20.000 Euro geschätzt.

Die Fällung widerspricht den Festlegungen des Planfeststellungsverfahrens, welches den Erhalt des Schnurbaumes beinhaltet. Sie soll nun bei der Planfeststellungsbehörde beantragt werden. „Die Fällung erfolgt erst, wenn die Genehmigung vorliegt. Bis dahin gibt es in diesem Bereich einen Baustillstand“, verdeutlicht Birgit Münster-Rendel den abermaligen Verzug des Baufortgangs an der Großbaustelle, der bereits u. a. durch eine Fehlplanung und durch ungünstige Witterungen in den Wintermonaten zurückgeworfen wurde.

Wird die Kreuzung bereits am Sonnabend für den Straßenbahnverkehr freigegeben, ist dies für den Individualverkehr für Mitte Mai vorgesehen. Ob diese Planung mit den jüngsten Entwicklungen noch gehalten werden kann, darf bezweifelt werden.

Gefasst reagieren Bewohner des Stadtteils, die sich seit Jahren für den Erhalt des Baumes einsetzen, auf die neueste Entwicklung. Für Günter Wolf ist der MVB-Vorschlag „eine zufriedenstellende Lösung, wenn zwei Schnurbäume neu gepflanzt werden“. Man wolle durch Widerstand nicht eine weitere Verzögerung beim Baufortgang am Südring herbeiführen, so Ralf Zander. Auf seine Initiative hin übernahm die Gemeinwesenarbeitsgruppe (GWA) Sudenburg einst die Patenschaft für den Baum.

Einstimmig sprach sich die Bürgergruppe am Dienstag dafür aus, die MVB-Planung zu unterstützen. Oliver Müller, Sudenburger und Linken-Stadtrat, enthielt sich der Stimme bei der Abstimmung. Er bedauert die Entwicklung. „Viele, vor allem ältere Bewohner, fühlen sich mit dem Baum verbunden und sehen die Fällung bestimmt nicht als vertrauensbildende Maßnahme“, glaubt er.