1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Leben als lesbisches Paar in Magdeburg

CSD-Aktionswoche Leben als lesbisches Paar in Magdeburg

Sandrina Göttker und Petra Biel sind ein homosexuelles Paar, welches den CSD-Gedanken lebt und vom Leben in Magdeburg berichtet.

Von Peter Ließmann 05.08.2019, 09:46

Magdeburg l Der CSD (Christopher-Street-Day) steht für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen und Transsexuellen in der Gesellschaft. Die Aktionswoche will aufklären, stellt Forderungen, will sich politisch positionieren, aber auch die Freiheit und eine bunte Gesellschaft feiern - und das schrill und laut. Bedenkt man, dass Homosexualität in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein scheint (schwule Bundes- oder Landesminister und Regierungschef von Stadtstaaten wie Hamburg und Berlin erregen kein Aufsehen mehr), stellt sich die Frage, ob die CSD-Aktionswochen noch notwendig sind.

„Auf jeden Fall“, sagt Sandrina Göttker. Die Vorbehalte in der Gesellschaft seien gegenüber Schwulen und Lesben in den vergangenen Jahre deutlich weniger geworden, dennoch sei Aufklärung und die Forderung nach Gleichberechtigung weiterhin notwendig. „Wenn wir uns jetzt zurückziehen, besteht die Gefahr, dass dies von extrem konservativen Kräften ausgenutzt wird.“ Sandrina Göttker und Petra Biel beobachten die politischen Entwicklungen rechts von der Mitte sehr genau. Was dort passiere, sei sehr bedenklich. Auch das sei eine wichtige Aufgabe der CSD-Aktionswochen: „Die Freiheit und Offenheit unserer Gesellschaft schützen“, sind beide Frauen überzeugt.

Das sind die großen Ziele, aber wie lebt es sich im Alltag als lesbisches Paar in Magdeburg? „Gut, wir haben keine Probleme, es ist alles ganz normal. Manchmal schauen auf der Straße noch Leute zu uns herüber, wenn wir Hand in Hand gehen oder uns einen Kuss geben. Das passiert aber selten, und es sind meistens auch Menschen der Generation unserer Großeltern“, sagt Sandrina Göttker. Das spricht für Magdeburg. „Ich habe eine Zeit lang in Duisburg gelebt, und dort war es deutlich anders, schlechter“, berichtet Petra Biel.

Auch beruflich haben die beiden Frauen keine Probleme in Magdeburg, weil sie sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen und als Paar zusammenleben. „Manchmal fragt jemand aus Interesse, mehr aber auch nicht.“ Und sie gehe ganz offen damit um, biete folglich auch keine Angriffsflächen, so Sandrina Göttker.

Sie ist auf dem Land in der Nähe von Magdeburg aufgewaschen. In der Familie gab es „nach einem kurzen Schockmoment“ keine Probleme, nach dem sie sich als lesbisch „geoutet“ hatte. Was allerdings kein ganz einfacher Schritt war. „Ich habe in einer normalen Ehe mit einem Mann gelebt und habe auch einen 15-jährigen Sohn. Irgendwann ging es aber nicht mehr und ich musste eine Entscheidung treffen“, erzählt Sandrina Göttker. Dass es in ihrer Familie bereits offen lesbische Frauen gab und die Gesellschaft sich gewandelt hatte, sei hilfreich gewesen.

Wenn die beiden Frauen ihr Zusammenleben in Magdeburg - sie sind seit vier Jahren ein Paar - auch als unkompliziert erleben, wissen sie doch, dass es für homosexuelle Männer und für transsexuelle Menschen durchaus anders aussehen kann. Homosexualität von Frauen werde immer noch schneller von der breiten Öffentlichkeit akzeptiert als Homosexualität bei Männern. Das sei ganz sicher ein Erziehungsproblem. Zwei sich in der Öffentlichkeit küssende Männer werden viel stärker wahrgenommen als zwei Frauen, die das Gleiche tun. Das habe auch etwas mit der Sexualmoral in der Gesellschaft zu tun. Und das sei natürlich auch in Magdeburg nicht anders, als im Rest der Republik.

Sandrina Göttker engagiert sich im Magdeburger CSD-Verein, ihre Frau Petra eher sporadisch („Das ist ihr Ding ...“). Dass sich die CSD-Aktionswochen in den vergangenen 18 Jahren zu einer in Magdeburg akzeptierten Institution gemausert habe, sei eine tolle Entwicklung. „Das kann man vor allem auch während der CSD-Parade beobachten. Unter die vielen schrillen Teilnehmer mischen sich immer mehr Heteros und Hetero-Paare, die Spaß an dem Umzug haben und hinter der Sachen stehen. Und vom Straßenrand aus werden wir nicht mehr abweisend beäugt oder ausgelacht, sondern die allermeisten Leute freuen sich über den bunten Umzug“, haben die beiden Frauen beobachtet.

Wichtig sei für Magdeburg, dass die einzelnen Lesben- und Schwulenorganisationen weiterhin an einem Strang ziehen, blickt das Paar auf die Zwistigkeiten zwischen dem Lesben- und Schwulen-Verband Sachsen-Anhalt und dem CSD-Verein Magdeburg im vergangenen Jahr zurück. „Gemeinsam kann man doch viel höher bauen“, lächelt Sandrina Göttker am Ende des Treffens mit der Volksstimme.