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Stadtfelder Prestigeprojekt kämpft 5 Jahre nach der Sanierung mit Kosten und Heizungsproblemen Encke-Erdwärme erhitzt Mietergemüter

Von Stefan Harter 05.04.2013, 03:10

Das Vorzeigeobjekt Encke Carré kämpft mit Problemen. Die Mieter ärgern sich über teilweise erhebliche Nebenkosten, der Verwalter versucht zu vermitteln. Hauptgrund scheint die als innovativ und günstig angepriesene Erdwärmeanlage zu sein.

Stadtfeld-West l Als vor gut fünf Jahren die Sanierung der leerstehenden Encke-Kaserne im Süden der Beimssiedlung begann, waren die Erwartungen hoch. Für 30 Millionen Euro entstand ein Wohnpark mit 500 Wohnungen und Europas größter Erdwärmeanlage. Ökologisch und ökonomisch ein Pilotprojekt. Mehr als ein Dutzend denkmalgeschützter Gebäude wurden modernisiert. Doch schon bald nach dem Einzug der ersten Mieter gab es auch erste Kritik. Im Winter 2010 berichtete die Volksstimme erstmals über Probleme mit Schimmel und hohe Nachzahlungen bei den Nebenkosten.

Die jüngsten Abrechnungen für das Jahr 2011 brachten nun erneut für einige Mieter ein böses Erwachen. Nachzahlungen bis zu 1800 Euro, hauptsächlich für Wärmelieferung, wurden dort eingefordert. Im Internet fanden sich zahlreiche Betroffene zusammen, um ihr Leid zu teilen. Etliche nahmen sich inzwischen einen Anwalt. Die Volksstimme sprach mit betroffenen Mietern. Adressat des Ärgers war immer der Verwalter eines Großteils der Wohnungen, die Büschel Immobilien GmbH.

Deren Inhaber, Frank Büschel, ist der Frust über das vermeintliche Vorzeigeobjekt anzusehen. "Wir sind der Prellbock", stellt er fest und verweist auf die komplizierte Situation im Wohnpark. Beinahe jede einzelne Wohnung hat einen anderen Eigentümer, für die meisten übernimmt Büschel die Verwaltung und vertritt sie auch auf Eigentümerversammlungen. Dann gibt es noch den Bauträger, der für die Sanierung verantwortlich war. Und schließlich die Firma, die die als zukunftsweisend angepriesene Erdwärmeanlage errichtete und betreibt. Und genau diese Anlage scheint Kern des Problems zu sein.

Denn die Servicepauschale, die man als Mieter durch die Vertragskonditionen als eine Art Leasingrate für die Heizung bezahlen muss, beträgt bereits gut zwei Drittel der gesamten Heizkosten. Durch die jährliche Steigerung ist sie einer der Hauptkostentreiber. Dass man die Mieter bei Vertragsunterzeichnung auf dieses "Contracting"-Modell hinweisen muss, sei jedoch rechtlich nicht vorgeschrieben, sagt Verwalter Büschel.

Weiterhin sei für die Erdwärmeanlage eigentlich eine Fußbodenheizung die beste Lösung. Warum die aber nicht eingesetzt wurde, könne er nicht sagen, behauptet er. "Wir waren von der Anlage überzeugt. Es wurde versucht, etwas Neues zu machen. Der Plan ist gescheitert", schätzt Frank Büschel ein.

Doch er sieht auch eine Mitschuld der Mieter beim "Heizverhalten". Immer wieder sei darauf hingewiesen worden, das Thermostat voll aufzudrehen, weil bei dieser Anlage die Wärme nur dann entsprechend produziert werden könne. Aus Angst vor Nachzahlungen heizen einige Mieter jedoch wenig bis gar nicht. "Wir trauen es uns schlicht nicht", bestätigt einer im Volksstimme-Gespräch. Dass in einzelnen Wohnungen die Raumtemperatur tatsächlich kaum über die gesetzlich vorgeschriebene 20-Grad-Marke kommt und trotzdem die Kosten so hoch sind, sei auch für ihn als Verwalter ärgerlich, räumt Frank Büschel ein. Und auch, dass man mit einer Anlage in solch einer Größenordnung noch keine Erfahrung hatte. Dennoch gebe es lediglich fünf Prozent Leerstand und "einen Großteil zufriedener Mieter". Auch ein zweites Problem von Mietern - die Schimmelbelastung in Wohnungen - tauge nicht für Pauschalurteile, so der Verwalter weiter. Da müsse man "die Einzelfälle sehen". So habe es in diesem Winter "nur in fünf Wohnungen Schwierigkeiten mit Feuchtigkeit" gegeben.

Sigrid Kubica, Geschäftsführerin des Mietervereins Magdeburg, beschäftigt das Encke Carré schon seit mehreren Jahren. Der Verein berät einige Mitglieder bei Mängeln und Widersprüchen. Die Schimmelprobleme sind für sie kein Zufall. Kubica: "Die treffen sich ja nicht alle im Encke Carré." Sie sieht die Ursache für den Ärger unter anderem in der Heizungsanlage im Baudenkmal. Hoffnung auf Besserung habe sie nicht, sagt sie.

Frank Büschel hofft noch auf eine Lösung. "Wir sind seit drei Jahren mit vollem Einsatz dabei. Doch bei 500 Einzelmeinungen der Eigentümer eine Mehrheit für Veränderungen bzw. Investitionen zu finden, ist schwierig", erklärt er. Dennoch sei man mit dem Eigentümer der Heizungsanlage auf der Suche nach Lösungen. Erster Schritt ist der Bau von Blockheizkraftwerken, die preiswerten Strom für die Mieter produzieren und deren Abwärme für das Warmwasser genutzt wird. Weitere Einsparungen u.a. bei der Straßenbeleuchtung und -reinigung "werde man schon auf der nächsten Abrechnung spüren". Man sei optimistisch, die Situation verbessern zu können, so Büschel.