1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Wenn Senioren zur Spraydose greifen

Graffiti-Workshop Wenn Senioren zur Spraydose greifen

Eine ungewöhnliche Beschäftigung hatten fünf Senioren in Magdeburg: Sie nahmen an einem Graffiti-Workshop teil.

Von Stefan Harter 02.10.2017, 01:01

Magdeburg l „Unsere Bilder hängen wir bei uns im Haus auf, damit die anderen neidisch werden und im nächsten Jahr auch mitmachen“, sagt Gisela Krietsch und spricht damit den anderen vier Mitbewohnern aus dem Herzen. Die fünf aus dem Servicewohnen „Haus Ikarus“ am Olvenstedter Platz nahmen am Sonnabend am wohl ersten Graffiti-Workshop für Senioren teil. Zumindest für die beiden „Lehrer“, die beiden Sprayer-Profis Thomas Lang und Gordon Motsch, war es eine Premiere.

Normalerweise sind die Teilnehmer ihrer Schnupperkurse bedeutend jünger. Aber die drei Damen und zwei Herren haben sich gut geschlagen, wie sie erklären. „Sie machen das viel besser als manch Jugendlicher, weil sie sich viel mehr Gedanken über das Bild machen“, sagt Thomas Lang anerkennend.

In der Tat hatten die fünf Senioren zuvor Skizzen angefertigt und sich eine Kaffeetasse, ein Boot oder Blumen als Motive überlegt. Günter Krietsch wollte es zunächst gar nicht versuchen. „Ich kann das nicht“, hatte er gesagt und ist hinterher doch überzeugt.

Der einzige mit künstlerischer Erfahrung ist zugleich auch mit 87 Jahren der älteste Teilnehmer. Gerhard Post hat früher schon gezeichnet, wie er sagt. „Ich ärgere mich immer darüber, wenn irgendwo wild herumgesprüht wird. Aber wenn man es ordentlich macht, habe ich nichts gegen Graffiti“, erklärt er.

Beinahe stilecht im Hinterhof treffen sich die beiden jungen Lehrer mit ihren viel älteren Schülern an einem Heizhaus, das bereits mit Graffiti übersät ist. „Erst habe ich gedacht, wir sollen auch die Wand besprühen“, sagt Gisela Krietsch. Doch die fünf Senioren dürfen sich erst einmal – mit Atemschutzmasken und Handschuhen ausgestattet – an Leinwänden ausprobieren, die sie dann auch mit ihre Einrichtung nehmen können. „Das Sprühen ist schwerer als gedacht“, sagt Elke Nitschke und lässt sich von Thomas Lang zur Hand gehen.

„Wir möchten die Bilder auf jeden Fall im Clubraum und im Hausflur aufhängen, damit auch die anderen Bewohner sehen können, was für tolle Werke heute entstanden sind. Vielleicht ist das auch die Motivation bei einer möglichen Wiederholung selbst zur Dose zu greifen und aktiv zu werden“, verspricht Hausdame Carmen Chladek.

Der Graffiti-Workshop war eine Idee der MWG-Stiftung, die dieses Projekt anlässlich des bundesweiten Tages der Stiftungen am Sonnabend umgesetzt hatte. „Es freut es uns, dass das Angebot so gut angekommen ist und die Bewohner so vielfältig künstlerisch aktiv sind. Als Stiftung möchten wir soziale Verantwortung übernehmen und den Menschen, insbesondere den MWG-Mitgliedern, etwas zurückgeben“, erklärt Thomas Fischbeck, Vorsitzender der MWG-Stiftung, der sich vor Ort ein Bild vom Projekt machte.