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Hilfe bei Krebs "Der Druck auf Krebspatienten wächst"

Die Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft hat eine Außenstelle in Magdeburg eingerichtet. Dort wird Hilfe und Beratung angeboten.

Von Jana Heute 24.07.2018, 01:01

Magdeburg l Diagnose Krebs. Diese ereilt in Sachsen-Anhalt jedes Jahr rund 22 000 Menschen. „Mit den zahlreichen neuen Therapiemöglichkeiten ist das aber zum Glück keine Todesnachricht mehr“, betont Sven Weise von der Geschäftsführung der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft e. V. Aber: Das Thema sei inzwischen so komplex geworden, dass Patienten und deren Angehörige kaum mehr in der Lage seien, alles zu überblicken, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen oder auch Fehler zu vermeiden, die ihnen zum Nachteil gereichen könnten. Hier Hilfe zu bekommen, sei umso wichtiger, da die Patienten ja allein schon durch die Erkrankung und Behandlung im höchsten Maße belastet seien.

In Magdeburg gibt es schon einige spezielle Beratungsangebote für Krebsbetroffene, auch psychoonkologische. Etwa beim Gesundheitsamt, am Uniklinikum und von der Krebsliga an der Frauenklinik. Doch der Bedarf sei gewaltig, schätzt Weise ein. Die Hilfe der Anbieter werde bislang aber ausschließlich über Spenden finanziert. „Es bleibt meist nicht bei einem Beratungsgespräch. Wir begleiten und helfen den Betroffenen oft über einen langen Zeitraum hinweg“, erklärt Weise.

Man sei froh, in Magdeburg jetzt einen guten Standort für die neue Außenstelle gefunden zu haben. Sie wurde im Katharinenhaus in der Leibnizstraße 4 unter dem Dach der Stadtmission eingerichtet. Beratungen gibt es montags, mittwochs und freitags, zu denen man sich am besten kurz anmeldet, damit auch Zeit für jeden Hilfesuchenden da ist. Diverse Themen kommen dabei auf den Tisch. Aufklärung ist eines davon: „Wir können den Betroffenen z. B. sagen, wo Sie in zertifizierten Zentren eine Zweit- oder Drittmeinung von Experten einholen können, wenn es um anstehende Operationen oder Behandlungsformen geht“, nennt Weise ein Beispiel.

Wichtig sei auch die Unterstützung im Umgang mit Behörden und Krankenkassen. Der Druck gerade der Kassen wachse spürbar, gibt Weise seine Erfahrung wieder. Ab etwa der 20. Krankheitswoche würden Patienten in immer kürzeren Abständen mit Anrufen oder Schreiben konfrontiert. Man fordere sie u. a. auf, innerhalb bestimmter Fristen eine Reha oder Hilfsangebote beim Rententräger zu beantragen. „Oft liegt sogar schon ein Rentenantrag bei.“

Das Ziel, so Weise, sei klar. Die Patienten sollten so schnell wie möglich aus dem Krankengeldbezug der Kassen rutschen. Der Druck auf sie wachse. „Uns haben Patienten berichtet, dass sie irgendwann täglich mit Anrufen bedrängt worden sind“, so der Geschäftsführer. Das sei nicht bei allen Krankenkassen so. „Aber es werden leider mehr“, sagt Sven Weise. Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente sei manchmal der richtige Weg, aber nicht automatisch, so betont er. Sich hier richtig zu verhalten und Formfehler zu vermeiden, werde zur existenziellen Frage. „Bei der Erwerbsminderungsrente sind viele deutlich schlechter gestellt. Vor allem jüngere Patienten“, erklärt Sven Weise. Dabei hätten Krebsbetroffene ohnehin schon finanzielle Einbußen durch die langwierige Erkrankung und müssten zusätzliche Belastungen durch notwendige Zuzahlungen stemmen.

Beispiel Brustkrebs. Für den Haarersatz nach der Chemo zahlten einige Kassen so wenig, dass dafür kaum etwas zu bekommen sei. „Das sind ganz schnell 300 bis 400 Euro, die Frauen privat drauflegen müssen, um eine vernünftige Kunsthaarperücke zu erhalten.“ Viele Leistungen der Kassen seien zudem „Kann-Leistungen“. Hier mache es häufig Sinn, bei einer Ablehnung Widerspruch einzulegen, nennt Weise ein weiteres Beispiel.

Die berufliche Wiedereingliederung ist ein weiterer Schwerpunkt. 2017 hatte die Krebsgesellschaft eine erste Seminarreihe dazu in Magdeburg am Uniklinikum angeboten. Im August beginnt die zweite, diesmal am Städtischen Klinikum. „Wir freuen uns auf viele Anmeldungen“, sagt Sven Hunold, der sich bei der Krebsgesellschaft u. a. um die Berufsrückkehrer kümmert.