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Nachruf Jugendkunstschule Magdeburg: Abschied von einer Wegbereiterin

Sabine Kaftan war in den 1990er Jahren Mitgründerin der Magdeburger Jugendkunstschule. Im Januar ist sie verstorben.

Von Martin Rieß Aktualisiert: 16.02.2024, 09:41
Die im Januar verstorbene Sabine Kaftan (vorn links) im Team der Jugendkunstschule – hier gemeinsam mit Angela Weidt (vorn rechts), Friederike Bogunski (hinten links) und Ulrike Gehle.
Die im Januar verstorbene Sabine Kaftan (vorn links) im Team der Jugendkunstschule – hier gemeinsam mit Angela Weidt (vorn rechts), Friederike Bogunski (hinten links) und Ulrike Gehle. ArchivFoto: Nilz Böhme/JKS

Magdeburg - Im Eingangsbereich der Jugendkunstschule im Thiem 20 brennt dieser Tage eine Kerze. Daneben steht ein Bild von denen, auf dem im Kreise von Kolleginnen Sabine Kaftan – vielen auch als Kafti bekannt – zu sehen ist. Ihretwegen leuchtet hier das Licht. Am 4. Januar nämlich ist die Mitgründerin der Einrichtung nach langer Krankheit verstorben. Diesen Sonnabend beginnt um 11 Uhr in der Ambrosiuskirche die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung.

Dass die Jugendkunstschule heute eine Einrichtung ist, die Menschen aus allen Schichten einen Zugang zur Kunst und die Erfahrung mit eigener Kreativität ermöglicht, ist maßgeblich auch auf Sabine Kaftan zurückzuführen.

Neue Wege nach der Wende

Gemeinsam mit ihr hat Angela Weidt kurz nach der Wende die Villa Kle als Vorläufer der Jugendkunstschule auf den Weg gebracht. Die beiden kannten einander bereits seit der Jugend im Pionierhaus, dem heutigen Gesellschaftshaus, in dem die beiden später auch in der Kulturabteilung zusammenarbeiteten. Angela Weidt berichtet: „In jener Zeit ging es darum, neue Wege zu finden.“ Und Jugendkunstschulen, in denen den Menschen die bildende Kunst ähnlich wie in Musikschulen die Musik vermittelt wird, gab es andernorts zwar schon. Dass diese aber von den Kommunen mitgetragen wurden, dass sie damit für jedermann erschwinglich waren, das war keineswegs selbstverständlich. Sabine Kaftans Energie, ihre Überzeugungskraft und ihr Durchhaltewillen werden eine maßgebliche Rolle gespielt haben, dass die Idee in Magdeburg Wirklichkeit wurde.

Keineswegs eine leichte Aufgabe, wie Angela Weidt berichtet: „Kafti war jemand, der sehr auf Verbindlichkeiten und auf Eigenständigkeit bestanden hat.“ Das betraf Verträge mit der Stadt und auch mit den Eltern. Und dabei waren genau diese Aspekte eine besondere Herausforderung: „Wir hatten ja keine Verwaltungsausbildung, sondern waren Pädagoginnen. Da war sie ein Naturtalent. Viele Dinge hat sie im Blick behalten: Material, Ordnung und Sicherheit, Vorräte oder auch Reisen in Jugendherbergen, um in der Natur zu zeichnen. Das hat sie organisiert. Sie war eine Füchsin“, erinnert sich Angela Weidt.

Als Sabine Kaftan im Jahr 2013 in den Ruhestand ging, gab sie den Staffelstab an Friederike Bogunski ab. Diese sagt: „Dabei habe ich während des Übergangs die von ihr gepflegte Kultur kennengelernt: Sie hat stets die Sache – nie sich selbst im Vordergrund gesehen.“ Und das bedeutet eben im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit, diesen nicht einen eigenen Stil nahezubringen, sondern die ganz eigenen Talente des Nachwuchses, dessen eigene Herangehensweisen an die Themen zu fördern. Sabine Kaftan war hier eine Wegbereiterin, eine, die Barrieren beiseite geräumt hat.

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Nach dem Übergang in den Ruhestand war Sabine Kaftan der Jugendkunstschule über den Förderverein treu geblieben. Sie hatte sich aber auch andere Aufgaben gesucht, in der Telefonseelsorge und der Hospizarbeit mitgewirkt.

Als dann der eigene Tod absehbar war, hatte sie sich per Nachricht von Freunden und Wegbegleitern verabschiedet: Man solle nicht traurig sein. Sie für sich sei neugierig darauf, was nun auf sie warte.

Übrigens: Wer Sabine Kaftan beispielsweise zur Trauerfeier die letzte Ehre erweisen möchte, kann sich anstelle von Blumen mit einer Spende für Baumpflanzungen beteiligen, so die Bitte der Angehörigen.

Über die Jugendkunstschule Magdeburg

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Im September des Jahres 1991 startete das Jugendkunstschulprojekt in der Villa Kle in der Klewitzstraße unter der Leitung von Angela Weidt und Sabine Kaftan, nachdem die Stadt im April desselben Jahres seine Umsetzung beschlossen hatte. Obwohl die Ressourcen anfänglich begrenzt und die Finanzierung unsicher war, verzeichneten die Kurse schnell wachsendes Interesse.

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Die Schule bot eine Vielzahl kreativer Angebote für Kinder und Erwachsene, darunter unkonventionelle Optionen wie Computervisualistik. Durch die Organisation von Ausstellungen an verschiedenen Standorten, begleitet von Aufführungen und gemeinsamen Projekten, konnte die Jugendkunstschule ihre Bekanntheit steigern. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür war das Projekt „Lebenswasser“ im Harz.

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Weitere Informationen über die Einrichtung gibt es im Internet.

Bis heute setzt die Jugendkunstschule auf Vielfalt, indem sie Künstler für Inspiration ins Haus holt und ihr Angebot kontinuierlich erweitert. Durch unkonventionelle Initiativen wie einen Zirkus im Garten oder das legendäre „Traummaschinen“-Projekt von 1995 wurde die Schule in der Stadt bekannt. Die Kooperation mit dem Puppentheater und der Umzug in das Kulturzentrum „Thiem 20“ im Jahr 2006 markierten weitere bedeutende Meilensteine für diese Institution.