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Streik am 20. September Kitas und Horte in Magdeburg geschlossen

In etlichen Kitas und Horten in Magdeburg bleiben die Türen am Freitag, 20. September, geschlossen. Erzieher, Eltern und Kinder demonstrieren am Weltkindertag für mehr Personal in den Einrichtungen.

Von Michaela Schröder Aktualisiert: 17.09.2024, 13:34
Am Weltkindertag, 20. September, haben viele Kitas und Horte geschlossen. Eine Initiative von Kita-Trägern aus Sachsen-Anhalt fordert die Verbesserung der pädagogischen Rahmenbedingungen und ruft zu einem Kita-Aktionstag  ab 11 Uhr auf den Domplatz Magdeburg auf.
Am Weltkindertag, 20. September, haben viele Kitas und Horte geschlossen. Eine Initiative von Kita-Trägern aus Sachsen-Anhalt fordert die Verbesserung der pädagogischen Rahmenbedingungen und ruft zu einem Kita-Aktionstag ab 11 Uhr auf den Domplatz Magdeburg auf. Foto: Imago/Bihlmayerfotografie

Magdeburg. - Es ist ein Teufelskreis: Fachkräfte fehlen, die Erzieher sind überlastet, der Krankenstand und damit auch die Belastung steigen weiter. Kitas müssen Öffnungszeiten kürzen oder ganz schließen.

„Der Betreuungsschlüssel in den Krippen, Kindergärten und Horten muss sich verbessern. Erzieherinnen können mittlerweile ihre Arbeit nicht mehr so gut machen, wie sie eigentlich könnten. Die individuelle Förderung der Kinder bleibt auf der Strecke. Eine Kita ist nicht nur ein Betreuungsort für Kinder, damit die Eltern arbeiten gehen können, sondern ein Ort der frühkindlichen Bildung“, sagt Kathrin Sellmaier, Leiterin der Kita „Knirpsenland“ in der Semmelweisstraße.

Mit ihrem Team wird sie am Freitag, 20. September, an der Kundgebung „Das Personal ist der Schlüssel“ vor dem Landtag teilnehmen. Daher bleibt die Einrichtung wie etliche andere Horte und Kitas in Magdeburg am Freitag geschlossen.

Notbetreuung in Kitas

Einige Kitas haben auch Notgruppen eingerichtet. „Das organisiert jede teilnehmende Einrichtung anders“, sagt Kathrin Sellmaier. Eine Zustimmung des Jugendamtes zu Schließtagen ist laut Stadt nicht erforderlich, entscheidend ist die Zustimmung der Elternvertreter.

Von den 147 Einrichtungen haben 56 ihre Schließung der Stadt mitgeteilt. Auch Erzieherinnen und Erzieher aus anderen Städten haben ihr Kommen angekündigt.

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Die Aktion soll darauf aufmerksam machen, dass in Sachen Kita-Personal in Sachsen-Anhalt lange nicht mehr alles rund läuft. Pädagogen, Sozialverbände und Eltern fordern hier Verbesserungen, weil sie sich um die Entwicklung der Kinder sorgen. Und die Gewerkschafter, weil sie die Belastung der Erzieher für zu hoch halten.

Adrian Einecke und Kristin Tautorat (r.) von der Stiftung Evangelische Jugendhilfe und Kita-Leiterin Kathrin Sellmaier  beteiligen sich an der Kundgebung „Das Personal ist der Schlüssel“  für mehr Fachkräfte in Horten und Kitas.
Adrian Einecke und Kristin Tautorat (r.) von der Stiftung Evangelische Jugendhilfe und Kita-Leiterin Kathrin Sellmaier beteiligen sich an der Kundgebung „Das Personal ist der Schlüssel“ für mehr Fachkräfte in Horten und Kitas.
Foto: Michaela Schröder

Betreuungsschlüssel in Sachsen-Anhalt ist schlecht

Zuständig für den Betreuungsschlüssel – also wie viele Kinder ein Erzieher betreuen soll – sind die Bundesländer. Die Regelungen dazu unterscheiden sich erheblich.

In den Krippengruppen in Sachsen-Anhalt ist eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft für 5,6 Kinder verantwortlich. In den Kindergartengruppen ist der Personalschlüssel 1 zu 10,1.

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„Der gesetzlich definierte und finanzierte Personalschlüssel in Kitas in Sachsen-Anhalt gehört zu den schlechtesten bundesweit. Er weicht massiv von den wissenschaftlichen Empfehlungen für ein gelingendes Lernen und Aufwachsen ab. Die Landesregierung muss endlich die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um den Kitas zu ermöglichen, mehr Personal zu beschäftigen“, betont Adrian Einecke, Bereichsleiter Tagesbetreuung Stiftung Evangelische Jugendhilfe und Sprecher der städtischen Arbeitsgruppe „Kindertagesstätten“.

Forderung: Ein Viertel mehr Personal

Die Unterstützer und Initiatoren des Aktionstages – dazu zählen unter anderem der Internationale Bund (IB), die Arbeiterwohlfahrt (Awo), die Stiftung Evangelische Jugendhilfe oder Gewerkschaften wie Verdi und die GEW – fordern, dass der Betreuungsschlüssel in Sachsen-Anhalt an bundesweit empfohlene Standards angepasst wird.

„Wir brauchen mehr Personal. In Kitas wird in der Regel das Personal nicht ersetzt, wenn es ausfällt. Die Standards zu halten, zerrt an den Kräften der Mitarbeiter“, so Adrian Einecke. Dies spüren die Eltern, für die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer schwieriger wird und die Kinder, die oftmals nicht die Aufmerksamkeit bekommen können, die sie für ihre Entwicklung brauchen.

Personal fehlt: Forderungen werden deutlich

„Ein Viertel mehr Personal braucht es unverzüglich in den Einrichtungen, damit sich die Spirale des Ausfalls nicht fortsetzt und Kitas wieder ein Ort der guten Bildung sein können“, erklärt Adrian Einecke. Ein Viertel mehr bedeutet, dass eine Kita mit derzeit zwölf Erzieherinnen drei weitere Fachkräfte mehr benötigt.

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Der Betrieb der Kindertageseinrichtungen ist kommunale Aufgabe, die durch Landesmittel und durch die Kommune sowie den Elternbeiträgen finanziert wird. Den Trägern selbst sind die Hände gebunden, mehr Personal einzustellen. Sie seien selbst nur Arbeitnehmer.

Streik am Freitag: Weltkindertag und Tagung im Landtag

Am Freitag wollen die Initiatoren, Erzieher und Eltern auf vielfältige Weise darstellen, wie es in den Einrichtungen aussieht. „An uns soll an diesem Tag keiner vorbeigehen. Jeder, der möchte, kann ans Mikrofon gehen und sagen, wo es in seiner Einrichtung hakt“, betont Adrian Einecke.

Passenderweise tagen an dem 20. September auch die Landtagsabgeordneten, „so dass möglichst viele unsere Forderungen und Nöte wahrnehmen“, so Adrian Einecke. Die Organisatoren rechnen mit circa 2.000 Teilnehmern.

Bewusst haben die Akteure auch den 20. September für ihre Aktion gewählt. Denn am Freitag ist Weltkindertag. An diesem Tag dreht sich alles um die Rechte von Kindern. Es geht auch darum, dass an Kinder bei Entscheidungen mitgedacht werden soll – zum Beispiel in der Politik.