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Kriminalität Das Geschäft mit der Tierliebe in Magdeburg

Jedes Jahr verschwinden in Magdeburg Hunderte Hunde und Katzen. Wie Kriminelle das Leid und die Tierliebe der Besitzer ausnutzen:

Von Jana Heute 10.05.2019, 01:01

Magdeburg l Hauskatze Puschel wird seit dem 25. April 2019 vermisst; Malteserhündin Susi seit dem 1. Januar. Insgesamt 17 Katzen und Hunde aus Magdeburg sind derzeit beim deutschen Tasso e. V., nach eigenen Angaben Europas größtes Haustierregister, als vermisst gemeldet.

Die Chancen, dass die geliebten Vierbeiner wieder auftauchen, sind gar nicht so schlecht. 2018 konnten mit Hilfe des Vereins und seiner Helfer in Magdeburg 65 Hunde und 85 Katzen, also in Summe 150 Tiere, wieder mit ihren Haltern vereint werden. Deutschlandweit wurden letztes Jahr 37.000 Hunde und 50.700 Katzen zurückvermittelt. „Manchmal dauert es Jahre, aber auch das hatten wir schon - eine Katze, die nach acht Jahren wieder zu ihrem Zuhause zurückkehrte“, erzählt Vereinssprecherin Lisa Frankenberger.

Bei Tasso oder ähnlichen offiziellen Suchportalen können die Besitzer ihre Tiere kostenlos registrieren lassen. Bei Verlust aktivieren sie ebenfalls kostenfrei Suchmeldungen und Suchhelfer, vermitteln zudem zwischen Besitzern und Findern. Und das rund um die Uhr. Findefix ist ein ähnliches Portal; hier bietet der Deutsche Tierschutzbund einen kostenlosen Service der Suche und Vermittlung im Verlustfall an.

Meist sind die Tiere einfach ausgebüxt und finden nicht zurück. Es kommt aber auch vor, dass sie überfahren werden oder auf andere Weise verunglücken, zum Beispiel in eine Wildtierfalle geraten. Die Volksstimme berichtete schon von einem solchen Fall, bei dem eine Katze schwerste Verletzungen davon trug.

Von Tierdiebstählen, die in anderen deutschen Städten schon für Schlagzeilen sorgten, weiß Ilona Wessner, Polizeisprecherin in Magdeburg, hingegen nichts. So oder so: Solange das Schicksal der geliebten Vierbeiner ungeklärt ist, finden die Besitzer kaum Ruhe.

Das Schlechteste, was Betroffene in solchen Fällen jedoch tun können, ist es, öffentlich selbst nach dem Tier zu suchen und dabei persönliche Daten preiszugeben. „Das nutzen Kriminelle schonungslos aus“, weiß Polizeisprecherin Ilona Wessner.

„Wenn ein verzweifelter Tierbesitzer im Stadtpark ein Suchplakat mit seiner Telefonnummer aufhängt, laufen vielleicht zwanzig Personen vorbei, die das nicht ausnutzen. Wenn Sie aber Ihre Handynummer in soziale Netzwerke und vielleicht noch einen Finderlohn in Aussicht stellen, können das Hunderttausende sehen“, macht die Sprecherin klar. Darunter seien leider immer wieder skrupellose Menschen, die die Not der Tierfreunde ausnutzen.

So habe es schon Abzock- und Erpressungsversuche gegeben. Vermeintliche Finder melden sich bei dem Halter, fordern schnell mal Hunderte Euro für die Herausgabe eines Tieres, das sie gar nicht haben. „Davor kann man nur warnen“, sagt Wessner.

Der bessere Weg sei, im Tierheim nachzufragen oder sich bei einem der Haustierregister professionell helfen zu lassen sowie Anzeige bei der Polizei zu erstatten, damit zum Beispiel im Fall von Tierfunden eine Zuordnung möglich ist. „Niemals aber persönliche Daten wie Adressen oder die eigene Telefonnummer öffentlich machen“, warnt Ilona Wessner.

Die Sprecherin des Vereins Tasso, Lisa Frankenberger, gibt noch den Tipp, Hund oder Katze unbedingt chippen (oder inzwischen seltener auch tätowieren) sowie registrieren zu lassen. Die Kennzeichnung helfe, eine klare Zuordnung zu treffen, wenn ein Tier gefunden werde. Selbst Stubenkatzen sollten gechippt werden, sagt Frankenberger. „Man hat mal eine Feier, und Besucher vergessen, die Tür zu schließen. Die Tiere laufen schnell mal weg und finden nicht zurück“, weiß sie.

Doch nicht nur beim Verschwinden von Haustieren spielen Ganoven eine unrühmliche Rolle. Auch beim Handel mit sogenannten „Wühltischwelpen“ werden Tierfreunde regelmäßig über den Tisch gezogen. Schnellzüchtungen in dreckigen Hinterhöfen seien betrügerisch und eine Tierquälerei, so Tasso-Sprecherin Frankenberger.

In Magdeburg wird das von Experten genauso gesehen. „Wir warnen explizit auch vor Welpenimporten und Mitleidskäufen aus dem Ausland“, sagen dazu Magdeburgs Vize-Amtstierarzt Dr. Winfried Kirchner und Tierarzt Klaus Kutschmann.

Oft würden die Verkäufe über das Internet abgewickelt. Aber selbst auf Flughäfen stünden vermeintliche Tierschützer z. B. aus den Balkanstaaten, die Hunde anbieten würden, die man – wenn man sie mit nach Deutschland nehme – angeblich vor dem sicheren Tod bewahre. Dahinter stecke aber oft ein illegaler Handel.

Es gebe jedoch nur wenige seriöse Anbieter, dafür viele schwarze Schafe. Mit solchem Ankauf fördere man nicht nur die skrupellosen Machenschaften; die Gefahr, dass die Tiere Krankheiten wie Tollwut oder exotische Parasiten einschleppen, sei zudem sehr groß. „Wir haben in unseren Tierheimen selbst genügend gesunde Tiere, die auf ein neues Zuhause warten“, sagen Kutschmann und Kirchner.